Auch wegen Fett-weg-Spritzen
Medikamentenkosten in der Schweiz erreichen neues Rekordhoch

Krebs, Diabetes, ADHS und Migräne gehören zu den Kostentreibern im Gesundheitswesen. Das zeigt der neue Arzneimittelreport. Die Autoren kritisieren die Pharmabranche dafür, überteuerte «Pseudoinnovationen» auf den Markt zu bringen.
Publiziert: 30.11.2023 um 13:36 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2023 um 10:52 Uhr
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

8,5 Milliarden Franken hat die Schweizer Bevölkerung im Jahr 2022 für Medikamente zulasten der Grundversicherung ausgegeben. Das sind 4,4 Prozent mehr als im Vorjahr und entspricht einem neuen Allzeitrekord. Das geht aus dem neuen Arzneimittelreport des Krankenversicherers Helsana hervor.

In den vergangenen zehn Jahren sind die Medikamentenkosten um rund 50 Prozent angestiegen. Jeder vierte Prämienfranken geht laut Helsana aufs Konto der Medikamente. Entsprechend pikant ist das Thema angesichts der stetig steigenden Krankenkassenprämien.

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Die Medikamentenkosten in der Schweiz erreichen ein Allzeithoch. Medikamentenauslage in einer Apotheke.
Foto: Keystone
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Krebs, Diabetes und ADHS als Kostentreiber

Krebsmedikamente machen einen besonders grossen Anteil an den Kosten aus: 30 Prozent der Gesamtkosten für Medikamente gehen aufs Konto von Krebs- und Immunsystemmitteln. Und das, obwohl die entsprechenden Medikamente nicht einmal 2 Prozent aller Medikamentenbezüge darstellen.

Zum Kostenwachstum beigetragen haben im vergangenen Jahr auch ein neues Migräneprophylaxe-Medikament, vermehrte Behandlung von ADHS bei Erwachsenen sowie neuartige Diabetesmedikamente. Dazu gehören insbesondere die Fett-weg-Spritzen des dänischen Pharmakonzerns Novo Nordisk, die in den vergangenen Monaten einen regelrechten Hype erlebten. Die «Volkskrankheit Diabetes» alleine habe zu einer Kostensteigerung um 50 Millionen Franken geführt, schreibt Helsana.

Einen Rückgang bei den Medikamentenkosten verzeichnet der Arzneimittelreport hingegen bei der Behandlung von HIV: Antiretrovirale Therapien kosten heute 14'300 Franken pro HIV-Patient. Vor 5 Jahren war die gleiche Behandlung noch 4000 Franken teurer.

Pharmabranche weist die Verantwortung von sich

Der Versicherungskonzern richtet mit dem Arzneimittelreport scharfe Kritik an die Pharmabranche: Neue Medikamente seien oft teuer – und nicht immer besser als bisherige, kritisiert Manuel Elmiger, Gesundheitsökonom und Verantwortlicher des Arzneimittelreports bei Helsana: «Die Öffentlichkeit muss sich darauf verlassen können, dass keine überhöhten Preise für Medikamente bezahlt werden, insbesondere bei Pseudoinnovationen.»

Die Pharmabranche verweist bei Kritik an den Medikamentenkosten jeweils darauf, dass sie die Preise nicht in Eigenregie festlegt: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) überprüft jedes Jahr die Preise von einem Drittel aller Medikamente, die durch die Grundversicherung gedeckt sind. Das BAG macht dazu etwa Auslandspreisvergleiche.

Bei der jüngsten Überprüfung hat das BAG die Preise von 350 Arzneimitteln um durchschnittlich 10 Prozent gesenkt, wie es Anfang November bekannt gab. Das BAG erhofft sich dadurch Einsparungen in Höhe von 120 Millionen Franken. Ob das gelingt, ist aber noch offen: Einige Zulassungsinhaber haben Beschwerde gegen die Preissenkungen angekündigt.

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