Eine Angestellte der Spitex Emmental auf Hausbesuch bei einem älteren Ehepaar. (Archivbild)
Foto: Keystone

Anspruch auf bis zu 22'550 Franken Entschädigung
Schweizer bezahlen zu viel für Pflege

Wer pflegebedürftig ist, hat grundsätzlich Anspruch auf die sogenannte Hilflosenentschädigung – unabhängig von Einkommen oder Vermögen. Nur wissen das die wenigsten und verzichten so auf bis zu 22'550 Franken.
Publiziert: 14.12.2018 um 12:14 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2018 um 09:59 Uhr
Christian Kolbe

Die Pflege zu Hause erfreut sich immer grösserer Beliebtheit: Fast 350’000 Personen in der Schweiz werden in den eigenen vier Wänden gepflegt. Das sind dreimal mehr Personen als noch 2011. Doch die wenigsten wissen, welche Leistungen ihnen vom Pflegesystem eigentlich zustehen würden. 

Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Online-Vergleichsdienstes Comparis.ch und der Universität Luzern: Vier Fünftel der Befragten ist nicht bekannt, dass einzig der Grad an Hilflosigkeit über die Höhe der sogenannten Hilflosenentschädigung entscheidet. Einkommen oder Vermögen spielen dabei keine Rolle. Dieses Unwissen kann ins Geld gehen: Patienten und Angehörige verzichten auf Beiträge in der Höhe von bis zu 22'560 Franken pro Jahr (Beitrag bei maximalem Grad an Hilflosigkeit).

Finanzierungsdschungel Sozialwesen

Das gelte auch für den Anspruch auf Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe. «Der Finanzierungsdschungel im Gesundheits- und Sozialwesen führt dazu, dass primär die Leute maximale finanzielle Unterstützung bekommen, die sich auskennen oder gut beraten werden», sagt Krankenkassenexperte Felix Schneuwly. «Wichtiger wäre aber, dass vor allem Unterstützung bekommt, wer tatsächlich Unterstützung braucht.» Kommt dazu, dass die Finanzierung von Pflegeleistungen kantonal unterschiedlich geregelt ist.

Die Pflege zu Hause erfreut sich immer grösserer Beliebtheit: Fast 350’000 Personen in der Schweiz werden in den eigenen vier Wänden gepflegt.
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Subventionen an Spitex

Doch damit nicht genug: Der ambulante Pflegemarkt, also die Pflege für Menschen, die lieber zu Hause bleiben als ins Altersheim zu gehen, ist nicht einfach zu durchschauen. Es gibt Hunderte von öffentlichen und privaten Anbietern im Markt – mit ganz unterschiedlichen Kosten. 

Im nationalen Durchschnitt kostet eine Stunde Pflege inklusive aller Zuschüsse der öffentlichen Hand bei einer staatlichen Spitex doppelt so viel wie die eines privaten Anbieters. Allerdings erhalten die öffentlichen Spitexdienste auch Subventionen für die Versorgungs- und Ausbildungspflicht. Das weiss nur gut die Hälfte der Befragten. Gar nur ein Drittel weiss, dass Patienten je nach Kanton und Anbieter unterschiedlich viel an die Pflegekosten beitragen müssen.

Aufklärung tut not

Was zahlt eigentlich die obligatorische Krankenversicherung an die Pflegekosten? Gar nichts, glaubt knapp ein Viertel der Befragten! Dabei leistet die Grundversicherung Pflegekostenbeiträge, wenn die Pflege durch einen Arzt verschrieben wird. Gar 60 Prozent wissen nicht, dass Haushaltshilfe nicht von der Grundversicherung gedeckt ist.

Das Fazit der Studienautoren: «Es sollte ein Ziel sein, Wissen und benötigte Kompetenzen rund um die Gesundheitsversorgung innerhalb der schweizerischen Bevölkerung zu stärken, um so den rechtzeitigen Zugang zu wichtigen Gesundheitsdienstleistungen zu unterstützen», sagt Sarah Mantwill vom Seminar für Gesundheitswissenschaften und Gesundheitspolitik an der Universität Luzern. Denn das richtige Wissen um die Finanzierung und Kosten der Pflege kann das Haushaltsbudget nachhaltig entlasten. 

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