Traumatische Störung nach Kitz-Sturz
Gisin leidet wie ein Kriegsveteran

Vor drei Jahren stürzte Marc Gisin in Kitzbühel schwer. Eine posttraumatische Belastungsstörung raubt ihm noch heute den Schlaf.
Publiziert: 26.01.2017 um 20:09 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:48 Uhr
Marcel W. Perren

Vor zwei Wochen hat Marc Gisin die Flucht ergriffen. Weil er nicht tatenlos zusehen wollte, wie seine Rennfahrer-Kollegen auf seiner geliebten Lauberhorn-Strecke fahren, ist der lange Gisin (1,98 m) in eine Stadt gereist, wo die atemberaubenden Sprünge über den Hundschopf nicht am Stammtisch diskutiert werden. Er ist in Rom gelandet.

Rückblickend betrachtet war die Ewige Stadt für den Engelberger allerdings nicht wirklich eine Reise wert: «Ich habe mich auch dort nicht wohl gefühlt.» Im Dezember musste er die WM-Saison wegen gravierenden Erschöpfungs-Symptomen abbrechen. Damals tappten die Ärzte bezüglich der Ursache noch im Dunkeln.

In der Zwischenzeit hat der 28-Jährige aber die Diagnose. Marc leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diese Krankheit tritt als eine verzögerte psychische Reaktion auf ein extrem belastendes Ereignis auf. Also nach einer aussergewöhnlichen Bedrohung oder nach einem Vorfall katastrophenartigen Ausmasses. «Die Störung tritt häufig bei Menschen auf, die ums Überleben gekämpft haben», weiss Gisin. Oft sind es Kriegsveteranen, die an den Symptomen leiden.

Der Horrorsturz: Nach der Hausbergkante schlägt Marc Gisin 2015 mit dem Kopf extrem hart auf die Piste.
Foto: zVg
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Das Unterbewusstsein kämpft noch

Gisins «Kriegsschauplatz» war vor zwei Jahren die Kitzbüheler Hausbergkante, wo er nach einem heftigen Abflug mit einem Schädel-Hirn-Trauma und einer Gehirnblutung im Spitalbett landete. «Nach diesem Sturz hatte ich bei meiner Rückkehr auf die Ski­piste zwar nie das Gefühl, dass ich mich nicht mehr richtig überwinden kann. Aber offenbar hat mein Unterbewusstsein den schweren Sturz halt eben doch nicht so schnell vergessen, wie ich geglaubt habe.»

Deshalb leidet Marc auch jetzt noch unter Schlafstörungen. Und es fehlt die Energie und die Lust, um das Kraft- und Konditionstraining wieder aufzunehmen. «Darum komme ich mir manchmal extrem nutzlos vor, weil meinem Körper ja rein äusserlich betrachtet nichts fehlt.»

Was ist in diesem Fall die richtige Behandlungsmethode? «Ich probiere derzeit verschiedene Therapien aus.» Welche Methoden das sind, will Marc für sich behalten. Und wie lange Gisin unter der posttraumatischen Belastungsstörung leiden wird, kann auch noch niemand voraussagen.

So braucht der Abfahrts-Riese jetzt vor allem etwas – Geduld! Erst recht, wenn seine Kumpels an der WM fahren.

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