Der Hoffnungsträger heisst Guy Lachappelle
Das muss der Neue bei Raiffeisen anpacken

Die gebeutelte Raiffeisenbank hat mit dem Basler Guy Lachappelle (57) einen Kandidaten für den VR-Präsidenten-Sessel. Nach den Versäumnissen des Gremiums in den letzten Jahren muss dieser aufräumen. BLICK zeigt, wo er anfangen muss.
Publiziert: 14.09.2018 um 17:22 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2018 um 13:52 Uhr
Konrad Staehelin und Patrik Berger

Die Hoffnungen, die Raiffeisen zur alten Unscheinbarkeit zurückzuführen, lasten schwer: Guy Lachappelle (57) heisst der offizielle Kandidat, der den Raiffeisen-Delegierten am 10. November zur Wahl als Verwaltungsratspräsident vorgeschlagen wird. 

Er kommt von der Basler Kantonalbank und wird aufputzen müssen, was Vor-Vorgänger Johannes Rüegg-Stürm mitverursacht hat, indem er Langzeit-Raiffeisen-König Pierin Vincenz (62) nach Belieben hat schalten und walten lassen. «Nicht nur alles abnicken, kritisch sein», tönt es an der Basis. «Es muss einer sein, der öffentlich hinsteht und Rückgrat beweist.»

So weit, so normal. Würde man meinen. Doch bei der Raiffeisen-Bank scheint der gesamte VR jahrelang kaum Rückgrat gehabt zu haben, wie die Untersuchung durch die Finanzmarktaufsicht (Finma) gezeigt hat.

Übernimmt wohl das Präsidium bei Raiffeisen: Guy Lachappelle.
Foto: Philippe Rossier
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Was der neue starke Mann bei Raiffeisen neben dem Selbstverständlichen auch noch tun muss:

Ruhe reinbringen: Noch während Vincenz aus der Bauernbank einen Misch(el?)-Konzern mit zig Beteiligungen und Töchtern machte, zeichnete sich die eigentliche Arbeit der Raiffeisenbanken in den Regionen durch ihre Beständigkeit aus. Solides Banking nahe am Kunden ohne grosse Sprünge. Seit der Laden in die Luft ging, stimmen die Zahlen zwar immer noch. Doch der Lärm aus der St. Galler Zentrale – beziehungsweise der vernichtende Finma-Bericht – hat das Vertrauen beschädigt. So doll, dass die Ratingagentur Moody's das langfristige Kreditrating der Bank runtergestuft hat. Nur wenn die Bank zur Ruhe und einer Corporate Governance zurückfindet, die den Namen verdient, kommt das Vertrauen zurück.

Weg mit den letzten Altlasten: Je schneller die Überbleibsel der Ära Vincenz weggekehrt sind, desto besser für Raiffeisen. Am gleichen 10. November, an dem Lachappelle zum VR-Präsidenten gewählt werden soll, verabschieden sich auch Urs Schneider, Philippe Moeschinger und Daniel Lüscher aus dem Versager-Rat, dem sie alle seit 2008 angehörten. Bloss einer klammert sich an seinen Posten: Olivier Roussy aus Yverdon-les-Bains VD, seit 2014 dabei. Er wird dann der letzte im VR sein, der noch zu Vincenz' Zeiten dabei gewesen war. 

Nachfolger für Gisel suchen: Trotz der massiven Kritik von vielen Seiten: Fördert die interne Untersuchung durch Wirtschaftsprofessor Bruno Gehrig nichts mehr zutage, was Noch-CEO Patrik Gisel (56) belasten sollte, verlässt dieser die St. Galler Zentrale Ende Jahr erhobenen Hauptes durch den Haupteingang. Oder spielt er noch ein paar Monate Lückenbüsser? Die Zahlen in seinen dreieinhalb Führungsjahren stimmten – aber sowas von! Zudem hat er die Gruppe nach Vincenz' Einkaufstour entflechtet: Notenstein etwa ging an Vontobel über.

Abläufe straffen und althergebrachte Praktiken überdenken: Lachappelle muss intern schnellstmöglich die Ergebnisse der internen Untersuchung und des Finma-Berichts umsetzen. Dieses wichtige und schwierige Unterfangen muss er mit harter Hand angehen. Und sich dabei auch nicht von altgedienten Raiffeisen-Legenden aus dem Konzept bringen lassen, die der guten alten Vincenz-Zeit nachtrauern.

St. Galler Hauptsitz neu aufstellen: Im Gespräch mit Genossenschaftern auf dem Lande hört man immer wieder den Vorwurf, dass der Hauptsitz in St. Gallen mit seinem markanten roten Teppichboden auf dem Vorplatz zu mächtig geworden sei. Er muss der St. Galler Zentrale die Flügel stutzen und wieder mehr an die Regionen delegieren.

Die Genossenschaftsidee vorleben: Guy Lachappelle muss schleunigst ein deutliches Bekenntnis zur genossenschaftlichen Struktur der Bank abgeben. Und zwar nicht in einem wohlklingenden Leitpapier, sondern bei der Basis. Dort wo Raiffeisen das geworden ist, was sie heute ist. Die drittgrösste Bank des Landes. Lachappelle muss die genossenschaftliche Idee vorleben, die Genossenschafter auf dem Land besuchen, mit ihnen ein Bier trinken und zuhören, was sie belastet. So kann er den immensen Imageschaden, den Raiffeisen in letzter Zeit erlitten hat, am ehesten wettmachen.

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