Olympiasieger unter Druck
Galmarini droht Lohnkürzung wegen Sonderklausel

Nevin Galmarini (33) muss für eine vierköpfige Familie aufkommen. Wenn die Saison ­Corona zum Opfer fällt, spürt er das direkt im Portemonnaie.
Publiziert: 02.11.2020 um 16:02 Uhr
Stefan Meier

Nevin Galmarini hat in seiner Karriere alles erlebt. Höchste Höhen wie 2018 bei ­seinen Siegen im Gesamtweltcup und bei Olympia. Und tiefste ­Tiefen. So wie letztes Jahr, als er wegen einer Rückenverletzung den ganzen Winter verpasste und kein Rennen bestritt.

Und genau jener Seuchenwinter kann jetzt auch grosse Folgen für die unmittelbare Zukunft des Bündners haben. Nach der Nullnummer beinhalten einige seiner Sponsorenverträge eine Klausel, die ihn zum Fahren zwingt. «Ich muss eine gewisse Anzahl Rennen bestreiten», erklärt der 33-Jährige. Sonst wird Galmarinis Lohn gekürzt.

Gewisser Finanzieller Druck ist da

Der Alpin-Boarder wird konkret: «Ich muss die Hälfte der Rennen fahren, die im normalen Rennkalender sind. Erreiche ich das oder mehr, dann ist gut. Wenn ich ­darunter liege, gibts bei einigen Verträgen Einbussen.»

Nevin Galmarini blickt sorgenvoll in Richtung neue Saison.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Auf 20 Prozent müsste Galmarini dann bei einigen Sponsoren verzichten. Für den Familienvater nicht ohne. «Ich bin der Ernährer in der Familie. Meine Frau arbeitet ­einen Tag in der Woche», beschreibt er. Er und seine Nadja wurden 2018 Eltern von Zwillingen. Mit Eddie und Louie wohnen sie zur Miete in einem Haus.

Ein gewisser finanzieller Druck ist also sicher da. «Man müsste schauen mit der Familie», sagt Galmarini. «Wir würden wohl schon finanziell durchkommen. Aber je nachdem, welches Ausmass das annehmen würde, würden unsere Reserven angegriffen.»

Absage der Saison würde ihn doppelt treffen

Galmarini beschreibt sich als sehr sparsam. Mit seinen grossen Erfolgen hat er auch in der Randsportart Snowboard ein Polster anhäufen können. Geld, das ­eigentlich für den Transfer in das Leben nach dem Profisport gut ­gebraucht werden könnte. Aber jammern will Galmarini nicht. «Wegen einer Saison hätte ich das Messer nicht am Hals.» Doch die Gefahr ist gross, dass er diese Saison finanzielle Abstriche wird machen müssen. Körperlich fühlt er sich zwar gut, die Rückenprobleme scheint Galmarini im Griff zu haben. Dafür bedroht heuer Corona seine Renneinsätze.

Und es spielt in Galmarinis Fall keine Rolle, ob er wegen Verletzungen nicht fahren kann oder wegen Corona. Eine Absage der Saison würde ihn also doppelt treffen. «Einerseits würden dann die Preisgelder fehlen. Andererseits hätte ich aber auch ein kleineres Basis-Einkommen.»

So oder so, stellt sich der Routinier auf alles und nichts ein. «Es liegt nicht in meiner Macht. Es wird sicher Überraschungen und Änderungen geben. Ich muss einfach gut trainieren, die richtige Einstellung haben und positiv bleiben», sagt Galmarini. «Denn irgendwann wird wohl ein Rennen sein. Und ich werde dann so etwas von bereit sein.»

Sorge um die Gesellschaft

Planmässig solls am 12. Dezember in Cortina d’Ampezzo (It) losgehen. Zehn Weltcup-Stationen in Italien, Österreich, Russland, Südkorea, Slowenien, Deutschland und der Schweiz stehen auf dem Programm.

Wenn alles abgeblasen wird? Galmarini würde sich nicht davor scheuen, anderweitig Geld zu ­verdienen. Oder sein Fernstudium voranzutreiben. Derzeit macht er seinen Master in Betriebsökonomie.

Den Olympiasieger beschäftigt neben der eigenen Situation aber noch etwas anderes im Zusammenhang mit Corona. «Am meisten Sorgen macht mir, was Corona mit unserer Gesellschaft macht. Es ist, als ob es das Volk gewissermassen spalten würde. Das macht mir manchmal schon Angst.»


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