Top-Stars Granerud, Kubacki und Lanisek über Ammann
«Er hat das Recht, noch ewig zu springen»

Simon Ammann sagt, er werde wohl «nie zurücktreten». An der WM in Planica hört man das gern. Trotz seines schwierigen Winters bringt die 41-jährige Skisprung-Legende die aktuell Besten der Welt noch immer ins Schwärmen.
Publiziert: 02.03.2023 um 14:44 Uhr
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Aktualisiert: 02.03.2023 um 16:24 Uhr
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Marco PescioReporter Sport

Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen, als Blick Anze Lanisek auf Simon Ammann anspricht. «Er ist eine Legende», sagt der slowenische Top-Springer – und macht dann eine lange Denkpause. Irgendwann hat er die Jahreszahl schliesslich beieinander. «2002 war es, als er das erste Mal Doppel-Olympiasieger wurde», meint er strahlend. Der aktuelle Gesamtweltcup-Dritte war damals knapp sechs Jahre alt. Genauso wie der gleichaltrige Halvor Egner Granerud, der bislang Beste dieses Winters, der sich ebenfalls als echter Simi-Fan outet: «Als ich in Norwegen aufwuchs, war er der grosse Star der Szene. Und jetzt sind wir zusammen auf der Tour, was ich ehrlich gesagt ziemlich cool finde.»

Die Wertschätzung, die die Skisprung-Welt Ammann entgegenbringt, ist nach wie vor riesig. Dass der 41-jährige Toggenburger längst nicht mehr um Spitzenresultate kämpft, spielt keine Rolle. Sein letztes Weltcup-Podest ist mehr als fünf Jahre her, es datiert vom Januar 2018 (Platz drei in Bad Mitterndorf). Trotzdem will jeder im Zielbereich mit dem Vierfach-Olympiachampion ein Schwätzchen halten. TV-Stationen aller Länder buhlen um ein paar Live-Minütchen mit dem Altmeister.

Auch an der Weltmeisterschaft in Planica (Sln) verblüfft Ammann mit seiner Geduld, wenn er in der langen Interview-Zone zum x-ten Mal seine Performance ausführlich analysiert, dabei kein technisches Detail auslässt – und dann auch noch einmal auf die Gretchenfrage eingeht. Die lautet: «Wie lange machen Sie noch weiter, Herr Ammann?» Die Antwort wird jedes Mal begleitet von einem Achselzucken. Der Tausendsassa, der Familie, Sport, Uni und Hausbau irgendwie unter einen Hut bringt, weiss es selber nicht. Nach seinem 28. Platz auf der kleinen Schanze in Planica meint er: «Ich werde wahrscheinlich nie zurücktreten.»

Er will doch einfach nur fliegen: Simon Ammann in seinem Element.
Foto: keystone-sda.ch
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«Ich werde es dann merken»

Wenn er über seine sportliche Zukunft nachdenkt, wird er philosophisch und sagt den Satz: «Ich werde wohl irgendwann ‹aufgehört werden›.» Heisst: Entweder von seinem Körper. Oder dann vom Verband, der ihn nicht mehr aufbietet: «Ich werde es dann merken, wenn es so weit ist.»

Noch hat Ammann zu viel Spass am Fliegen, als dass er sich tatsächlich mit dem Aufhören auseinandersetzen könnte. An der WM umso mehr, weil er nach harzigem, fast aussichtslosem Saisonstart – nach einer Sommer-Auszeit ohne Training – doch wieder eine ansprechende Form gefunden hat. Jetzt will er am Freitag auf der Grossschanze erneut angreifen.

Lanisek ist überrascht und erfreut zugleich: «Ich bin glücklich für ihn, dass er immer noch so viel Energie und Motivation aufbringen kann. Ich weiss, er hatte eine schwierige Vorbereitung, aber jetzt zeigt er wieder richtig gute Sprünge.»

In der Tat: In der Quali auf der Normalschanze gehörte Ammann aus seiner Lucke wieder zu den besten Springern. «Unglaublich», sagt Teamkollege Killian Peier. «Warum also zurücktreten?», fragt Granerud schmunzelnd, der überdies hofft, Ammann noch lange auf der Tour zu begegnen, «weil ich mit ihm ganz gut witzeln kann».

«Das Alter ist bloss eine Zahl»

Der Pole Dawid Kubacki, Zweiter im Gesamtweltcup und fünffacher Saisonsieger, versteht Ammanns Leidenschaft ebenfalls: «Er liebt diesen Sport einfach. Das Alter ist bloss eine Zahl. Er ist ein freier Mann, er hat das Recht, noch ewig zu springen.»

Ausserdem verweist Kubacki darauf, dass ein Rücktritt in diesem Falle wirklich ein harter Cut im Leben eines Skispringers bedeute. Einfach mal so auf eine Schanze gehen, läge dann nicht mehr drin – das Gefühl des Fliegens gelte es also so lange wie möglich auszukosten: «Ich bin auch ein Skispringer, der nicht mehr ganz so jung ist (32, d. Red). Und auch ich kann mir momentan überhaupt nicht vorstellen, die Skier einfach in die Ecke zu stellen und sie nicht mehr anzurühren. Das Skispringen ist im Grunde genommen mein ganzes Leben. Ich denke, bei Simon ist es ähnlich.» Damit dürfte es Kubacki auf den Punkt bringen.

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