Österreichs Riesenslalom-Hoffnung stöhnt nach dem Training der Schweizer
«Odermatt hat es leider nicht verlernt!»

Die Vorbereitung auf den kommenden Winter ist für Marco Odermatt zwar nicht immer nach Plan verlaufen. Die Österreicher haben sieben Tage vor dem Saisonstart trotzdem richtig Schiss vor dem Innerschweizer.
Publiziert: 16.10.2022 um 09:35 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2022 um 19:19 Uhr
Marcel W. Perren

Der Gewinn der ersten grossen Kristallkugel hat sich im Winter danach schon mehrmals als Fluch erwiesen.

Paul Accola konnte nach seinem Gesamtweltcupsieg 1991/92 in der folgenden Saison keinen einzigen Podestplatz herausfahren. Und Frankreichs Superstar Alexis Pinturault ist nach seinem grossen Coup 2020/21 in der letzten Saison ohne einen Sieg geblieben. Pinturaults Trainer haben dies damit begründet, dass ihr Schützling nach dem geschichtsträchtigen Geamtweltcupsieg die nötige Spannung nicht mehr aufbauen konnte.

Auf die jüngsten Trainingsleistungen des amtierenden Gesamtweltcupsiegers Marco Odermatt trifft dies bisher nicht zu. Obschon die Vorbereitung auf den WM-Winter für den Nidwaldner nicht optimal verlaufen ist. «Ich habe relativ viele Trainingstage aufgrund des schlechten Wetters verloren», verrät der 25-Jährige. «Im August haben wir vor der Abreise ins Trainingscamp nach Chile eine ganze Woche verpasst, vorletzte Woche mussten wir ebenfalls einen kompletten Schneekurs absagen.»

Mit dem Triumph im Gesamtweltcup, dem Gewinn der kleinen Riesenslalom-Kugel, Olympia-Gold und sieben Weltcup-Einzelsiegen avancierte Marco Odermatt im letzten Winter zum Superstar.
Foto: Sven Thomann
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Machtdemonstration in Chile

Arg gedämpft war die Stimmung bei Odermatt und seinen Teamkollegen auch zu Beginn der letzten Woche auf der Diavolezza GR. Das Montagstraining musste gestrichen werden, weil über Nacht zu viel nasser Schnee gefallen war. Mittlerweile sind die Bedingungen im Engadin aber richtig gut. Und deshalb blickt der Schweizer Sportler des Jahres dem Weltcup-Opening vom kommenden Wochenende mit Zuversicht entgegen. «Die verhältnismässig wenigen Tage, an denen ich in diesem Sommer und Herbst auf Schnee trainiert habe, waren sehr gut.»

Das haben auch die Österreicher gesehen. «Ich habe Marco im Training in Chile beobachtet. Dabei musste ich erkennen, dass er das Skifahren leider nicht verlernt hat», stöhnt Stefan Brennsteiner, der beim vorletzten Riesenslalom in Kranjska Gora vier Hundertstel vor Odermatt Zweiter wurde, im Gespräch mit der österreichischen «Kronen-Zeitung».

Die spezielle Selfie-Regel

Vor seiner Machtdemonstration in Südamerika lebte der Superstar, der im letzten Winter neben der grossen Kugel auch Riesen-Gold bei Olympia und sieben Weltcup-Einzelsiege gefeiert hat, seine urchige Seite. «Als Nidwaldner habe ich mich sehr gefreut, dass erstmals seit der Pandemie die Töffli-Rallye in Ennetmoos mit rund 30'000 Zuschauern wieder durchgeführt werden konnte. Ich habe diese Veranstaltung genauso genossen wie die grandiose Stimmung am Eidgenössischen Schwingfest in Pratteln.»

Damit er an solchen Events von den Selfie-Jägern nicht komplett «abgeschossen» wird, hat Odermatt eine spezielle Regel aufgestellt. «Wenn ich abends mit Freunden ausgehe oder mit meiner Freundin ein Abendessen geniesse, stehe ich für Fotos nicht zur Verfügung.» Im selben Atemzug räumt der Blondschopf ein, dass er manchmal eine Ausnahme mache. «Wenn mich ein kleines Mädchen oder ein Bub in einem Restaurant mit glänzenden Augen um ein Selfie bittet, sage ich natürlich nicht Nein.»

Tränen wegen Roger

Zumal sich der Alpin-Gigant vor ein paar Wochen selber wie ein Kind gefreut hat, als er mit seiner Herzdame Stella beim Laver Cup in London die Abschiedsvorstellung von Roger Federer mitverfolgen durfte. «Das war wirklich eine extrem emotionale Geschichte. Und nachdem Roger seinen letzten Ball geschlagen hat, hatte auch ich wie die meisten anderen Zuschauer Tränen in den Augen.»

Wir dürfen davon ausgehen, dass Marco Odermatt in den kommenden Winter-Monaten des Öfteren Tränen vergiessen wird. Freudentränen.

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