«Er stand gigantisch unter Druck»
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Blick-Perren über Daniel Yule:«Er stand gigantisch unter Druck»

«Technisch zu schlecht für die Top 30»
Kitzbühel-Sieger Yule galt einst als hoffnungsloser Fall

Daniel Yule (29) feiert nach schwierigen Wochen in Kitzbühel einen besonders emotionalen Sieg.
Publiziert: 22.01.2023 um 18:11 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2023 um 23:01 Uhr

Die wahre Geschichte von Daniel Yule und seinem Trainer Matteo Joris hätte ein Drehbuchautor aus Hollywood nicht kitschiger schreiben können. Es ist im Herbst 2012, als Joris als Coach in Diensten der Italiener anlässlich eines Gletscher-Trainings erstmals den damals 19-jährigen Yule beobachtet. Der Erfolgstrainer aus dem Aostatal schüttelt mitleidig den Kopf und spricht ein vernichtendes Urteil aus: «Dieser Yule fährt technisch so schlecht, dass der im Weltcup nie eine Chance auf eine Top-30-Platzierung haben wird.»

Drei Jahre später wird Joris von Swiss Ski als Slalom-Chef verpflichtet. Und der Italiener schafft es mit seinen genialen Trainingsmethoden, dass sich sogar der hoffnungslose Fall Yule zu einem Top-Athleten entwickelt. Zwischen dem 22. Dezember 2018 und dem 22. Dezember 2022 fährt der Walliser fünf Weltcupsiege ein.

«Ich wäre in Erklärungsnot geraten!»

Auf einen weiteren grossen Triumph deutet bis Sonntagmittag aber nicht allzu viel hin. Nach den beiden elften Rängen in Adelboden und Wengen liegt Yule auch im ersten Lauf des Hahnenkamm-Slaloms mit 85 Hundertstel Rückstand auf Leader Manuel Feller lediglich an siebter Stelle. Doch dann ist es ausgerechnet Matteo Joris, der den finalen Lauf ausstecken darf. Und der setzt die Torkombinationen auf diesem schwierigen Hang genau so, wie es sein Schützling am liebsten mag.

Daniel Yule demonstriert in Kitzbühel seine grosse Klasse!
Foto: Sven Thomann
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Die entfesselte Siegesfahrt von Daniel Yule
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Vom 7. Platz an die Spitze:Die entfesselte Siegesfahrt von Daniel Yule

Yule nutzt das in grandioser Manier aus. Top-Shots wie Frankreichs Olympiasieger Clément Noël oder Norwegens Shooting-Star Lucas Braathen verlieren eine Sekunde und mehr auf den 29-Jährigen. Und weil der einheimische Halbzeit-Frontmann Manuel Feller nach wenigen Toren einfädelt, ist der sechste Weltcupsieg von Daniel Yule Tatsache. «Dieser Sieg tut besonders gut, weil ich vor diesem Rennen besonders unter Druck stand!», sagt Yule. Warum? «Ich habe meine mässigen Ergebnisse in Adelboden und Wengen damit begründet, dass mein Ausrüster Fischer und ich bei weichen Schneeverhältnissen ein grundsätzliches Problem haben. Deshalb wäre ich in Erklärungsnot geraten, wenn ich auch auf der eisigen Unterlage in Kitzbühel nicht reüssiert hätte.»

Die spezielle Beziehung zu Ryding

Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum Yule seinen zweiten Triumph in Kitzbühel nach 2020 besonders überschwänglich feiert - mit Vorjahressieger David Ryding belegt einer seiner besten Freunde den zweiten Rang. «Als Sohn von britischen Einwanderern habe ich seit jeher einen besonderen Draht zum Engländer Ryding. Mit ihm kann ich wirklich über alles lachen. Dave hat mich im letzten Sommer auch zu seiner Hochzeit eingeladen.»

Vor der Rückkehr nach Kitzbühel hat Ryding aber noch mehr gelitten als Yule. «Weil Dave in den ersten fünf Slaloms dieses Winters nie in die Top-10 gefahren ist, hat er mir nach Wengen in einigen WhatsApp-Nachrichten angedeutet, dass er vielleicht schon bald in Ski-Rente gehen werde. Aber jetzt hat er bewiesen, dass er auch mit 36 noch richtig schnelle Schwünge auspacken kann.» Und der nächste Slalom-Knaller folgt so gleich. Am Dienstag steht vor 50'000 Zuschauern das Nachtrennen in Schladming auf dem Programm.

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