Angedrohtes Ölembargo wankt
EU-Kommission schlägt Kompromiss bei russischem Öl vor

Die EU strebt einen Kompromiss im Streit um ein Ölembargo gegen Russland an. Ganz wollen die Europäer nicht auf russisches Öl verzichten. Ein Kompromissvorschlag soll einen befürchteten drastischen Anstieg von Energiepreisen verhindern. Das Ölembargo wird aufgeweicht.
Publiziert: 30.05.2022 um 01:26 Uhr
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Aktualisiert: 30.05.2022 um 07:19 Uhr

Der anhaltende Streit über die Pläne für ein europäisches Öl-Embargo gegen Russland droht den an diesem Montag beginnenden EU-Gipfel in Brüssel zu überschatten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur verhinderte die Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban (58) am Sonntag die Einigung auf einen neuen Kompromissvorschlag, indem sie ihre Zustimmung von finanziellen Zusagen der EU abhängig machte. Zudem liessen auch Länder wie die Niederlande Vorbehalte erkennen.

Um die seit Wochen anhaltende Blockade Ungarns zu lösen, hatte die EU-Kommission zuvor vorgeschlagen, vorerst nur die Einfuhr von per Schiff transportiertem Öl auslaufen zu lassen. Das von russischen Energieträgern stark abhängige Ungarn könnte sich demnach weiterhin über die riesige Druschba-Pipeline mit Öl aus Russland versorgen.

An die Leitung sind auch Raffinerien in der Slowakei und in Tschechien sowie in Polen und Ostdeutschland angeschlossen. Deutschland und Polen haben allerdings bereits klargestellt, dass sie unabhängig von einem Embargo bis Ende dieses Jahres ganz auf russische Öllieferungen verzichten wollen. Vorher sollte das Öl-Embargo ohnehin nicht vollständig in Kraft sein.

Streit um Öl-Embargo: Plädieren für harten Kurs gegen Ungarn

In der Diskussionen über das geplante EU-Einfuhrverbot für Öl aus Russland hat sich der deutsche CSU-Europapolitiker Manfred Weber gegen weitreichende Kompromisse zugunsten von Ungarn ausgesprochen. «Ich bin es ehrlich gesagt leid, dass sich die gesamte EU bei den Sanktionsbeschlüssen immer nach dem Zögerlichsten richten muss», sagte der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament vor dem EU-Sondergipfel an diesem Montag und Dienstag.

Wenn der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban die gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin notwendige Geschlossenheit blockiere, müssten zwischenstaatliche Lösungen ohne Ungarn gesucht werden.

«Wenn es nicht anders geht, dann darf dieser Weg nicht ausgeschlossen sein», sagte Weber mit Blick auf die Option, das Ölembargo ohne die Einbeziehung Ungarns zu beschliessen. Orban müsse gezeigt werden, dass es nicht den Rest der EU in Geiselhaft nehmen könne. (SDA)

In der Diskussionen über das geplante EU-Einfuhrverbot für Öl aus Russland hat sich der deutsche CSU-Europapolitiker Manfred Weber gegen weitreichende Kompromisse zugunsten von Ungarn ausgesprochen. «Ich bin es ehrlich gesagt leid, dass sich die gesamte EU bei den Sanktionsbeschlüssen immer nach dem Zögerlichsten richten muss», sagte der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament vor dem EU-Sondergipfel an diesem Montag und Dienstag.

Wenn der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban die gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin notwendige Geschlossenheit blockiere, müssten zwischenstaatliche Lösungen ohne Ungarn gesucht werden.

«Wenn es nicht anders geht, dann darf dieser Weg nicht ausgeschlossen sein», sagte Weber mit Blick auf die Option, das Ölembargo ohne die Einbeziehung Ungarns zu beschliessen. Orban müsse gezeigt werden, dass es nicht den Rest der EU in Geiselhaft nehmen könne. (SDA)

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Europas Angst vor Konsequenzen

Die EU ringt seit Wochen um das Ölembargo. Befürchtungen wurden laut, dass ein solches zu einem weiteren drastischen Anstieg von Energiepreisen in Europa führen könnte. Banker warnen vor einem explodierenden Ölpreis, Politiker fürchten Destabilisierung in Europa.

Das Moskau angedrohte Ölembargo wankt.
Foto: Getty Images
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Bei den nun von Ungarn geforderten Finanzzusagen geht es nach Angaben aus EU-Kreisen vor allem um Mittel, die das Land für den mittelfristigen Umbau seiner Öl-Infrastruktur will. So beziffert die Regierung in Budapest die Kosten für die notwendige Umstellung von Raffinerieanlagen auf nicht-russisches Öl auf bis zu 550 Millionen Euro. Zudem müssen den Angaben zufolge 200 Millionen Euro investiert werden, um das Land künftig über eine an der Adriaküste beginnende Pipeline zu versorgen.

Inhaltliche Probleme mit dem Kompromissvorschlag haben nach Angaben von Diplomaten hingegen die Niederlande. Sie befürchten, dass es in der EU zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen kommen könnte, wenn einige Staaten weiter relativ günstiges Pipeline-Öl aus Russland beziehen. Relevant ist dies auch, weil der Hafen in Rotterdam bislang ein wichtiger Umschlagplatz für russisches Öl ist und dort durch das Embargo zunächst Geschäft wegbrechen könnten.

Russen sollen weiter Immobilien in der EU kaufen können

Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sah vor, wegen des Ukraine-Kriegs den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten und den von Ölprodukten in acht Monaten komplett zu beenden. Lediglich Ungarn und die Slowakei sollten 20 Monate Zeit bekommen.

Deutschland zeigte sich nach Angaben von EU-Diplomaten bei den EU-Beratungen am Sonntag grundsätzlich bereit, dem Kompromissvorschlag der Kommission zuzustimmen. Zugleich machte die Bundesregierung demnach deutlich, dass die Ausnahmeregelungen eigentlich nicht in ihrem Interesse sind.

Mit Unmut wurde den Angaben zufolge auch registriert, dass die Kommission den Vorschlag zurückgezogen hat, im Rahmen des sechsten Sanktionspakets Russen den Kauf von Immobilien in der EU zu untersagen. (SDA/kes)

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