Kitz-Abfahrt brutaler denn je
Wenn das nur gut geht!

Heute wird in Kitzbühel russisches Roulette gespielt. Es hat einige Kugeln in der Trommel des Streif-Revolvers. Wenn das nur gut geht!
Publiziert: 24.01.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:50 Uhr
Von Carl Schönenberger aus Kitzbühel

Bis zu 41 Grad Gefälle, Fliehkräfte, die das Vierfache des eigenen Körpergewichts betragen. Blankes Eis und ein neu aufgebauter Zielsprung. Die Streif präsentiert sich brutaler denn je.

Renndirektor Hannes Trinkl hat die Kamikaze-Strecke in Kitz noch einmal verschärft. Warum? Selbst Riesenslalomfahrer fühlen sich berufen, in der Abfahrt zu starten, sagt Trinkl. Das kann nicht sein. «Früher waren wir Abfahrer immer die Wahnsinnigen. Inzwischen gibt es vieles, was noch wahnsinniger ist», sagt Trinkl dem «Spiegel».

Darum wird an der Spektakel-Schraube gedreht. Aus Angst, dass der Skisport an Interesse und an Marktanteilen einbüsst, legt man in Kitzbühel nochmals eine Schippe drauf. «Vielleicht ist das, was wir jetzt tun, auch leichtsinnig. Ich hoffe, dass uns Unfälle erspart bleiben», gesteht Trinkl.

Kamikaze-Streif: Speed-Überflieger Kjetil Jansrud kann im Training einen schweren Sturz nur knapp vermeiden.
Foto: EPA/Hans Klaus Techt
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Gestern wurde Marc Gisin im Super G zum Opfer. Sein Horrorsturz am Hausberg führte ihn direkt ins Spitalbett.

Was sagen die Fahrer zur brutalsten Streif aller Zeiten? «Es braucht einen Schuss Verrücktheit. Im Super G habe ich den nicht gewagt. Aber in der Abfahrt will ich es riskieren», sagt Didier Défago. Und Carlo Janka ergänzt: «An diesem Berg und so, wie sich die Streif präsentiert, kann nur gewinnen, wer eine absolute Kampflinie fährt. Aber dann kann man auch schnell weg sein.»

Der gestrige Sieger Dominik Paris siehts mit dem ihm eigenen Südtiroler Pragmatismus: «Dieser Hügel gefällt mir. Ich habe eine extreme Linie gewählt und durchgezogen. Du musst halt deine Eier raushängen!»

Natürlich stellt sich einmal mehr die Frage: Wie gross darf das Risiko zugunsten des Spektakels sein? Wo beginnt es, lebensgefährlich zu werden?

Es gibt viele Kritiker. Einer ist Wolfgang Maier, Chef im deutschen Skiverband. Er kritisiert vor allem den wiederaufgebauten Zielsprung. «Ich halte nichts von diesem Scheiss. Die Jungs gehen an die Grenzen, wir sind froh, wenn wir sie verletzungsfrei über das Jahr bekommen. Da muss ich doch keinen killen und für ein paar Promis im Tal einen Sprung über 70 Meter hinschaufeln», wettert er.

Und Trinkl, der Mann, der das Spektakel fördern will? Er werde in der Nacht vor der Abfahrt schlecht schlafen, sagt der Österreicher.

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