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Belinda Bencic spielt heute um ihren ersten grossen Final
Wie dieses Mädchen die Tenniswelt erobert

Schon mit drei Jahren startete das «Tennis-Projekt» Belinda Bencic. Mit 22, nach steilem Aufstieg und langem Leiden, steht sie endlich mitten in der Weltspitze. Und spielt an den WTA Finals um den Einzug ins Endspiel.
Publiziert: 02.11.2019 um 10:22 Uhr
Cécile Klotzbach

Ihr Aufstieg der letzten beiden Jahre – aus dem Tal der Tränen zum heutigen Gipfel des Glücks – wurde in letzter Zeit häufig beschrieben. Auch in China, wo sie heute (ca. 11.30 Uhr) gegen Titelverteidigerin Elina Switolina (Ukr) um den Einzug in den Final der WTA Finals spielt, käut sie wieder, wie dankbar sie ist, nach zahlreichen Verletzungen überhaupt wieder Tennis spielen zu können. Dass sie in der Zeit gespürt habe, wie sehr sie diesen Sport liebe. Wie schlimm die Ungewissheit war, ob alles je wieder gut käme.

Nun, die Gegenwart zeigt: Alles kam wieder gut. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt indes: Ein Leben ohne Tennis wäre verheerend für Belinda – sie kennt ja kaum anderes.

Eigentlich war ihr Schicksal schon mit der Geburt am 10. März 1997 besiegelt. Vater Ivan Bencic erklärt einst in der SRF-Sendung «Sportpanorama»: «Wir wurden kurz zuvor durch den ersten Grand-Slam-Sieg von Martina Hingis in Australien inspiriert.»

Belinda Bencic hat eine steile Karriere hinter sich.
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Der damaligen Swiss Miss fühlen sich die Eltern Bencic nur schon wegen der tschechoslowakischen Wurzeln verbunden. Ivan Bencic war mit seinen Eltern als Fünfjähriger 1968 in die Schweiz eingewandert, liess sich später mit seiner Frau Dana, die ebenfalls aus der Slowakei stammt, in Flawil nieder.

Ein Sport musste her für das Töchterchen – Gene verpflichten. Papa Ivan brachte es im Schweizer Eishoockey nach NLB-Einsätzen für Uzwil, Herisau, Chur, Ajoie und Genf zum NLA-Klub Olten. Belinda sollte das tun, was Hingis macht. «So begannen wir früh mit ihr Tennis zu spielen», erinnert sich Ivan.

Schon als Zweieinhalb-Jährige steht die Kleine mit dem kurzen Kinderracket auf dem Tennisplatz. Mit drei bekommt sie ihre erste Lektion bei Hingis-Mutter Melanie Molitor. Mit vier Jahren trainiert sie sporadisch in deren Akademie in Wollerau, mit sechs Jahren bereits täglich, weshalb die Familie später nach Wollerau zieht.

Als die erfahrene Tennislehrerin Molitor der Kleinen viel Talent und gar die bessere Technik als Martina bescheinigt, wird Belinda zum «Projekt». Damit Ivan Bencic nur noch Teilzeit als Versicherungsmakler arbeiten muss und mit Tochter und Familie an Turniere reisen kann, schliesst er mit seinem Eishockey-Freund Marcel Niederer einen Vertrag ab. Der erfolgreiche Geschäftsmann, der zu Belindas Manager wurde, investiert rund eine Million in ihre Karriere und begibt sich auf Sponsorensuche.

Dieser bahnt sich schnell an – als Juniorin zieht Belinda ihrer Schweizer Konkurrenz bald davon. Die Kreise ins Ausland werden grösser – unter anderem besucht sie die Nick Bollettieri-Tennisschule in Florida. Bencic gibt seine Arbeit ganz auf, reist fortan als Coach mit seiner Tochter um die Welt. Auf grossem Fuss leben die beiden nicht. Bei der Hotelwahl wird das Budget geschont, gegessen wird oft bei McDonald’s, «weil du dort wenigstens weisst, was drin ist.»

Nachdem sie die Sekundarschule Riedmatt in Wollerau abschliesst, wird Belinda 2012 Profi. Mit 15 spielt sie zum ersten Mal Fed-Cup für die Schweiz. 2013 startet sie als Weltnummer 212 ins Jahr, gewinnt die Junioren-Turniere in Roland Garros und Wimbledon. Als Nummer 1 der Juniorinnen durchbricht Belinda mit 16 die Top 100. Mit 17 steht sie bei den US Open als jüngste Spielerin seit 1997 (Hingis) in den Viertelfinals. Mit 18 ist sie erstmals die Nummer 7 der Welt.

Für alle Experten ist klar: Die neue Swiss Miss startet durch. Doch rückblickend ging alles etwas zu schnell. Die Erwartungen waren zu gross, ihr Körper rebellierte, Belinda fühlte sich «vom Universum gehasst».

Heute – im immer noch blutjungen Alter von 22 Jahren – besetzt sie wieder Rang 7 der Welt. Tendenz steigend, je nach Resultaten an diesem Wochenende. Das kleine Mädchen ist endgültig dran, die Tennis-Welt zu erobern.

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