Luca Aerni und Gilles Roulin beim Jungfernflug über die Kamelbuckel
«Wow, das isch ja huerä geil!»

Diesen Trainingstag werden Luca Aerni und Gilles Roulin in ihrem Leben nie mehr vergessen: Die beiden Youngstars sind erstmals über die berüchtigten Kamelbuckel geflogen.
Publiziert: 13.12.2017 um 16:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:48 Uhr
Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Roulin (23) hat sich im letzten Winter mit dem Gesamtsieg im Europacup einen Fixplatz für den Weltcup gesichert, während Aerni (24) bei der WM in St. Moritz in sensationeller Manier Gold in der Super-Kombination gewonnen hat.

Den nächsten Höhepunkt wollen der Zürcher und der Berner nun aber im ersten Training auf der geschichtsträchtigen «Saslong» erleben – beim Sprung über die drei Kamelbuckel wurde in der Vergangenheit schon ein Luftstand von zehn Metern gemessen. So hoch wie an keiner anderen Stelle im Weltcup.

Im Gegensatz zu Roulin will der Slalom-Spezialist Aerni hier nicht das Rennen bestreiten. Cheftrainer Tom Stauffer hat ihn für den Abfahrts-Klassiker im Südtirol aufgeboten damit er als Vorfahrer wertvolle Erfahrungen im Hinblick auf die Kombi-Abfahrt in Bormio sammeln kann. Zum Leidwesen der beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben: «Ich weiss, dass meine Mutter und meine Freundin jetzt zu Hause ziemlich Angst haben. Ihnen wäre es lieber, wenn ich bei den technischen Disziplinen bleiben würde.»

Gilles Roulin meistert die Kamelbuckel ohne Problem.
Foto: THOMANN SVEN
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Oberster Streckenabschnitt in schlechtem Zustand

Zu Beginn der Streckenbesichtigung macht sich auch bei Roulin eine gewisse Unruhe bemerkbar. «Die Piste ist bis zur Mauer in einem nicht wirklich guten Zustand», mäkelt der Mann, der neben seiner Skirennfahrer-Karriere ein Jura-Studium absolviert. Abfahrts-Weltmeister Beat Feuz, der für die Gröden-Rennen auch als FIS-Athleten-Sprecher fungiert, gibt Roulin recht: «Ich werde der Jury mitteilen, dass der oberste Streckenabschnitt in diesem Zustand nicht befahrbar ist.»

Die Worte vom Kugelblitz werden vom jüngsten Alpin-Gericht erhöht, das Training wird vom Super-G-Start aus lanciert. Bevor es soweit ist, gibt Feuz Roulin noch ein paar Tipps für den Jungfernflug über die Kamelbuckel: «Du musst diesen Sprung nicht drücken, einfach vorher ein bisschen Richtung machen.»

Dann geht’s ans Eingemachte. Aerni startet als fünfter Vorfahrer. Um 12.52 rast er auf die Buckel zu, welche schon so viele Top-Piloten abgeworfen hat. Silvan Zurbriggen hat hier 2007 durch einen fürchterlichen Abflug Totalschaden am Knie erlitten. Gleich serienweise hässliche Szenen spielten sich hier 1989 ab, als neben den Schweizern Pitsch Müller und Philipp Schuler auch die Italiener Mair, Piantanida und Perathoner sowie der Österreicher Pfaffenbichler ihr Kreuzband bei den Kamelbuckeln liegen gelassen haben.

Butterweiche Landung

Und diesmal? Aerni landet nach rund 50 Metern butterweich und schwingt im Ziel total euphorisiert ab: «Wow, das isch ja huerä Geil gsi!» Roulin kratzt mit seinem Sprung sogar die 60 Meter-Marke, bis ins Ziel verliert er aber auf die Bestzeit des Amerikaners Jared Goldberg 2.76 Sekunden. Aber auch bei ihm überwiegt erst einmal das tolle Fluggefühl: «Der Sprung ist absolut problemlos verlaufen, es war ein richtig schönes Erlebnis.»

Während Aerni nach der Rückkehr ins Teamhotel als erstes via Handy seiner verängstigten Mutter und Freundin Entwarnung durchgeben kann, büffelt Roulin fürs Studium. Im Januar muss er sich bei zwei wichtigen Prüfungen bezüglich Personen- und Sachenrecht sowie Zivil-Prozessrecht bewähren.

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