Das Regenwetter verdirbt das Geschäft mit Glace, Bier, Würsten, Chips – jetzt hofft der Handel auf die EM
Sommer muss auch den Sommer retten

So nass war der Mai noch nie. Das Regenwetter drückt auf die Stimmung der Konsumenten. Die Umsätze der Detailhändler gehen vielerorts baden.
Publiziert: 13.06.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 18:39 Uhr
Onur Ogul

Land unter! Die Niederschläge lagen vor allem in der Nordschweiz über dem Schnitt, die Sonne zeigte sich selten. Die Luzerner erlebten laut Meteo Schweiz den nassesten Mai seit Messbeginn im 19. Jahrhundert. Der Sommerauftakt ist gehörig ins Wasser gefallen.

Der Dauerregen geht nicht nur den Konsumenten auf die Nerven. BLICK weiss: Gross ist die Nervosität in den Marketing-Abteilungen der Glace-Hersteller Frisco und Unilever (Lusso, Magnum). Das Wetter hilft ihnen in diesem Jahr nicht, die Verkäufe anzukurbeln. Üblicherweise beginnt die Saison im April, heuer ist sie im Juni noch immer nicht richtig angelaufen.

«Das Regenwetter der letzten Wochen trübt die Glace-Stimmung», sagt Unilever-Sprecherin Annekathrin Daudert. Deutlicher wird Nestlé. Deren Tochter Frisco rechnet mit Umsatz-Einbussen von fünf bis zehn Prozent im Vergleich zum Frühjahr 2015.

Unter Druck: Nati-Goalie Yann Sommer ist indirekt für den Erfolg der Detailhändler verantwortlich.
Foto: imago sportfotodienst
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Ohne Grill, keine Chips und kein Bier

Einbussen erleidet auch der grösste Schweizer Chips-Hersteller Zweifel. «Wir liefern merklich weniger an Saisonstellen wie Schwimmbäder, Camping-Plätze oder Ausflugsrestaurants. Da liegen wir 5 bis 7 Prozent unter dem Erwartungswert», sagt Zweifel-Chef Roger Harlacher (51). Er hofft auf den Fussball: «Während der EM erwarten wir ein Umsatzplus von 10 bis 15 Prozent.» Dafür brauche es aber mehr EM-Euphorie im Land. «Ich hoffe da auf den Erfolg unserer Nati.»

Die Bierbrauer stossen ins gleiche Horn: «Eigentlich rechnen wir dank der EM mit einem fünf Prozent höheren Bierkonsum im Juni», sagt Marcel Kreber (47), Direktor des Brauerei-Verbands. Das Regenwetter verderbe aber die Lust auf Bier, weshalb die Verkaufszahlen bis zum April rund ein Prozent tiefer lägen als im Vorjahr. Auch Kreber hofft auf gefüllte Public-Viewing-Arenen und ein Weiterkommen der Nati.

Den Fleischproduzenten ist der Dauerregen ebenfalls nicht wurst. Die Migros-Tochter Micarna bestätigt, dass der Charcuterieanteil, wozu Grillprodukte gehören, fünf Prozent unter dem letztjährigen Indexwert liegt. Dafür kauften Konsumenten mehr Frischfleisch für den Konsum zu Hause, so Sprecher Roland Pfister.

Verspätete Gemüse- und Obsternten

Alarmstimmung herrscht bei den Gemüsebauern. Im Berner Seeland, auch bekannt als «Gmüesland», erwarte man wegen des nassen Wetters Schäden, sagt Thomas Wyssa, Sprecher der Gemüseproduzenten des Kantons Bern und Freiburg. «Bei den Zucchetti ist der Ertrag momentan kleiner als gewohnt», sagt er. Auch Salat und Kartoffeln leiden. Wie gross die Ausfälle sind werde sich erst bei der Ernte zeigen.

Ähnlich äussern sich Obstproduzenten. Ihre Ernte beginne zwar verspätet, aber über Einbussen könne man noch nichts sagen, erklärt Josef Christen vom Obstverband. Aber: «Bei schönem Wetter konsumieren Schweizer mehr Sommerfrüchte, also Erdbeeren, Kirschen und Himbeeren. Bei schlechtem Wetter haben sie weniger Lust auf Desserts.»

Foto: newspictures.ch

Keine Blütezeit erlebt auch das Geschäft mit dem Gartensortiment. Man werde das Frühlingsgeschäft gegenüber demjenigen im 2015 leicht negativ abschliessen, heisst es etwa bei Jumbo. Die Zurückhaltung bei den Kunden, etwa beim Kauf von Grills, Pflanzen und Gartenmöbeln, bemerkte auch Landi. Dem Garten- und Landschaftsbau geht der Regen an die Substanz. «Dieses Jahr war es zum Teil sehr schwierig. Bei diesem Wetter haben wir eine 20 bis 30 Prozent niedrigere Produktivität. Das bringt Einbussen von rund fünf Prozent», klagt Carlo Vercelli, Geschäftsführer des Gärtnerverbands Jardinsuisse.

Heftige Gewitter und starke Niederschläge im Kanton Basel-Landschaft überschwemmten am Mittwoch auch die A2.
Foto: KEYSTONE/POLIZEI BL

Wir alle müssen uns warm anziehen. Denn das Regenwetter könnte noch eine Weile anhalten. Deshalb haben Kleiderläden Mühe, ihre Sommerkollektionen los zu werden. Das nasskalte Wetter sei für den Textilhandel nicht förderlich, sagt C&A-Sprecher Peter Gadient. «Wir haben deshalb den Sommer-Ausverkauf bereits früh gestartet.» C&A gewähre jetzt schon Rabatte von bis zu 50 Prozent. Den Kleiderläden bleibt höchstens die Hoffnung, dass das Regenwetter die Kundschaft in die Einkaufszentren treibt.

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