«Corona hat den Luftverkehr in die Knie gezwungen»
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Swiss-CEO Vranckx:«Corona hat den Luftverkehr in die Knie gezwungen»

Swiss verspricht BLICK
«Wir brauchen für das Jahr 2021 keinen neuen Bundeskredit»

Die Pandemie hat dramatische Auswirkungen für die Swiss. Im Jahr 2020 schreibt die Fluggesellschaft einen Verlust von 654 Millionen Franken. Braucht es gar einen neuen Bundeskredit? Das sagt der neue Swiss-CEO Dieter Vranckx an der Jahreskonferenz.
Publiziert: 04.03.2021 um 07:06 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2021 um 15:15 Uhr
Nicola Imfeld

Die Coronavirus-Pandemie setzt der ganzen Aviatikbranche enorm zu. Auch der Gewinnturbo Swiss rutscht in die tiefroten Zahlen. Die Fluggesellschaft schreibt im Jahr 2020 einen Verlust von 654 Millionen Franken – im Vorjahr verzeichnete die Airline noch einen Gewinn von 578 Millionen Franken. Ähnliches Bild beim Umsatz: Hat man 2019 noch 5,33 Milliarden Franken eingenommen, waren es im vergangenen Jahr nur noch 1,85 Milliarden Franken. Ein sattes Minus von 65 Prozent! Der Grund ist klar: Wegen Corona sind viel weniger Passagiere geflogen – 74,5 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der neue Swiss-CEO Dieter Vranckx (47) zeichnet bei seinem ersten Auftritt ein düsteres Bild. «Wir werden die Krise noch sehr lange spüren», sagt an der Jahreskonferenz der Swiss. Die Coronavirus-Pandemie habe die Airline sehr hart getroffen. Augenscheinlich wird das, wenn man den Worten von Swiss-CFO Markus Binkert (49) lauscht: «Wir haben 4,8 Millionen Passagiere transportiert – das entspricht dem Niveau der Swissair aus dem Jahre 1973.»

Braucht die Swiss einen neuen Kredit?

Klar macht Finanzchef Binkert auch, dass man auf den Bundeskredit in der Höhe von 1,5 Milliarden Franken angewiesen war. «Ohne den Kredit hätten wir nicht überleben können», sagt er. Laut Binkert sind noch rund eine Milliarde Franken übrig. Auf Nachhaken von BLICK verspricht er: «Wir werden genügend Geld bis Ende Jahr haben. Die Liquidität ist sichergestellt.» Einen weiteren Kredit werde es im Jahr 2021 demnach nicht brauchen. «Anfang 2022 wollen wir bereits einen Teil zurückzahlen», sagt Binkert zu BLICK. Aber wenn die Erholung im Sommergeschäft ausbleibt, müsse man im Winter die Lage neu analysieren.

Erster Auftritt: Der neue Swiss-CEO Dieter Vranckx erklärt an der Jahreskonferenz die schlechten Zahlen.
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Das miese Ergebnis ist historisch. Wie die Swiss auf Anfrage von BLICK bestätigt, war das Jahr 2020 das zweitschlechteste in der Unternehmensgeschichte. Nur im Jahr 2002 schnitt die Airline mit einem Verlust von 909 Millionen Franken noch schwächer ab.

Keine Aussicht auf Besserung – wird Flotte verkleinert?

Das sehr schwache Ergebnis im vierten Quartal habe den Verlust im Gesamtjahr weiter erhöht, schreibt die Swiss in der Medienmitteilung am Donnerstagmorgen. Die Fluggesellschaft war in den letzten Monaten des Jahres 2020 wieder von weltweit strikteren Corona-Massnahmen betroffen.

Und das wohl grösste Übel für die Swiss: Aussicht auf Besserung ist nicht in Sicht – auch wegen der Corona-Mutanten und der «langsamen Fortschritte bei den Impfungen», wie die Airline schreibt. «Seit Jahresbeginn hat sich die Ausgangslage massiv verschlechtert. Es zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass sich die gesamte Airlinebranche strukturell verändern wird», lässt sich der neue Swiss-CEO Dieter Vranckx (47) zitieren. Er erwähnt als mögliche Konsequenz eine Verkleinerung der Flotte, was sich auf das Streckennetz auswirken würde. «Eine Entscheidung dazu ist noch nicht gefallen», so Vranckx.

Swiss baut bis Ende Jahr 1000 Stellen ab

Bereits unmittelbar nach Ausbruch der Pandemie hat die Swiss Sparmassnahmen eingeleitet. So wurde Kurzarbeit im gesamten Unternehmen eingeführt und Investitionen bis auf Weiteres ausgesetzt. Swiss-CFO Markus Binkert (49) sagt, dass man das schlechte Ergebnis erwartet habe. «Jedoch hat sich seit Jahresbeginn 2021 die Situation wider Erwarten verschärft. Wir verlieren weiterhin rund zwei Millionen Schweizer Franken pro Tag und werden somit unsere Kostensparmassnahmen intensivieren müssen.»

Der Sparhammer trifft wie im Herbst angekündigt auch die Belegschaft. Konkret wird die Swiss bis Ende 2021 voraussichtlich 1000 Vollzeitstellen abbauen. Die Airline weist darauf hin, dass der Stellenabbau mit Hilfe von «natürlicher Fluktuation, Frühpensionierungen und Teilzeit» aufgefangen werden könne.

Und auch die Chefs trifft es: Die Zahl der Kader wird um 20 Prozent reduziert. Und die Geschäftsleitung wird von vier auf drei Mitglieder verkleinert. COO Thomas Frick (61) tritt Ende März planmässig zurück, wird aber laut Swiss noch projektbasiert für das Unternehmen tätig bleiben. CEO Vranckx übernimmt vorübergehend die Aufgaben von Frick.

Lufthansa verzeichnet Rekordverlust

Auch der Swiss-Muttergesellschaft Lufthansa hat ein debakulöses Jahr hinter sich. Die deutsche Airline verzeichnet wegen Corona einen Rekordverlust. Unter dem Strich steht ein Minus von 6,7 Milliarden Euro nach einem Gewinn von 1,2 Milliarden ein Jahr zuvor, wie der vom Staat gestützte Konzern am Donnerstag in Frankfurt mitteilt.

Nach dem schwierigen Start ins neue Jahr wird Vorstandschef Carsten Spohr (54) auch für 2021 pessimistischer. Das Flugangebot der Lufthansa dürfte lediglich 40 bis 50 Prozent des Niveaus aus dem Vorkrisenjahr 2019 erreichen. Bisher hatte er bis zu 60 Prozent für möglich gehalten. «Ab Sommer rechnen wir wieder mit einer stärkeren Nachfrage, sobald durch eine weitere Verbreitung von Tests und Impfstoffen die restriktiven Reisebeschränkungen zurückgehen», sagte Spohr. Die Lufthansa könne ihr Flugangebot kurzfristig auf bis zu 70 Prozent des Vorkrisenniveaus hochfahren.

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