Keine Matterhorn-Rennen dieses Jahr
OK-Boss Julen: «Ich musste weinen»

OK-Chef Franz Julen (64) blutet das Herz. Er versteht die Absage sämtlicher Rennen am Fusse des Matterhorns, übt aber auch Kritik und setzt sich für Veränderungen ein.
Publiziert: 25.10.2022 um 14:51 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2022 um 15:08 Uhr
Mathias Germann

Es gibt nicht viel, das Franz Julen aus dem Konzept bringt. Der 64-jährige Familienvater war Ski-Servicemann, Journalist, Sportvermarkter, CEO von Völkl und Intersport und ist heute Verwaltungsrat mehrerer Unternehmen. «Aber heute nach dem FIS-Meeting, ganz ehrlich, hat es mich emotional gepackt. Ich musste kurz weinen», gibt er zu. Der Grund? Sein grosses Projekt, die länderübergreifende Abfahrt vom Fuss des Matterhorns hinunter nach Italien, fällt komplett ins Wasser.

Nachdem bereits die Männerrennen vom kommenden Wochenende abgesagt werden mussten, stellt die FIS ihre Ampeln nun auch für die Frauen-Abfahrten (5./6. November) auf Rot. «Der Entscheid ist richtig, aber hart für uns. Nicht wegen des Geldes, unsere Einnahmen sind versichert. Nein, mir tun vor allem meine vielen Mitarbeiter leid, die sich monatelang ins Zeug gelegt haben», so OK-Chef Julen.

Dann läge ein Meter Schnee

Besonders brutal ist die Absage, wenn man einen Blick auf die Bilder rund um das Zielstadion der «Grand-Becca» auf knapp 3000 Meter wirft. Nach den Schneefällen in der Nacht ist die Geröllwüste einer bezaubernden Schneelandschaft gewichen. Das Problem: Erstens fiel nur ein Hauch der weissen Pracht und zweitens liess Frau Holle zu lange auf sich warten – davor regnete es in Strömen. «Wäre es zwei Grad kälter gewesen, hätten wir dort nun einen Meter Schnee.»

In der Nacht auf Dienstag hat es auf der Weltcuppiste in Zermatt geschneit. Aber zu wenig.
Foto: keystone-sda.ch
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Dass der Konjunktiv nicht weiterhilft, ist Julen bewusst. «In neun der letzten zehn Jahren hätten wir zu diesem Zeitpunkt genügend Schnee für die Abfahrten gehabt. Diesmal hatten wir Pech, der Sommer und der Herbst waren ausserordentlich warm.»

Saisonstart künftig im November?

Was der Walliser nicht mehr hören mag, ist die Grundsatzkritik an seinem Ski-Projekt. «Wenn gesagt wird, unsere Rennen seien nicht nachhaltig, muss ich lachen. Hier wird zu zwei Dritteln auf dem Gletscher, also auf Naturschnee gefahren. Wo gibt es das sonst im Weltcup? Ich will die Klimaerwärmung nicht leugnen, bei weitem nicht. Sie ist Tatsache. Genau darum haben wir so nachhaltig wie möglich gearbeitet. Wir haben für unser Rennen beispielsweise keinen einzigen Baum gefällt und benutzen bisherige Pistenflächen – ganz im Gegensatz zu den Olympischen Spielen in Peking.»

Er habe das Gefühl, dass im Fall von Zermatt ein Exempel statuiert würde, so Julen. «Aber wir geben nicht auf, sondern ziehen unsere Lehren für das nächste Jahr», sagt er. Gut möglich, dass das Speed-Auftakt dann um eine oder zwei Wochen nach hinten versetzt wird. «Dafür setze ich mich ein. Wir werden das nun mit FIS, Swiss-Ski und dem italienischen Skiverband besprechen», kündigt Julen an. Ginge es nach ihm, würde dann aber auch der Saisonstart in Sölden nicht mehr im Oktober, sondern im November stattfinden. «So hätten wir keine Lücke im Kalender, was wichtig wäre. Dann wäre die Ski-Saison richtig lanciert.»

Sven Thomann
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