Ärzte attackieren Schweizer Sport-Funktionäre
«Missbrauch und das Fehlen jeglichen Respektes»

Im STV-Skandal melden sich die Schweizer Sportärzte zu Wort. Sie kritisieren die Zustände in mehreren Sportarten. In der Politik wird derweil diskutiert, ob dem Verband Geld gestrichen wird.
Publiziert: 07.11.2020 um 17:02 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2021 um 16:30 Uhr
Emanuel Gisi

Die Berichte über Missbrauchs-Fälle im STV rufen auch die Schweizer Sportärzte auf den Plan. «Dieser Missbrauch und das Fehlen jeglichen Respektes zeigen leider, dass zwischen den in der Charta ausgedrückten guten Absichten und der gelebten Realität riesige Lücken bestehen», so die Mediziner German Clénin und Boris Gojanovic, die im Vorstand der Ärztegesellschaft der Sport- und Bewegungsmediziner der Schweiz (Sems), sitzen.

Die Einbindung von Gesundheitsfachpersonen im Leistungssport sei oft mangelhaft. «Viele Sportverbände nehmen ihre Verpflichtung ernst und machen ihre Sache gut.» Aber auch in anderen Sportarten sei das Trainingsumfeld mit der Ethik-Charta inkompatibel, schreiben sie in einem offenen Brief. Nun wollen die Ärzte unter anderem wissen, mit welchen Schutzmassnahmen der STV «Wohlergehen und die Wahrung der körperlichen und psychischen Integrität» seiner Sportler sicherstellen will und wer dafür verantworlich sei, dass die Ethik-Richtlinien ingehalten werden. Sie sehen nicht nur den Turnverband in der Pflicht: «Auch das Baspo und Swiss Olympic müssten ihre Führungsrolle besser wahrnehmen.»

Erklären müssen sich Baspo, Swiss Olympic und der STV auch in Bern: Am Montag werden sie voraussichtlich von der Sportkommission (WBK) des Ständerats vorgeladen, nächste Woche müssen sie bei der WBK des Nationalrats antraben. Am Dienstag steht ein Termin im VBS auf der Agenda. «Der STV muss Ordnung im Stall machen», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (39). «Die Einhaltung der Ethik-Charta liegt in seiner Verantwortung.» Es könne nicht angehen, «dass Athleten in Magglingen so behandelt werden. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Hier braucht es Tatbeweise, dass sich die Situation verbessert.»

Die Missbrauchs-Fälle im STV schlagen hohe Wellen.
Foto: Getty Images
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STV verspricht komplette Kooperation

Die Frage nach möglichen Konsequenzen beschäftigt die Parlamentarier schon jetzt. Grünen-Nationalrätin Aline Trede (37) schlug im BLICK vor, über die finanziellen Mittel zu diskutieren, die der STV erhält. SP-Mann Matthias Aebischer (53) sieht das kritisch: «Ich bin dagegen, beim Geld zu klemmen. Da trifft es die Falschen. Der STV hat 380’000 Mitglieder. Die meisten turnen in regionalen Vereinen. Es kann nicht sein, dass diese wegen wenigen fehlbaren Trainerinnen und Chefs, die das Controlling nicht im Griff haben, büssen müssen.»

Der STV verspricht komplette Kooperation. «Wenn wir eingeladen werden, werden wir selbstverständlich Auskunft geben und allfällige Fragen beantworten», so ein Sprecher.

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