#aufbruch mit Patrizia Laeri
Globaler Kampf um digitale Fitness

Nacktnase, Covidioten, Impfdrängler, Zoomfatigue: Nach dem Corona-Jahr sind wir nicht nur pandemüde oder gar mütend. Wir haben auch neue Worte gelernt und eine wichtige Lektion verstanden: Wer für die Zukunft der Arbeit gerüstet sein will, benötigt Tech-Know-how.
Publiziert: 14.04.2021 um 06:53 Uhr
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Aktualisiert: 14.04.2021 um 13:45 Uhr
Patriza Laeri

Das wichtigste neue Wort für die eigene Zukunft nennt sich «Digital Upskilling». Früher gab es entweder Tech-Jobs oder Nicht-Tech-Jobs.
Diese Unterscheidung ist spätestens seit der Pandemie sinnlos. Digitale Fähigkeiten benötigen heute alle. Auch wer in einem kleinen Laden Handgemachtes verkaufen will, muss etwas von digitalem Marketing, Social Media, E-Commerce und digitalen Zahlungsmitteln verstehen. Auch wer einen Pflegeberuf wählt, findet sich nicht selten auf einer Hightech-Station wieder.

Die Menschen in der Schweiz stehen seit den Lockdowns der Technik aufgeschlossener gegenüber. Vielen ist klar: Wer Tech-Kenntnisse hat, der hat mehr Chancen und Verdienst. Doch das rapide Vorspulen in eine digitalere Welt hat auch viele abgehängt. Die einen haben ihre schlecht bezahlten analogen Jobs verloren, die anderen im gut bezahlten Homeoffice ihre digitalen Fähigkeiten ausgebaut. Der digitale Graben hat sich vertieft. Die Ungleichheit auf dem Job-Markt hat zugenommen.

Wie also geht digitale Chancengleichheit? Wie können in Zukunft alle Menschen digitaler arbeiten? Wie demokratisieren wir technische Fähigkeiten?

Patrizia Laeri, Kolumnistin.
Foto: Thomas Buchwalder

Ausbildung by Amazon?

Durch Gratis-Training der Tech-Riesen? Amazon und Co. haben auf jeden Fall nichts Geringeres vor, als die Welt digital auszubilden, und locken mit kostenlosen digitalen Weiterbildungen. PWC bietet gratis eine «Digitale Fitness»-App, und Microsoft hat die globale Skills-Initiative lanciert, die auf der Karriere-Plattform Linkedin kostenloses Training für die am meisten gesuchten Tech-Jobs bietet. 25 Millionen Menschen wollte man so digital fit trainieren. Schon mehr als 30 Millionen holen sich aktuell damit ein persönliches Tech-Upgrade.

Tech-Zertifikate gibt es für wenig Geld noch dazu. Karriere machen ohne Hochschulabschluss, aber mit Tech-Zertifikaten – das geht in den USA bereits. Damit erreichen die Tech-Riesen gleich zwei Ziele: Sie sichern sich den eigenen Nachwuchs und neues Geschäft. Ausbildung ist auch ein Geschäft, die Industrie boomt. Die digitalen Weiterbildungen haben in der Pandemie-Zeit in der Schweiz generell zugenommen.

Tech-Upgrades für alle

Das könnte im besten Fall darauf hindeuten, dass Arbeitgeber gerade jetzt das Upskilling der Angestellten auch fördern und hier den Tech-Riesen nacheifern. Der Erfolg einer Firma sind schliesslich gut ausgebildete Angestellte.

Besonders wichtig ist, dass auch Minderheiten und sozial schwächere Menschen Zugang zu Tech-Ausbildung erhalten. Eine der beeindruckendsten Initiativen für eine gerechtere Teilhabe am digitalen Job-Markt stammt aus der Schweiz. Powercoders verhilft Flüchtlingen in Camps zu Programmier-Wissen und vermittelt sie darauf als Praktikanten an Firmen. Die preisgekrönte Gründerin Bettina Hirsig ist mittlerweile auch in der Türkei und Italien aktiv und peilt Spanien an. Genau solche öffentlich-privaten Partnerschaften sind für eine digitale Zukunft, die alle Menschen mit einschliesst, unerlässlich. #aufbruch.

Patrizia Laeri (43) ist Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch im Blick.

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