Als Hipster auf geheimer Mission
Vögele-Chef bei «Undercover Boss»

In der RTL-Real-Life-Doku «Undercover Boss» arbeiten Firmenchefs unerkannt im eigenen Unternehmen. Offiziell heisst es, sie wollen sich ein genaues Bild von der Arbeit an der Basis verschaffen. Doch geht es vor allem um eines: Firmen-PR vom Feinsten. Diesmal für Charles Vögele.
Publiziert: 02.02.2016 um 11:04 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 17:40 Uhr
Ulrich Rotzinger

Armin Funk (49), Chef des deutschen Ablegers der Schweizer Modekette Charles Vögele, in geheimer Mission: In der RTL-Real-Life-Doku «Undercover Boss» mischt er sich als Hipster verkleidet unter die Angestellten. Er gibt sich als Ex-Selbstständigen Stefan Möller aus, der auf der Suche nach einem Job Probe arbeitet.

Der Deutschland-Chef als Hipster.

Mit Brille, Vollbart und blonden Strähnchen arbeitet er in drei Filialen in Nord- und Süddeutschland mit. Lernt, wie man eine Schaufensterpuppe richtig einkleidet und Warentische aufbaut. Funk reist undercover auch in die Schweiz, um dort in einem der Logistiklager von Charles Vögele selbst zu erfahren, was von den Mitarbeitern alles gefordert wird.

«Schwitzen, arbeiten und nicht sprechen»

Einen Tag arbeitet Funk alias Stefan Möller im Verteilzentrum in Pfäffikon SZ. Über 9 Millionen Kleidungsstücke verlassen jährlich dieses Lager. Die hübsche leitende Angestellte Aslihan Besili weist ihn ein.

Vögele-Mitarbeiterin Aslihan Besili sagt dem Undercover-Boss, was sie von ihm erwartet.
Vorzeige-Angestellte von Charles Vögele weist den «Praktikanten» ein.

Besili, schon seit 27 Jahren im Unternehmen, verlangt: «Pünktlichkeit, Ehrlichkeit und Sie müssen Gas geben!» Und sie klopft ihm auf die Finger, als er am Packtisch zu einem Schwätzchen mit den Mitarbeiterinnen ansetzt. Funk in die Kamera: «Respekt. Schwitzen, arbeiten und nicht sprechen.»

Der Boss entdeckt auf seiner Undercover-Mission Verbesserungsmöglichkeiten, um das Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur zu bringen, heisst es auf dem Off.

Modekonzern Vögele ist eine Dauerbaustelle

In Tat und Wahrheit ist der Konzern Charles Vögele enorm unter Druck: An der Börse hat die Vögele-Aktie allein in den letzten zwölf Wochen 32 Prozent an Wert verloren. Vor ein paar Tagen ist das Papier auf ein Allzeittief bei 6.90 Franken gefallen. Vor fünf Jahren war Vögele  zehnmal mehr wert! Mit dem Hedge Fund Teleios macht nun ein neuer Grossaktionär Dampf. Die Tage von CEO und CFO Markus Voegeli dürften gezählt sein.

Der Modekonzern ist eine Dauerbaustelle: Der Turnaround wurde mehrmals angekündigt und immer wieder verpasst. Seit 2008 ist der Umsatz auf Sinkflug, und seit 2010 hat der Konzern keinen Gewinn mehr gemacht. Im November hat Vögele erneut eine Gewinnwarnung publiziert. Der detaillierte Jahresabschluss wird am 26. April präsentiert.

«Wozu braucht es noch einen Charles Vögele?»

Der Konzern sei immer noch traumatisiert vom Ausflug des Ex-Chefs André Maeders mit Penélope Cruz und Till Schweiger als Werbe-Ikonen, sagen Insider. Statt auf Schnitte für eine ältere Kundschaft setzte dieser 2011 auf junge Mode mit Stars wie Cruz und vergraulte damit die alte Kundschaft. Neue hat er damit kaum gewonnen, schreibt die «Finanz und Wirtschaft». 

Die fehlende Positionierung ist das grösste Problem von Vögele: «Wozu braucht es neben C&A, Schild, Adler usw. noch einen Charles Vögele?», fragen mehrere Marktforscher und Branchenprofis rhetorisch in dem Finanzblatt.

Jetzt ist der Bart ab.

Natürlich ist auch Deutschland-Chef Funk unter Druck, der die RTL-Sendung für gute Firmen-PR zu nutzen versteht. Selbstverständlich erkennt ihn – bis auf eine Mitarbeiterin im deutschen Schwäbisch-Hall – niemand. Das ist das Konzept der RTL-Sendung. Und alle tun überrascht, wenn am Schluss der Sendung Armin Funk den Bart abnimmt.

Tränen und Geschenke für Mitarbeiter

Am Ende drückt dann RTL noch auf die Tränendrüse. Funk, jetzt nicht mehr mit Bart und Kurzarmhemd sondern im dunklen Anzug, verteilt Geschenke. Besili aus der Verteilzentrale in Pfäffikon darf auf Kosten des Unternehmens eine Woche zu ihrer Tochter nach New York – und dafür vor der Kamera ein paar Tränen loswerden.

Ein 22-jähriger stellvertretender Filialleiter bekommt seinen Führerausweis gezahlt und sagt mit geröteten Augen in die Kamera: «Mir fehlen die Worte.»

Wie heisst es so schön: Der erste Eindruck zählt. Und der Letzte bleibt für immer. In dieser Hinsicht hat Charles Vögele bei der Kundschaft in Deutschland gewonnen. An der misslichen Lage vom gesamten Konzern ändert dies allerdings nichts.

Die ganze Sendung können Sie hier kostenlos bei RTL.de anschauen.

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