Findet Lara Gut-Behrami je wieder zu alter Stärke zurück? Seit ihrem Kreuzbandriss vor zwei Jahren gewann sie von 48 Rennen gerade mal eines. «Der Sport ist nicht mehr meine einzige Priorität», sagt sie. Tönt nicht vielversprechend. Aber sie meint auch: «Ich will wieder am Start sein und sagen: Es geht um den Sieg!»
Damit dies geschieht, stellt Gut-Behrami vieles auf den Kopf. Ihr langjähriger Fitness-Coach Patrick Flaction? Weg. Ihre Medienbetreuerin Giulia Candiago? Gehört nicht mehr zum Team. Dafür nimmt sie im Sommer an beiden Südamerika-Trainingslagern (Technik und Speed) teil. Eine Annäherung an Swiss Ski ist das nur auf den ersten Blick. Gut-Behrami pocht weiter auf ihr Privatteam, möchte vom Verband Privilegien. Gespräche laufen. Gemäss BLICK-Informationen könnte das Seilziehen noch Wochen andauern. «Wir werden eine Lösung finden», sagt Frauen-Chef Beat Tschuor.
«Lara hatte nicht den richtigen Fokus»
Am letzten Samstag wurde Gut-Behrami 28 Jahre alt. Sie will bis 33 weitermachen. Für Head-Rennchef Rainer Salzgeber ist klar, dass die Tessinerin nicht nur an ihrem Team basteln muss, sondern auch an ihrer Einstellung. «Der Riesenslalom ist die Kerndisziplin. Im letzten Sommer und Herbst hatte Lara aber nicht den richtigen Fokus, sie nahm alles zu locker», so der Österreicher. Konkret: Sie habe zu wenig Material getestet. «Ski, Bindungen, Platten, Schuhe. Die Entwicklung geht immer weiter, ist komplex. Wenn man aber neue Modelle gar nicht probiert oder nach einem Lauf sagt, sie würden nichts taugen, ist man auf dem falschen Weg.»
Die Folge davon: Gut-Behrami holte den Rückstand, den sie sich in der Vorbereitung einbrockte, im Winter nicht mehr auf. In sechs Riesenslaloms war der 14. Platz Gut-Behramis Top-Riesenslalom-Resultat. Zahlen des Horrors. «Lara dachte: ‹Wir kriegen das schon hin.› Das ist der falsche Ansatz», so Salzgeber.
Gut-Behrami braucht einen zweiten Trainer im Privatteam
Immerhin deutete die Frau aus Comano TI zuletzt an, ihre Fehler des Vorjahres nicht mehr zu wiederholen. Sie will diesmal schon früh mit dem Riesen-Training beginnen, jeden Monat auf den Schnee – auch, um zu testen. «Es hat mir gefallen, dass sie das gesagt hat», so Salzgeber.
Gleichzeitig erkennt er ein grundsätzlicheres Problem bei Gut-Behrami. Er ist überzeugt, dass sie neben ihrem Vater Pauli noch einen zweiten Trainer im Privatteam braucht. «Jemand, der ihr die Wahrheit sagt, wenn sie auf dem falschen Weg ist.» Das sei zwar nicht angenehm, aber hilfreich. Tatsächlich holte sich Gut-Behrami schon früher immer wieder Verstärkung von Aussen: Patrice Morisod, Daniel Albrecht, Didier Cuche, Max Blardone. «Aber sie waren nur punktuell dabei», so Salzgeber, «Lara braucht jemand, der sie stets begleitet.»
So wie bei Mikaela Shiffrin (24). Oder Marcel Hirscher. Auch sie haben einen Elternteil (Eileen Shiffrin und Ferdinand Hirscher) immer dabei, eine Person des Vertrauen. Aber eben auch andere Leute im Coaching-Staff. Salzgeber: «Bei Hirscher ist es Mike Pircher. Er hat eine gewisse Distanz zu Marcel. Und sagt offen seine Meinung – direkt oder via Ferdl, seinem Vater. Ich könnte mir vorstellen, dass sowas auch bei Lara super funktionieren würde. Denn etwas ist klar: Sie ist eine Ausnahmeahtletin.»
