Beweis für Herkunft geht ins Geld
Gen-Tests machen Schweizer Fleisch teurer

Neue DNA-Tests sollen beweisen, dass Schweizer Fleisch auch wirklich von hier kommt. Damit will man Fleischskandale vermeiden. Dumm nur: Die Preise steigen.
Publiziert: 04.08.2018 um 01:05 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:16 Uhr
Julia Fritsche

Das Steak ist saftig, das Geschnetzelte zart. Doch woher das Fleisch kommt, sieht der Konsument dem Produkt nicht an. Abhilfe schafft seit Anfang Monat ein DNA-Check. Mit einer Datenbank und Stichproben will die Fleischbranche das Vertrauen ins Schweizer Fleisch stärken. Wer Schweizer Fleisch kauft, soll auch sicher sein können, dass er auch wirklich solches auf dem Teller hat.

Nicht zuletzt ist dies auch eine Preisfrage: Fleisch aus Schweizer Betrieben ist teurer als ausländisches. Zwar sind sechs von zehn Konsumenten bereit, diesen Aufpreis zu bezahlen, wie eine Deloitte-Studie im Auftrag der Branchenorganisation Proviande zeigt. Doch nur, wenn die Fleischtiger dafür auch bekommen, was sie zahlen. Der Skandal um den Fleischhändler Carna Grischa 2014 (BLICK berichtete) und die anschliessende Pleite hat dies eindrücklich bewiesen.

Intransparenter Preisaufschlag

Der DNA-Check macht Schweizer Fleisch aber noch teurer. Wie eine kleine Notiz in der «Coop-Zeitung» Anfang Monat zeigt, gibt die Detailhändlerin die Kosten für die Schweiz-Garantie an die Konsumenten weiter. Betroffen seien ausgewählte Rind- und Kalbfleisch-Produkte. Dabei steigt der 100-Gramm-Preis bei den angeführten Beispielen um 5 bis 10 Rappen – immerhin eine Preiserhöhung von bis zu 1,9 Prozent. 

Fleisch aus Schweizer Betrieben ist teurer als ausländisches.
Foto: ALESSANDRO DELLA BELLA
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Doch wer die Berechnungen des Branchenverbands Proviande studiert, wird stutzig. Laut den Initianten des DNA-Checks kostet ein Test 8.70 Franken. Bei Rindfleisch erhöhe sich der Preis dadurch um rund 5 Rappen, bei Kalbfleisch um 9 Rappen – pro Kilo! Rund zehnmal mehr ist es bei Coop.

Macht der Grossverteiler auf dem Rücken der Konsumenten ein Geschäft? Nein, wiegelt eine Sprecherin ab und verweist auf das Wörtchen «ausgewählt». «Wir haben nicht bei allen Kalb- und Rindfleisch-Produkten den Preis erhöht, dafür aber bei einigen Produkten um einen höheren Betrag», so ihre Erklärung. Coop macht also eine Mischrechnung. Das ist zwar legitim, für die Kunden aber schwierig nachvollziehbar.

Spar, Aldi und Lidl verzichten auf Preiserhöhung

Nicht alle Detailhändler wählen diesen Weg. So verzichtet Spar darauf, an den Verkaufspreisen zu schrauben, obwohl die Kette sich ebenfalls der Proviande-Initiative angeschlossen hat. Der Grund: «Spar steht einer Preiserhöhung gegenüber den Kunden kritisch gegenüber.» Gleiches gilt für Lidl. Auch Aldi plant vorerst keine Preisaufschläge für die Kunden.

Migros-Kunden müssen aber auch mit höheren Preisen bei einzelnen Rindfleisch-Produkten rechnen. Laut Sprecher Luzi Weber handle es sich um «kleine Aufschläge». Wenn immer möglich versuche der orange Riese, Mehrkosten für die Kunden zu vermeiden, indem man anderswo spare.

Denner hat sich der Initiative zwar nicht angeschlossen, begrüsst diese aber. Trotzdem würde sämtliches Schweizer Rind- und Kalbfleisch im Sortiment durch DNA-Proben geprüft – ohne Preisaufschläge. Dass die Kosten für den DNA-Check auf die Konsumenten abgewälzt werden, findet Denner-Sprecher Thomas Kaderli falsch. «Vielmehr sollten diese Kosten von den Schlachtbetrieben und Verarbeitern getragen werden», verlangt er.

Fleisch-Branche soll zahlen

Das sieht auch die Stiftung für Konsumentenschutz so. «Das soll die Branche selbst übernehmen, die Kosten sind ja offenbar mit 5 beziehungsweise 9 Rappen pro Kilo Rind- oder Kalbfleisch verkraftbar», findet Josiane Walpen, Leiterin Ernährung und Mobilität.

Für ein System mit so vielen Mängeln sollen Kunden nicht zahlen müssen. Ihre Kritik: Die Kontrollergebnisse würden gegen aussen nicht transparent gemacht und bei Verstössen sind keine Sanktionen vorgesehen. Aktuell klärt Proviande noch ab, wie man in solchen Fällen vorgehen will.

Zudem kritisiert die Konsumentenschützerin, dass nicht alle Schlachthöfe mitmachen würden und damit auch nicht flächendeckend geprobt werde. «Das Kontrollsystem zeigt, dass in erster Linie die Interessen der Branche im Fokus waren und nicht diejenigen der Konsumenten.»

Aktuell machen 21 Schlachtbetriebe bei den DNA-Checks mit. Das scheint wenig und die Kritik gerechtfertigt. Immerhin aber decken sie laut Proviande rund 80 Prozent des Marktes ab. Bald sollen noch mehr Betriebe dazukommen. Wie sich das auf das Vertrauen der Konsumenten ins Schweizer Fleisch und auf die Preise auswirkt, wird sich zeigen.

So funktioniert der DNA-Check

Seit Juli werden in 24 Schlachtbetrieben von jedem geschlachteten Rind oder Kalb DNA-Proben genommen, ausser es  handelt sich um Auftragsschlachtungen. Die Resultate werden zusammen mit der Ohrmarke, die jedes Tier schon bisher zur Identifikation trägt, in einer zentralen Datenbank gespeichert.

Ab November starten die Stichproben im Detailhandel, später auch in der Gastronomie. Proben von Frischfleisch, das im Verkauf landet, werden dann mit den hinterlegten DNA-Profilen abgeglichen. Noch ist unklar, was passiert, wenn die Stichprobe nicht mit einem hinterlegten Profil übereinstimmt.

Die Fleisch-Branchenorganisation Proviande, die hinter dem Check steckt, will dafür noch einen Ablauf festlegen. Bisher läuft alles nach Plan. «Das Projekt ist gut angelaufen. Wir haben zum Start zahlreiche Schlachtbetriebe besucht, die Rückmeldungen waren durchwegs positiv», so Pius Nietlispach von Proviande.

Später könnten auch DNA-Tests für weitere Tiergattungen wie Hühner folgen. Die Identifikation würde dann aber über die Herde und nicht über das einzelne Tier passieren. Der Test wird in Zusammenarbeit mit dem irischen Unternehmen Identigen durchgeführt, das in der Schweiz einen Ableger hat. Geplant ist eine Liste der Detailhändler, die die Initiative unterstützen und damit Ziel von Stichproben werden.

BLICK Infografik

Seit Juli werden in 24 Schlachtbetrieben von jedem geschlachteten Rind oder Kalb DNA-Proben genommen, ausser es  handelt sich um Auftragsschlachtungen. Die Resultate werden zusammen mit der Ohrmarke, die jedes Tier schon bisher zur Identifikation trägt, in einer zentralen Datenbank gespeichert.

Ab November starten die Stichproben im Detailhandel, später auch in der Gastronomie. Proben von Frischfleisch, das im Verkauf landet, werden dann mit den hinterlegten DNA-Profilen abgeglichen. Noch ist unklar, was passiert, wenn die Stichprobe nicht mit einem hinterlegten Profil übereinstimmt.

Die Fleisch-Branchenorganisation Proviande, die hinter dem Check steckt, will dafür noch einen Ablauf festlegen. Bisher läuft alles nach Plan. «Das Projekt ist gut angelaufen. Wir haben zum Start zahlreiche Schlachtbetriebe besucht, die Rückmeldungen waren durchwegs positiv», so Pius Nietlispach von Proviande.

Später könnten auch DNA-Tests für weitere Tiergattungen wie Hühner folgen. Die Identifikation würde dann aber über die Herde und nicht über das einzelne Tier passieren. Der Test wird in Zusammenarbeit mit dem irischen Unternehmen Identigen durchgeführt, das in der Schweiz einen Ableger hat. Geplant ist eine Liste der Detailhändler, die die Initiative unterstützen und damit Ziel von Stichproben werden.

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