Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Fünf Schweizer auf Söldens Jubiläums-Ski verewigt

Die Gletscherrennen in Sölden feiern das 30-Jahr-Jubiläum. Der Mann dahinter heisst Jakob Falkner. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 15.10.2023 um 19:24 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2023 um 10:01 Uhr
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Felix BingesserReporter Sport

«Die Schwabenkinder» sind eines der düsteren Kapitel in der Geschichte der Alpenländer. Bis in die 1920er-Jahre müssen jährlich bis zu 5000 Mädchen und Buben aus Tirol, aus Vorarlberg und der Schweiz von ihren Familien nach Bayern und ins Schwabenland geschickt werden. Als Knechte, Mägde und billige Arbeitskräfte. Die armen Bauernfamilien konnten ihre Kinder in der kargen Heimat nicht ernähren. 

So machen sich damals 6- bis 14-jährige Kinder zu Fuss über die Alpenpässe auf, um sich in Süddeutschland als Verdingkinder anzudienen. Schon beim beschwerlichen Marsch in Schnee und Eis kommt es zu Dramen, die das Vorstellungsvermögen übersteigen.

Auch in Sölden, der Tiroler Gemeinde im hinteren Ötztal, gibt es von der damaligen Kargheit und Armut keine Zeugnisse mehr. Aus einem der alpenländischen Armenhäuser ist eine brummende touristische Gelddruckmaschine geworden.

Am Wochenende des 28. Oktobers wird die Ski-Saison traditionell auf dem Gletscher in Söllden eröffnet.
Foto: Sven Thomann
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Der Mann hinter Söldens Erfolg

Es wird mit der ganz grossen Kelle angerührt. Die üppigen Hannibal-Inszenierungen auf dem Gletscher, das James-Bond-Museum auf 3000 Meter und der jährliche Auftakt in die Skisaison sind nur drei der unzähligen Marketinginstrumente. Die Dynamik, mit der sich die Tourismushochburg Sölden in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, ist atemberaubend. Allein die Bergbahnen setzen jährlich 70 Millionen um. Viele Gäste kommen auch aus der Schweiz.

Hinter dem Erfolg steht ein Mann, den alle im Dorf nur «Jack» nennen. Der ewige Junggeselle Jakob Falkner ist der Macher im Ort. Sein Vater Hans ist 1948 die treibende Kraft beim Bau des ersten Sessellifts im Ort. Später übernimmt sein Sohn Jakob. Der reist erst durch die Welt («Dümmer bin ich von keiner Reise zurückgekommen») und übernimmt dann das Kommando.

Vor dreissig Jahren ist es ihm ein Dorn im Auge, dass praktische alle Nationen auf dem Gletscher trainieren. Aber der internationale Skiverband FIS erlaubt Skirennen auf dem Gletscher aufgrund der Meereshöhe und der diesbezüglichen gesundheitlichen Bedenken nicht. Falkners Haltung: Wenn sie trainieren können, dann können sie auch Rennen fahren. Und damit im Oktober den Verkauf von Ski und die Buchungen von Winterferien ankurbeln.

Das Gletscher-Rennen feiert 30-jähriges Jubiläum

Der bauernschlaue Jack nimmt die Sache an die Hand, holt mit Saas-Fee und Tignes zwei weitere Austragungsorte ins Boot. Und der Weltcupauftakt auf dem Gletscher ist geboren. Von der Idee, die Rennen abwechslungsweise auszutragen, kommt man schnell weg. Die Infrastruktur in Sölden entpuppt sich als perfekt.

Jetzt feiert man Jubiläum – 30 Jahre Weltcup. Als Marketing-Gag haben die Veranstalter 30 Paar Ski mit den Bildern aller Sieger auf dem Ski produzieren lassen. Mit den zweifachen Siegern Lara Gut-Behrami und Marco Odermatt sowie Daniel Albrecht, Steve Locher und Didier Cuche sind auch die sieben Schweizer Siege darauf verewigt. Cuche ist bis heute der älteste Sieger des Gletscher-Rennens. Die Ski können auf der Webseite Söldens ersteigert werden. Der Erlös kommt der Stiftung «Wings for Life» zugute.

Jack Falkner wird beim Weltcupauftakt ebenfalls mit dabei sein. Klimaaktivisten haben in diesen Wochen die Baggerarbeiten im Gelände, die aufgrund der durch den Gletscherschwund veränderten Bedingungen nötig wurden, kritisiert. Falkner wird diesen Ärger mit einem Bier runterspülen. 

Denn er hat ihn geknackt, den Jack-Pot. Und seinem Namen alle Ehre gemacht.

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