Die alt Bundesrätin wird Verwaltungsrätin von Stadler Rail
Spuhler holt Leuthard in den Führerstand

Nach dem Ausscheiden aus der Landesregierung zieht es Doris Leuthard in die Wirtschaft. Sie wird Verwaltungsrätin bei Stadler Rail. Politiker fordern nun Regeln.
Publiziert: 21.11.2019 um 21:09 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2019 um 14:30 Uhr
Sven Zaugg und Daniel Ballmer

Nach der Karriere ist vor der Karriere. Oft nehmen Bundesräte nach dem Ausscheiden aus der Landesregierung Mandate an. Denn Magistraten, die aus dem Amt scheiden, werden immer jünger. Sie bringen wertvolles Wissen mit und wollen weiterhin etwas bewirken.

Nachdem Coop-Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli (63) die ehemalige CVP-Bundesrätin Doris Leuthard (56) zu Beginn des Jahres mit Mandaten von Bell bis Transgourmet zur Coop-Gruppe holte, wird die ehemalige Uvek-Vorsteherin im April 2020 auch Einsitz im Verwaltungsrat des Thurgauer Zugbauers Stadler Rail nehmen.

«Leuthard ist dank ihrer ausgewiesenen Fachkompetenz in Verkehrs- und Infrastrukturfragen sowie ihrer politischen Erfahrung als ehemalige Bundesrätin und Verkehrsministerin ein grosser Gewinn für den Verwaltungsrat und für Stadler», lässt sich Stadler-Präsident Peter Spuhler (60) zitieren.

Nachdem Coop-Präsident Hansueli Loosli (63) die ehemalige CVP-Bundesrätin zu Coop lockte, wird Leuthard wohl im April 2020 Einsitz im Verwaltungsrat von Stadler Rail nehmen.
Foto: Thomas Grabka/laif
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Proteste bei Leuenberger

Der Wechsel von Bundesräten in die Privatwirtschaft gibt immer wieder zu reden. Als vor acht Jahren der frühere SP-Bundesrat Moritz Leuenberger (73) drei Wochen nach seinem Rücktritt ein Verwaltungsratsmandat von Implenia in der Tasche hatte, hagelte es Proteste.

Leuthard hat sich weit mehr Zeit gelassen. Bis sie zu Stadler Rail wechselt, werden über 15 Monate seit ihrem Ausscheiden aus dem Uvek vergangen sein. Zu ihren Beweggründen für die Übernahme des Mandats bei Stadler Rail wollte sich Leuthard auf Anfrage von BLICK dennoch nicht äussern.

Das Coop-Mandat hingegen zeigt die Nähe von Politik und Wirtschaft. Loosli präsidiert neben Coop auch die Swisscom. Die Ziele des Telekomunternehmens werden vom Uvek vorgegeben. Also jenem Departement, dem Leuthard bis Ende 2018 vorstand.

Politiker fordern strengere Regeln

Die Kritik ist bei Leuthard dennoch leiser als bei früheren Wechseln. Aber Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli (47) sagt: «Auch das angestrebte Mandat bei Stadler Rail hinterlässt einen schalen Beigeschmack.»

Und SP-Nationalrätin Samira Marti (25) findet, der Fall zeige, dass es klare Regeln brauche. Im September hatte der Ständerat eine Wartefrist für ehemalige Bundesratsmitglieder noch versenkt. Doch tatsächlich verstummten kritische Stimmen wohl vollends, gäbe es eine klare Karenzfrist, beispielsweise von einem Jahr.

«Eine fixe Jahreszahl einzuführen, ist natürlich schwierig», meint aber Tiana Moser (40). Die Bundesverwaltung solle ja keine berufliche Sackgasse sein, sagt die GLP-Nationalrätin. «Allerdings erwarte ich von den Betroffenen eine gewisse Sensibilität.»

Vorbehaltlose Unterstützung findet die ehemalige Magistratin innerhalb ihrer CVP. «Doris Leuthard stellt ihr grosses Wissen und Netzwerk der Schweizer Wirtschaft zur Verfügung», kommentiert Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (55).

Zudem kann der Staat damit auch Geld sparen: denn wenn die Einnahmen früherer Bundesräte das Ruhegehalt um einen bestimmten Betrag übersteigen, wird die Rente um diesen Betrag gekürzt. Mit ihren Mandaten bei Coop, die laut «Handelszeitung» mit je 100'000 Franken veranschlagt werden, und nun dem Aufsichtsjob bei Stadler Rail könnte Leuthards Rente schrumpfen.

Deiss ohne Fingerspitzengefühl

Immer wieder sorgten Mandate früherer Bundesräte für Kritik. Neben Leuenberger bewies auch Joseph Deiss (73), dass es ihm an Fingerspitzengefühl mangelt.

Nach acht Jahren im Amt wechselte der frühere CVP-Wirtschaftsminister 2007 zum Milchverarbeiter Emmi. Ein Konzern, der den Milchbauern gehört. Gerade aus Bauernkreisen hatte man für die Ernennung wenig Verständnis.

Auch Metzler geriet in die Schlagzeilen

Auch CVP-Frau Ruth Metzler (55) kam in die Schlagzeilen, als sie nach ihrer Abwahl ins Management der Novartis wechselte. Ihr kann man jedoch zugutehalten, dass sie nicht freiwillig aus der Regierung ausschied. Nach wie vor hat Metzler mehrere Verwaltungsratsmandate inne, etwa als Präsidentin von Switzerland Global Enterprise.

Ebenso harsche Kritik setzte es für Kaspar Villiger (78, FDP) ab. Er war bis 2003 im Bundesrat, während seiner letzten Amtszeit als Finanzminister. Darauf übernahm Villiger VR-Mandate bei Nestlé, Swiss Re und bei der NZZ. Höhepunkt seiner Karriere nach dem Bundesrat war 2009 das UBS-Präsidium – mitten in der Finanzkrise.

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