19 Fragen und Antworten zu den Folgen des 19. März 2023
Was passiert, wenn die UBS strauchelt?

Vor exakt einem Jahr ging am 19. März 2023 die CS unter. Blick stellt zum Jahrestag 19 Fragen, wie es dazu kommen konnte – und wie es nun mit der Grossbank UBS weiter geht.
Publiziert: 19.03.2024 um 05:54 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2024 um 12:06 Uhr
Sonntagabend, 19. März 2023: Das Gremium um Bundespräsident Alain Berset und Finanzministerin Karin Keller-Sutter verkündet den Untergang der Credit Suisse.
Foto: Keystone
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Das Banken-Beben am 19. März 2023 hat sogar das Zeitgefüge durcheinandergebracht: An diesem Sonntagabend begann die Hauptausgabe der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens ein paar Minuten früher, um direkt in die Medienkonferenz zu schalten, an der die Credit Suisse beerdigt wurde. Dem Untergang waren hektische Tage vorausgegangen. Fast ununterbrochen tagten die Spitzen der UBS mit der Nationalbank, dem Finanzdepartement und der Finma. Die CS wurde praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt.

Auch wenn sich die UBS immer mal wieder mit dem Gedanken einer Übernahme auseinandergesetzt hatte, musste sie nun innert Tagen entscheiden, ob sie das Risiko eingehen wollte. Damit sich die CS überhaupt noch ins Wochenende retten konnte, stellte die Nationalbank Notfallliquidität zur Verfügung. Es nützte alles nicht mehr.

Am Abend des 19. März war die von Alfred Escher gegründete Schweizerische Kreditanstalt (SKA), Vorgängerin der heutigen Credit Suisse, nach fast 167 Jahren Geschichte. 

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Wieso ging die CS unter?

Weil die Kunden und Aktionäre das Vertrauen verloren hatten und in noch nie gesehenem Ausmass Geld von der Bank abzogen. Teilweise flossen über 10 Milliarden Franken pro Tag ab – und das über Wochen. Der Bank fehlte ein funktionierendes Geschäftsmodell. Als der grösste Aktionär am Mittwoch vor dem Untergang bestätigte, kein weiteres Geld mehr in die marode CS zu pumpen, fiel der Aktienkurs ins Bodenlose. Das Schicksal der Bank war besiegelt. 

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Wer ist schuld?

Die toxische Risikokultur bei der CS. Die Bank kam glimpflich durch die Finanzkrise, agierte in der Folge weniger vorsichtig als andere Banken. Einer ganzen Reihe von Präsidenten und CEOs wie Urs Rohner (64), Brady Dougan (64) oder Tidjane Thiam (61) gelang es nicht, diese Kultur einzudämmen. Die Folge: Milliardenbussen und Skandale kosteten die Bank viel Geld, gleichzeitig sprudelten die Boni an das Topmanagement fröhlich weiter. 

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Was hat die UBS zum Kauf bewogen?

Eine Mischung aus Verantwortungsbewusstsein und Geschäftssinn. Denn gerade in der Schweiz lief das Geschäft der CS gar nicht so schlecht, die UBS konnte also für lediglich drei Milliarden Franken einige Perlen der Konkurrentin übernehmen. Dazu galt es eine globale Finanzkrise zu verhindern, die auch die UBS in Mitleidenschaft gezogen hätte. Um die Risiken einzudämmen, hat sich die UBS eine 9-Milliarden-Garantie ausbedungen, auf die sie inzwischen verzichtet hat. 

Sonntagabend, 19. März 2023: Das Gremium um Bundespräsident Alain Berset und Finanzministerin Karin Keller-Sutter verkündet den Untergang der Credit Suisse.
Foto: Keystone
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Wieso hat «Too big to fail» nicht funktioniert?

Weil die «Too big to fail»-Regulierung gar nicht angewendet wurde. In der CS-Krise hatte am Ende niemand den Mut, eine globale Grossbank geordnet abzuwickeln. Die Verantwortlichen schreckten davor zurück, auszuprobieren, wie die Märkte und andere Länder auf die Abschottung des Schweizer Geschäfts von anderen Teilen der maroden Bank reagiert hätten. 

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Was passiert, wenn die UBS strauchelt?

Dann hat die Schweiz ein grosses Problem, es gibt keine weitere Grossbank mehr, die zur Hilfe eilen könnte. Es bliebe nur der Staat. Deshalb braucht es nun eine Verschärfung der Regulierung, die Finma muss gestärkt werden und auf globaler Ebene muss die Abwicklung einer globalen Grossbank glaubwürdig geübt werden.

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Wann kommt der PUK-Bericht?

Nicht vor Ende 2024. Um aus dem Untergang der CS die richtigen Schlüsse zu ziehen, wartet die ganze Schweiz auf den Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Die PUK hat bereits 15 Sitzungen abgehalten und dabei zahlreiche Exponenten der CS-Krise befragt. Im April will das Finanzdepartement zudem einen Bericht zur «Too big to fail»-Regulierung veröffentlichen. 

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Wie hat sich der UBS-Kurs seit der Übernahme entwickelt?

Am Tag nach der Übernahme brach der Aktienkurs der UBS zunächst stark ein, erholte sich aber noch gleichentags. Seither hat die UBS-Aktie um über 60 Prozent an Wert zugelegt. 

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Wie weit ist die Integration der CS in die UBS?

Die UBS kommt bei der Integration zügig voran. Die erste Phase, in der es um die strategischen Pläne und um die Stabilisierung der kriselnden CS ging, ist abgeschlossen. Per Ende Jahr hat die UBS die Kosten bereits um fast 4 Milliarden Franken gesenkt. Als nächster Meilenstein steht die Fusion der UBS AG und der Credit Suisse AG an. Diese soll bis Mitte Jahr erfolgen. 

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Wieso sehe ich noch überall das CS-Logo mit den Segeln?

Die Marke CS wird langfristig verschwinden. Im Moment prangt das CS-Logo mit den Segeln allerdings noch auf Filialen, Briefköpfen oder Kundenkarten – immer häufiger ergänzt um den Zusatz: «Teil des UBS-Konzerns.» Frühestens nach der Fusion der beiden Schweizer Einheiten wird das CS-Logo allmählich aus dem Schweizer Alltag verschwinden. 

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Was passiert mit den Filialen?

Die UBS hat 190 und die CS 95 Filialen, an vielen Standorten in unmittelbarer Nachbarschaft. Das heisst, zahlreiche Filialen werden schliessen, allerdings nicht zwingend die CS-Filialen. Rund 100 Filialen dürften wegfallen. 

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Was geschieht mit dem CS-Hauptsitz am Paradeplatz?

Das Gebäude am Paradeplatz 8 in Zürich bleibt im Besitz der UBS. Die Bank plant einen Finanzcampus im Herzen der Stadt, ein zentrales Element bildet dabei der ehemalige Hauptsitz der CS. 

«Ich fuhr am Paradeplatz vorbei und fragte mich, wars das jetzt wirklich?»
3:10
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Wann ändert sich etwas für CS-Kunden?

Im Moment noch nichts. Sie behalten vorerst ihre CS-Bankverbindungen. Der Wechsel der Konten auf das Banksystem der UBS könnte ab Mitte 2025 beginnen, ein aufwendiger Prozess, der erst im Folgejahr abgeschlossen sein dürfte. 

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Wieso ist die CS immer noch Namenssponsor der Super League?

Die UBS hat sämtliche Sponsoringverpflichtungen der CS bis Ende 2025 übernommen, auch den Vertrag für die Super League. Was danach geschieht, ist offen, zwingend ist eine Erneuerung nicht. Einzig den Vertrag mit der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft hat die UBS Ende letzten Jahres bis mindestens 2028 verlängert. 

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Ist die Megabank schlecht für den Wettbewerb?

Grundsätzlich verfügt die Schweiz mit den Raiffeisen- und Kantonalbanken und weiteren Finanzinstituten über genug Alternativen zur UBS. Allerdings war die CS gerade im Firmenkundengeschäft stark. Viele Firmen wollen für komplexere Geschäfte nicht alleine auf die UBS setzen oder sich von ihr die Bedingungen diktieren lassen und schauen sich auch bei ausländischen Banken nach Alternativen um. Ein Bericht der Wettbewerbskommission liegt bei der Finma, ist aber für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. 

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Wie viele Leute hat UBS in der Schweiz bereits entlassen?

Darüber schweigt die Bank. Einzig die Zahl von 3000 Arbeitsplätzen, die durch die Integration verloren gehen werden, hat die UBS kommuniziert. Doch klar ist, es wurden schon Kündigungen ausgesprochen, andere haben die Bank freiwillig verlassen oder haben sich in die Frührente verabschiedet. 

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Wie ist das Arbeitsklima in der UBS?

Angespannt. Die Luft sei draussen, die Dynamik der ersten Monate ist verpufft, ist zu hören. Für die ehemaligen CS-Mitarbeitenden geht es darum, sich innerhalb der Bank zu positionieren und an die interessanten Aufgaben zu kommen. Dabei kommen offenbar auch die Ellbogen zum Einsatz. Dem mittleren Kader droht die Überlastung, da die Führungskräfte neben dem normalen Job sich auch um die Integration der neuen Mitarbeitenden zu kümmern haben. 

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Ist die UBS zu gross für die Schweiz?

Die Angst: Die UBS ist nicht mehr zu gross, um unterzugehen. Sondern «Too big to bail», also zu gross, um gerettet zu werden. Auch wenn es eine ungenaue Messgrösse ist, so ist die Bilanzsumme der UBS mehr als doppelt so gross wie die Wirtschaftsleistung der Schweiz. Mit Ausnahme von Finnland leistet sich kein anderes Land in Europa eine so riesige Bank. 

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Braucht die Schweiz überhaupt eine Grossbank?

Nein. Zumindest aus Sicht der Privatkunden und vieler Firmenkunden ginge es auch ohne Grossbank. In der Schweiz gibt es zudem genügend andere Finanzinstitute. Etwas anders sieht es für grössere und exportorientierte Firmenkunden aus, die auf das globale Netzwerk einer Grossbank angewiesen sind. Zudem stellt sich die Frage, welche Strahlkraft der Finanzplatz noch hätte, ohne eine Bank von globaler Bedeutung.

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Wie lange bleibt Sergio Ermotti?

Sergio Ermotti (63) möchte die Integration der CS mehr oder weniger abschliessen, bevor er geht. Das ist frühestens Ende 2026 der Fall, gut möglich, dass dies auch etwas länger dauert. Wichtig ist nun, dass es Ermotti gelingt, interne Nachfolger oder Nachfolgerinnen aufzubauen, die die Bank kennen und den ganzen Prozess der Integration mitgestaltet haben. 

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