Aus der Traum vom Schweizer Gas?
«Bis zur Produktion nennenswerter Mengen ginge es mindestens ein Jahrzehnt»

Gas wird knapp. Und Wladimir Putins (69) Gas will niemand mehr so gerne kaufen. Das Geld fliesst direkt in seine Kriegskasse. Kann die Schweiz ihr eigenes Gas produzieren? Für die nächsten Winter wird das kein Thema sein – und für alle anderen wohl auch nicht.
Publiziert: 04.07.2022 um 19:10 Uhr
|
Aktualisiert: 04.07.2022 um 22:33 Uhr
Die Schweiz braucht Ersatz für russisches Erdgas, das indirekt aus Deutschland bezogen wird.
Foto: Keystone
1/7
Fabio Giger

Die Schweiz, eine Gasproduzentin? Wäre möglich, meint Patrick Lahusen (77), einer, der den Schweizer Boden kennt wie kaum ein anderer. «Unter der Schweiz hat es genug Gas, damit wir uns selbst versorgen können», sagt Lahusen am Montag im Blick.

Nur: Allein die Gasvorkommen in Schweizer Böden machen noch keine Wohnung warm. Irgendwer muss das ganze Gas noch aus der Tiefe holen. Und genau da liegt der Haken beim Traum, sich von russischem Gas unabhängig zu machen. «Es gibt keine Gasindustrie in der Schweiz, nur wenig Know-how und kaum entsprechende Infrastruktur», sagt Geologe und Geothermie-Experte Roland Wyss (65).

Ohne Fracking, kein Schweizer Gas

«Bis zur Produktion von nennenswerten Mengen geht es mindestens ein Jahrzehnt», erklärt Wyss weiter. Zuerst müssten sowieso der politische Wille und investitionsfreudige Firmen da sein sowie Fracking-Verbote aufgehoben werden. Beim Fracking wird unter grossem Aufwand das Lagergestein aufgebrochen, damit Gasvorkommen überhaupt ausgebeutet werden können. «Und ohne Fracking wäre der Gasvorrat in Schweizer Böden sehr limitiert», sagt Wyss.

Realistisch gerechnet, schriebe man bis zur ersten Schweizer Gasproduktion das Jahr 2040. Spätestens zehn Jahre später will der Bund aber klimaneutral sein. Kaum denkbar, dass eine landeseigene Erdgasförderung da ins politische Gesamtkonzept passt.

Gefahr wegen Erdbeben ist unbegründet

Ein anderes, oft ins Feld geführtes Argument gegen Gasbohrungen sind Erdbeben. Diese Ängste seien unbegründet, sagt Wyss: «In Amerika kam es bisher nur bei sehr wenigen Fracking-Bohrungen zu Bodenbewegungen.»

In Nordholland sei es wegen sogenannten Setzungsbewegungen bei leeren Gasfeldern zwar tatsächlich schon zu Beben gekommen. Weil es in der Schweiz aber keine grossen und fragilen Gasfelder gebe, wären Erdbeben höchst unwahrscheinlich – wenn es dann überhaupt so weit kommen würde.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.