Gibt es zukünftig Massendisqualifikationen?
Fluor-Verbot sorgt im Ski-Zirkus weiter für Unsicherheit

Das Fluor-Verbot im Ski-Zirkus sorgt für Stirnrunzeln. Die Firma Head sucht nach Antworten, Allrounderin Michelle Gisin (29) hofft auf ruhige Zeiten.
Publiziert: 03.11.2023 um 00:55 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2023 um 07:10 Uhr
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Mathias GermannReporter Sport

Der Saisonstart in Sölden sorgte neben der Piste für so viele Schlagzeilen wie nie zuvor: Norwegens Ski-Rocker Lucas Braathen (23) trat unter Tränen völlig überraschend zurück, FIS-Präsident Johan Eliasch sprach sich auf einmal für einen späteren Saisonstart aus und Klima-Aktivisten blockierten die Strasse hinauf zum Gletscher. 

Vor allem aber gab die Disqualifikation von Ragnhild Mowinckel (31, No) zu reden. Beim Fluor-Test ihrer Ski schnellten die Zahlen der FIS-Geräte nach oben – statt des erlaubten Grenzwerts von 1,8 leuchtete eine Zahl grösser als 10 auf. Wie konnte das passieren? Mowinckel war verzweifelt, weinte und auch ihre Skifirma Head konnte sich das Resultat nicht erklären – man kündigte eine genaue Analyse an.

«Die Frage ist, was gemessen wird»

Eine knappe Woche später herrscht noch immer Rätselraten. «Wir haben weiterhin keine schlüssige Antwort», gibt Head-Rennchef Rainer Salzgeber zu. Er ist nach wie vor überzeugt, dass man weder Fluorwachs noch verunreinigten Bürsten verwendet habe – schliesslich habe das Testgerät zwei Tage zuvor beim Rennski nichts Abnormales angezeigt. Mittlerweile hat Head den verwendeten Wachs nochmals genau überprüfen lassen. Auch hier das Resultat: kein Fluor. 

Ragnhild Mowinckel wurde beim Riesenslalom in Sölden disqualifiziert. Der Fluor-Wert auf ihren Ski war zu hoch.
Foto: Getty Images
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Salzgeber meint: «Die Frage ist, was gemessen wird – womöglich führen auch nicht fluorierte Produkte zu hohen Werten.» Im Fall von Mowinckel geht er zwar nicht davon aus, die Skepsis ist aber wie bei vielen im Ski-Zirkus da. Zumal die Industrie den Skifirmen Ersatzprodukte zur Verfügung stellt, die auch wasser- und schmutzabweisend, aber nicht für Umwelt und Menschen schädlich sind. 

Im Speed ist die Fluor-Wirkung grösser

Sorgen vor falsch-positiven Resultaten hat auch Michelle Gisin (29). «Die Bedenken wegen der Messmethode ist da. Es gibt so viele Gerüchte und Spekulationen – wichtig ist, dass man ruhig bleibt.» Gänzlich gelingt dies auch der Engelbergerin nicht. «Ich befürchte, dass es vor allem bei Speed-Rennen spannend wird.»

Der Hintergrund: Die Wirkung des Fluors ist in Abfahrt und Super-G entscheidender als in Technik-Bewerben, vor allem bei nassem Schnee ist der Vorteil nicht zu unterschätzen. «So lange es nicht zu Massendisqualifikationen kommt, ist das schon mal sehr viel.»

Tricksen? «Dann etwas nicht verstanden»

Salzgeber geht nicht von einem Chaos aus. Es sei auch kein Problem, ältere Ski zu verwenden – da könne man das Fluor rauswachsen. Doch was ist, wenn jemand bewusst Fluor verwenden sollte, um sich einen Vorteil zu verschaffen? Der ehemalige Spitzen-Riesenslalomfahrer winkt ab: «Wenn jemand tricksen will, hat er etwas nicht verstanden.»

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