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Weg vom Schlabbershirt
Wie Roger Federer zur Stil-Ikone reifte

Den eigenen Stil zu finden, ist ein Prozess. Das gilt auch für Tennis-Superstars. Wie aus einem Teenager in Baggy-Jeans und Schlabbershirt die anmutig coole Fashion-Ikone Roger Federer (41) wurde.
Publiziert: 03.10.2022 um 16:31 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2022 um 17:10 Uhr
Ein Gastbeitrag der «Schweizer Illustrierten»

Es gibt Menschen, die sind trendy. Andere suchen und finden ihren eigenen Stil. Dann gibt es Roger Federer. Existierte ein Rezept zum Ikonen-Backen, wäre das Ungreifbare die Zutat, die Patissiers von Hobbybäckern unterscheidet. Roger Federer hat durch Leistung und Können geschafft, wovon andere ihr Leben lang träumen: Er ist eine Ikone geworden. Auch wenn es um Stil geht.

So schwärmen Modeexpertinnen und Stilkritiker von seinem zeitlos klassisch-eleganten Modebewusstsein. Zu seiner Fan-Gang gehört mit Anna Wintour immerhin auch die mächtigste Frau der Modeszene. Die Chefredaktorin der amerikanischen «Vogue» kann – so die Legende – mit einem Verziehen ihrer Mundwinkel Designer-Karrieren zerstören oder in luftige Höhen katapultieren (ähnlich wie Roger Federer das mit Tennisbällen macht).

Ob die beiden sogenannten «Powerhouses» hinter verschlossenen Türen über die «Fifty Shades of schwarze Krawatten» diskutieren? Steile These: vermutlich nicht. Diese Freundschaft geht angeblich über den Kleiderschrank hinaus. Es schadet aber sicher nicht, die mächtigste Modekritikerin der Welt im engeren Freundeskreis zu wissen.

Roger Federer ist auch stiltechnisch zur Ikone geworden.
Foto: DUKAS
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Unaufgeregt und klassisch

Sein Kleidungsstil wird gern als Inbegriff des unaufgeregt klassischen Stils gefeiert, den BWL- und Jus-Studenten sich mit gut sitzenden Polohemden, Schalklassikern von Burberry und/oder einer Louis-Vuitton-Logo-Tasche quasi als zweites Nebenfach anzueignen versuchen. Doch – und das ist der wahre Zauber von Klischees – tut es dem Stilempfinden von Roger Federer (und übrigens auch dem der meisten BWL- und Jus-Studierenden) unrecht.

Treffender hat es die australische «GQ» anlässlich von Federers Wahl zum «Most Stylish Man of the Decade» 2020 formuliert. Sie beschrieb die Klamottenwahl des Tenniskönigs simpel und schlicht als «graceful cool», anmutig cool. Und anmutig cool ist cooler als cool.

Glaubt man Federer, steckt hinter seiner modischen Treffsicherheit keine analytische Meisterleistung. In einem Interview mit der britischen «GQ» sagte er 2018: «Ich habe früher einfach Turnschuhe, Jeans und ein Trainingsshirt getragen.» Mirka fand das nicht so spitze. Federer: «Sie meinte: ‹Ääähm, bist du sicher bei diesem Look?›» Mit zunehmendem Erfolg habe er mehr Zeit auf Red Carpets verbracht.

Das Federer-Magazin

Dieser Artikel ist zuerst im Federer-Magazin der «Schweizer Illustrierten» erschienen. Das Sonderheft befasst sich mit der Legende, seinen Siegen, seinem Spiel und dem Menschen Roger Federer. Es ist in allen Kiosks und als E-Paper erhältlich.

Dieser Artikel ist zuerst im Federer-Magazin der «Schweizer Illustrierten» erschienen. Das Sonderheft befasst sich mit der Legende, seinen Siegen, seinem Spiel und dem Menschen Roger Federer. Es ist in allen Kiosks und als E-Paper erhältlich.

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Auch ein Superchampion kennt Mode-Unsicherheiten

«Ich dachte, ich brauche einen Anzug und eine Krawatte.» Irgendwann habe es ihm gedämmert: «Vielleicht brauche ich verschiedene Krawatten, Anzüge und schwarze Schuhe zum Abwechseln.» Doch selbst ein Superchampion kennt modische Unsicherheiten. «Ich war früher nervös vor Red-Carpet-Auftritten und habe mir Gedanken darüber gemacht, wie ich aussehen würde», sagte er 2016 im Interview mit «Esquire».

Er habe Dinge ausprobiert, manchmal «dumm» ausgesehen und sich manchmal richtig wohlgefühlt. «Das hat sich entwickelt, weil ich in der Öffentlichkeit stehe und mich immer anständig anziehen musste.» So verstaute er die Extravaganzen in XL Anfang der Nullerjahre tief im Schrank (laut Federer habe er damals, mit etwa 17, zu grosse Klamotten à la Andre Agassi getragen, um «aufgepumpter» auszusehen) und setzte auf schmalere Silhouetten, die ihn und seine Spielerkollegen stärker, athletischer und eben auch eleganter aussehen lassen. Und näherte sich damit so langsam seinem «anmutig coolen» Signature-Look an.

Der Drei-Punkte-Plan

Letzteres ist, wie wir alle spüren, nie verkehrt. Was macht Federer also richtig? Mikroskopieren wir kurz nach einem praktisch-kompakten Drei-Punkte-Plan:

  1. Roger Federer springt nicht auf jeden Trend auf: Alle tragen zerrissene Jeans und nennen das «Used Look»? Roger Federer bleibt seiner Lieblingshose treu. Menschen adaptieren Pyjamas für den Red Carpet? Der Maestro kommt in Dior Homme. Das ist der Unterschied zwischen eigenem Stil und gutem Styling: Der Signature Style überdauert schnelle Mode-Hypes.

  2. Roger Federer wirkt bodenständig: Während uns bei anderen A-Prominenten Supreme-, Gucci- oder Louis-Vuitton-Logos in den wildesten Kombinationen die Botschaft «Wir haben übrigens mehr Geld als ihr» entgegenschreien, wirkt Roger Federer erfrischend bodenständig. Selbst wenn sein Kleiderbudget das eines durchschnittlichen Mannes weit übersteigt – er braucht keine fetten Logos und Bling-Bling-Geklirre, um zu zeigen, was er hat. Er hat es einfach.

  3. Was Federer trägt, ist tragbar: Dank Kollaborationen mit Nike, Uniqlo oder On schraubt Federer kräftig an seinem eigenen Imperium. Sein elegant verschnörkeltes «RF»-Logo ist längst ein Brand. Seine Philosophie? «Lasst uns die Strasse nicht vergessen», sagte er zur australischen «GQ». Kleidung, Accessoires oder Schuhe mit dem Federer-Siegel sollen auf dem Platz und auch daneben funktionieren. Lässig und unaufgeregt.

Ob wir dank dieses Drei-Punkte-Plans ebenso ungreifbar anmutig wie Federer werden? Vielleicht im Kleinen. Nur die wenigsten Menschen gewinnen 20 Grand-Slam- und 103 ATP-Titel und werden damit zur Ikone. Das ist übrigens per definitionem jemand, der bestimmte Werte verkörpert oder ein bestimmtes Lebensgefühl vermittelt. Bei Federer ist das die viel gelobte Ausdauer, die Zuverlässigkeit, die Bodenständigkeit, gepaart mit Eleganz und einer gewissen Leichtigkeit. Sich ein kleines Scheibchen davon per Roger-Federer-Poloshirt über den Kopf zu streifen, ist im Minimum schweizerisch. Und im Maximum der Startschuss auf dem Weg zum eigenen Stil. (Bettina Bendiner)

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