Strafuntersuchung gegen Oberstaatsanwalt Arnold
Infantinos Super-Amigo!

Fifa-Chef Infantino und der Oberwalliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold sind dicke Freunde. Wegen dieser Nähe wird gegen den Oberwalliser Chef-Ermittler nun selbst ermittelt.
Publiziert: 11.11.2018 um 12:15 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2018 um 11:40 Uhr
Cyrill Pinto

Rinaldo Arnold (43) hält sich für einen eher mittelmäs­sigen Fussballspieler. Dennoch durfte der Oberstaatsanwalt im Sommer 2017 gegen Stars wie Maradona, Gattuso oder Del Piero antreten. Sie alle waren einer Einladung des FC Brig-Glis gefolgt, dessen Präsident Arnold ist. Für Ex-Juve-Spieler Alessandro Del Piero (44) war die Begegnung mit dem Oberwalliser Chefermittler eine schmerzhafte Erfahrung: Arnold grätschte ihn gleich mehrmals um.

Am Ende des Tages blieb dem FC Brig-Glis ein Gefühl von Weltläufigkeit – und der Stolz auf sein berühmtestes Mitglied, das die Begegnung mit den Altstars überhaupt möglich gemacht 
hatte: Fifa-Präsident Gianni Infantino (48).

Jetzt blickt die Welt auf diese Freundschaft

Rinaldo Arnold und Gianni Infan­tino haben vieles gemeinsam. Die Familienväter sind etwa gleich alt, begeisterte Fussballfans und seit ihrer Kindheit dem Briger Fussballklub verbunden. Karriere aber machten beide neben dem Spielfeld. Beide studierten Jura: Arnold wurde über einen kurzen Umweg über die Walliser Kantonsverwaltung Oberstaatsanwalt, Infantino brachte es als Funktionär bis an die Spitze des Weltfussballverbands.

Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold begleitet Diego Maradona zu seinem Einsatz in Brig. Der legendäre Spieler aus Argentinien war 2017 auf Einladung des FC Brig-Glis im Oberwallis.
Foto: AFP
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Seit die Enthüllungsplattform Football Leaks Einladungen von 
Infantino an Arnold sowie Treffen zwischen Infantino und Bundes­anwalt Michael Lauber (52) öffentlich gemacht hat, blickt die Welt auf 
diese Freundschaft, die inzwischen 
Gegenstand von Ermittlungen ist.

Arnolds Chefs reagierten diese Woche mit der Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts auf die Enthüllungen. Ein unabhängiger Ermittler soll die Vorgänge unter die Lupe nehmen und abklären, ob Arnolds Annahme von Einladungen strafbar war. Für ihn gelte die Unschuldsvermutung, betonte Generalstaatsanwalt Nicolas Dubuis, er bleibe auch im Amt.

Arnold setzt gerne sein Netzwerk ein

Arnold hatte die Treffen zwischen Infantino und Lauber mit Hilfe eines weiteren Freundes organisiert: Der Walliser André Marty (53) leitet die Medienstelle der Bundesanwaltschaft und ist in dieser Funk­tion Lauber direkt unterstellt.
Er sei mit Marty bekannt, seit dieser nach seiner Zeit als Korrespondent des Schweizer Fernsehens wieder in der Schweiz wohne, sagt Arnold auf Anfrage von SonntagsBlick. «Wir tauschen uns regelmässig aus.»

Rinaldo Arnold ist es gewohnt, sein Netzwerk einzusetzen. Die Bewerbung zum Oberstaatsanwalt hatte der damalige Präsident der Justizkommission für ihn eingefädelt, CVP-Grossrat Philipp Matthias Bregy (40). Dieser hatte wie Arnold an der Uni Bern Jura studiert.

Bregy und Arnold engagieren sich in Musik- und Fussballvereinen. Beim FC Oberwallis sassen sie sogar zusammen im Verwaltungsrat. Er habe sich «ausgezeichnet verkauft», sagte Bregy nach der Wahl Arnolds 2012 im Parlament. Ausserdem habe «sein Taktgefühl als Schlagzeuger die Justizkommission überzeugt».

Vorwurf der Befangenheit

Weniger Taktgefühl zeigte Arnold im Umgang mit ihm unterstellten Staatsanwälten. Sie zerstritten sich so sehr, dass ein Mediator eingesetzt werden musste, der im Anschluss die internen Arbeitsabläufe neu festlegen musste.

Arnold ist nicht nur intern umstritten. Mehrfach musste er sich öffentlich den Vorwurf der Befangenheit gefallen lassen. Etwa als er den Präsidenten des Konkurrenzklubs FC Visp vor Gericht brachte, weil dieser einen kroatischen Topstürmer einsetzte, der sich nur als Tourist in der Schweiz aufhielt.

Arnold, so wurde es damals 
öffentlich wahrgenommen, nutzte seine Funktion dazu, den Liga-
Rivalen juristisch ausser Gefecht zu setzen. Bezirksgericht und Kantonsgericht kamen zum Schluss, dass die Visper korrekt handelten.
Arnold verteidigt sich: «Ich könnte meinen Job nicht mehr machen, wenn ich bei jedem zweiten Verfahren in den Ausstand treten müsste.»

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Fifa-Boss: «Rinaldo ist mein Präsident»

Gianni Infantino (48) nahm seinen Kumpel Rinaldo Arnold mit zu Bundesanwalt Lauber. «Er ist ‹mein› Präsident», sagt der Fifa-Boss im Gespräch mit SonntagsBlick.
(Interview: Andreas Böni)

Fifa-Chef Infantino: «Wir wollen bei der Fifa aufräumen.»
Foto: Toto Marti

Herr Infantino, Football Leaks hat alle Ihre E-Mails zugespielt bekommen – und fand nichts Illegales. Entweder sind Sie verdammt clever oder sauber.
Gianni Infantino:
 Ich würde dann eher sagen, dass ich wohl sauber bin, sonst hätte man ja wohl etwas Illegales gefunden. Das eckt halt bei vielen Leuten an. Einige denken: Schade, hat man bei ihm nichts gefunden, keine versteckten Zahlungen und so. Aber ich kann damit leben und werde alles tun, um meine Arbeit weiterhin korrekt zu machen und den Fussball vorwärtszubringen.

Drei Mal allein im Dezember 2017 sollen Sie Charter geflogen sein. Für 47000 Euro von Zürich nach Kuwait, für 58000 Euro von Genf über Riad nach Dubai. Das hat die Ausstrahlung der alten Fifa …
Ich reise so oft wie möglich kommerziell und manchmal mit dem Charter, wenn es aufgrund von Flugverbindungen nicht anders geht oder wenn es günstiger kommt, da Mitarbeitende mit mir reisen. Heute ist bei der Fifa strikt und transparent geregelt, unter welchen Umständen Charter geflogen wird. Die Reisen in den Nahen Osten im Dezember 2017 führten in Länder, welche untereinander alle Beziehungen unterbrochen hatten. Zum ersten Mal seit dem Bruch haben sie damals eingewilligt, zusammen ein Fussballturnier zu spielen; dies war für die Friedensgespräche in der Region ein Meilenstein.

Sie haben sich mit Bundesanwalt Michael Lauber getroffen, der gegen die Fifa ermittelt. Das ist höchst umstritten.
Ich war glücklich, dass ich die Möglichkeit hatte, ihn zu treffen. Die Fifa war in viele Fälle involviert und ich fand es gut, Herrn Lauber und auch den amerikanischen Behörden helfen zu können. Wir wollen aufräumen. Offen gegenüber ihnen zu sein, gehört für mich dazu. Ich sehe wirklich nicht, was falsch daran sein soll, wenn sich der neue Fifa-Präsident den Behörden gegenüber offen äussert. Ich garantiere alle Hilfe, sie können jederzeit zu mir kommen.

Sie haben den Oberwalliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold mitgenommen. Woher kennen Sie ihn?
Rinaldo ist ein Super-Amigo (lacht), er ist ein Jugendfreund von mir aus Brig. Und dazu ist er als Präsident vom FC Brig-Glis auch «mein» Präsident.

Würden Sie ihn wieder zu Lauber mitnehmen?
Wenn man die Fifa in der Vergangenheit durchleuchtet hat, fand man Millionen, die auf komische Konten oder in komischen Deals verschwanden, die Prozesse sind teilweise bis heute hängig. Wenn man die Fifa heute durchleuchtet – oder sagen wir besser: auf illegale Weise hackt –, findet man keinen Franken, der veruntreut wurde. Sondern man findet heraus, dass die Fifa sich offiziell mit den Behörden des Landes trifft und proaktiv, freiwillig den Austausch sucht. Ich denke, dass die Fifa heute viel besser dastehen würde, wenn sie viel früher ein offenes Verhältnis und regelmässige Gespräche mit den Behörden, inklusive der Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz und im Ausland, gehabt hätte. Diese Zeit holen wir nun nach, weil wir in absoluter Legalität arbeiten und nichts zu verstecken haben.

Gegen Rinaldo Arnold ermittelt nun ein unabhängiger Staatsanwalt – auch weil er Tickets von Ihnen bekam.
Rinaldo konnte einen Kontakt herstellen, da ich vorher nie mit Herrn Lauber zu tun hatte. Wir sind heute eine offene Organisation, verstehen uns als Teil der Schweizer Gesellschaft, der Austausch mit den Behörden ist elementar und mir ein persönliches Anliegen.

Aber wie sehen Sie die Annahme der Tickets und die Untersuchung gegen Arnold?
Rinaldo ist ein Freund von mir, seit mehr als 25 Jahren, und der Präsident «meines» Fussballklubs. Dieses Amt übt er mit Leidenschaft aus. Er arbeitet hart in diesem Freiwilligenamt. Der Klub hat über 20 Mannschaften – Jugend-, Damen und Herrenmannschaften … alles Amateure – und das für eine Stadt von 13'000 Einwohnern. Ich bin stolz auf die Arbeit, die geleistet wird für Jugendliche in meiner Heimatstadt. Deshalb habe ich ihn mit Freude eingeladen als einen Jugendfreund von mir, als Vertreter der Freiwilligenarbeit im Fussball und sicherlich nicht als Staatsanwalt – in dieser Funktion hatte er zu keinem Zeitpunkt mit der Fifa oder mit mir als Fifa-Präsidenten zu tun.

Bundesanwalt Lauber hat seinen Ermittler Olivier Thormann suspendiert, es geht um Anschuldigungen im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen die Fifa. Haben Sie Kenntnis vom Fall?
Wir haben keine Informationen hierzu. Wir haben dazu weder Informationen von der Staatsanwaltschaft erhalten noch mit ihr Kontakt diesbezüglich gehabt. Wie immer schon gesagt, sind wir zu jeder Zeit bereit, zu hundert Prozent zu kooperieren. Und wir tun das auch heute – um mitzuhelfen, die Korruption im Fussball zu bekämpfen. Zur Erinnerung: Alle hängigen Verfahren stehen im Zusammenhang mit der ehemaligen Fifa-Führung. Unser Wunsch ist, dass all diejenigen, welche kriminelle Handlungen vornahmen, vom Sportgericht und Strafgericht sanktioniert werden.

Trotz der harten Kritik: Auf was sind Sie als Fifa-Präsident stolz?
Zum Beispiel auf die WM in Russland. Die WM-Vergabe von 2026, die absolut sauber und offen abgelaufen ist – nachdem alle Vergaben in der Geschichte der Fifa irgendwie unter gewissen Wolken abliefen. Und natürlich auf den Video-Schiedsrichter, der reibungslos lief.

Was müssen Sie als Fifa-Präsident in Zukunft anders machen?
Ich werde mich sicher ein wenig mehr öffnen, mehr mit Journalisten und der Öffentlichkeit reden, um uns zu erklären. Im Transfersystem müssen wir sicher Lösungen finden, dass Gelder nicht unter der Hand bezahlt werden können und keine illegalen Machenschaften möglich sind. Heute ist es nicht mehr möglich, dass Millionen und auch nicht Tausende oder Hunderte von Franken verschwinden. Heute ist alles transparent und öffentlich. Und um die Fälle der Vergangenheit kümmert sich die Justiz – zum Glück!

Sie waren am Samstag im Iran beim asiatischen Champions-League-Final zwischen Persepolis und Kashima – ein historischer Tag.
Ja, weil ich persönlich dabei sein konnte, wie zum ersten Mal seit 40 Jahren weibliche iranische Fussball-Fans ein offizielles Spiel besuchen durften. Dass über 1000 ins Stadion kamen für das wichtigste Spiel der Saison macht es noch spezieller. Das ist die wahre Macht des Fussballs. Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung und ich bin sicher, dass weitere folgen werden.

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