Organ-Transplantation hat William Besse das Leben gerettet
Ex-Lauberhornsieger macht mit neuer Leber Murisier schnell

Im Betreuerstab von Justin Murisier fungiert ein Mann mit einer Biografie, die neben sportlichen Höhenflügen auch persönliche Tiefschläge enthält. Sein Name: William Besse.
Publiziert: 09.11.2023 um 20:41 Uhr
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Aktualisiert: 10.11.2023 um 09:55 Uhr
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Dass sich Justin Murisier immer mehr vom Riesenslalom-Spezialisten (20 Weltcup-Top-Ten-Klassierungen) zum Weltklasse-Abfahrer (Rang 7 in Bormio) entwickelt, ist auch auf seinen prominenten Cousin William Besse zurückzuführen. Der Mann mit dem markanten Schnauz hat zwischen 1992 und 1994 vier Weltcup-Abfahrten gewonnen und ist jetzt einer der wichtigsten Ratgeber von Justin. Im letzten Jahr hätte der Walliser seinen Mentor aber beinahe verloren – Besse rang nach einer schweren Lebererkrankung mit dem Tod.

Das Drama um den mittlerweile 55-Jährigen begann bereits im Sommer 2008. «Ich habe mich damals eigentlich sehr gut gefühlt. Ich habe mir aber gedacht, dass es mit 40 an der Zeit ist, einen intensiven Medizin-Check zu absolvieren. Und dabei wurde eben eine autoimmune Lebererkrankung entdeckt», erzählt Besse.

Murisier erklärt, warum ihn die Diagnose bei seinem Cousin nicht nur schockiert, sondern auch richtig wütend gemacht hat. «Es gibt Menschen, die ein Leben lang saufen und rauchen und dennoch über 80 werden. Ich fand es deshalb besonders ungerecht, dass ausgerechnet William mit seinem seriösen Lebenswandel so jung derart schwer erkrankt ist.»

Im Januar 1994 hat William Besse seinen grössten Erfolg eingefahren.
Foto: Keystone
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«Wir mussten das Schlimmste befürchten!»

Weil Besse nie viel Alkohol konsumiert hat und auch nach seinem Rücktritt als Rennfahrer intensiv Sport betrieben hat, konnte er einige Jahre gut mit dieser Krankheit leben. Doch im vergangenen Herbst musste Murisier erkennen, dass es mit seinem Cousin dramatisch abwärtsgeht. «William war total abgemagert und seine Stimme war gebrochen. Man musste wirklich mit dem Schlimmsten rechnen.»

Doch am 12. Dezember leitete ein Anruf aus dem Spital in Genf die Wende zum Guten ein. «Mir wurde mitgeteilt, dass man das passende Spender-Organ für mich gefunden habe und dass der Transport organisiert sei, um mich zu Hause abzuholen.»

Der zweifache Familienvater betont, dass er auch in dieser Situation ausschliesslich positiv gedacht habe. «Ich hatte überhaupt keine Angst vor dieser Transplantation, weil ich den Ärzten, die mir im Vorfeld alles ganz genau erklärt haben, vertraut habe. Deshalb war für mich der Tag der Transplantation fast ein ganz normaler Tag.»

Zu starkes Immunsystem könnte die Leber abstossen

Tatsächlich ist dieser Eingriff am 13. Dezember ohne Komplikationen verlaufen. Besse ist sich bewusst, wie viel Glück er hatte: «In der Schweiz sterben pro Jahr ungefähr 150 Menschen, weil sie kein passendes Organ erhalten. Und ich weiss genau, dass ich jetzt auch nicht mehr leben würde, wenn ich keine neue Leber erhalten hätte.»

Aber wie hoch ist die Lebensqualität mit dem neuen Organ? «Ich brauche zwar noch etwas mehr Erholungszeit als früher, aber es wird immer besser. Wenn nichts dazwischen kommt, werde ich schon bald wieder zu 100 Prozent arbeiten können. Ski fahren kann ich schon jetzt wieder ohne Beschwerden.»

Um diesen Zustand zu halten, muss Besse täglich um die zehn Tabletten schlucken. Die dienen aber nicht nur zur Stärkung. «Ich muss auch Pillen nehmen, um das Immunsystem zu schwächen. Wenn mein Immunsystem zu stark wäre, bestünde die Gefahr, dass der Körper die neue Leber abstossen würde.»

Meister der Aerodynamik

Der Lauberhornsieger von 1994 verkörpert aber genügend Energie, um die Speed-Karriere von Justin Murisier zu pushen. «Dank William kann ich vor allem bezüglich der Aerodynamik grosse Fortschritte erzielen. Auf diesem Gebiet ist er ein absoluter Meister», schwärmt der Zimmerkollege von Marco Odermatt.

Besse nickt: «Ich sehe im TV immer wieder Rennfahrer, die zwar mit ihrer genialen Technik in einer Kurve viel Zeit herausholen können, aber diese Zeit sofort wieder verlieren, weil die Position der Hände nicht genug windschlüpfrigig ist. Justin besitzt die optimale Technik und den Mut für die Abfahrt. Wenn er sich bezüglich der Aerodynamik weiter entwickelt, kann er in dieser Disziplin ein ganz Grosser werden.»

Bei der letzten WM-Abfahrt lag Murisier bis zur letzten Kurve auf Bronze-Kurs, ehe er durch einen Schlag das richtige Timing und die Medaille verlor. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass Murisier dank der Inputs von Besse in diesem Winter zurückschlagen wird.

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