Es ist viel zu warm! Ski-Cheftrainer schlägt Alarm
Den Schweizern schmilzt der Vorteil weg

Keine Abfahrts-Nation hat im letzten Sommer besser trainiert als die Schweiz. Doch dieser Trainings-Vorsprung droht in den nächsten Wochen zu schmelzen.
Publiziert: 19.11.2020 um 01:23 Uhr
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Aktualisiert: 20.11.2020 um 15:59 Uhr
Marcel W. Perren

Deutschlands Abfahrts-Held Thomas Dressen (26) hatte keinen besonders guten Sommer. Der Bayer, der im letzten Winter bei drei von neun Weltcup-Abfahrten triumphierte, hat die ersten Gletscherkurse wegen Knieproblemen verpasst.

Und weil die Deutschen Ende August wegen der Corona-Pandemie nicht wie geplant in den südamerikanischen Winter reisen konnten, suchten Dressen und Co oft vergebens nach der geeigneten Trainingspiste. «In Europa gibt es im Sommer nur eine geeignete Piste, um Abfahrt zu trainieren - und die liegt in Zermatt.

«Aber diese Strecke wird verständlicherweise in erster Linie von den Schweizern benutzt», sagte DSV-Abfahrtschef Andy Evers Ende Juli zu BLICK. Letztendlich durften dann zwar auch die Deutschen über die heiss begehrte Speed-Strecke am kleinen Matterhorndonnern, aber natürlich nicht so oft wie die Schweizer.

Wo bereiten sich Feuz und Co für die neue Saison vor?
Foto: Sven Thomann
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Deutsche trainieren jetzt in Colorado

Doch drei Wochen vor dem Weltcup-Speed-Auftakt in Val-d’Isère (Fr) findet keine andere Abfahrts-Equipe derart gute Trainingsbedingungen vor, wie das Team um Shooting-Star Dressen. Dank einer Einladung vom US-Verband können sich die DSV-Athleten gemeinsam mit den Amis bei hochwinterlichen Bedingungen in Copper Mountain (Colorado) vorbereiten, während unseren Ski-Genossen aufgrund von den zu milden Temperaturen die Trainingspisten buchstäblich wegschmelzen.

«Diese Woche können wir zwar noch in Davos in der Parsenn bei sehr guten Bedingungen Gleitkurven trainieren, aber für die nächsten Wochen habe ich noch keine Lösung für meine Abfahrer», gibt Cheftrainer Tom Stauffer zu.

Ursprünglich haben die Swiss Ski-Männer darauf gehofft, dass in der zweiten November-Hälfte Trainings auf der WM-Strecke in St. Moritz möglich wären. «Im Oktober hat es tatsächlich danach ausgesehen, dass unsere Piste im November trainingsbereit sei. Doch nach dem extremen Wärmeeinbruch in den letzten Wochen kann ich derzeit keine Zusage machen», verkündet der St.Moritzer Tourismus Direktor Martin Berthod.

Starker Wind auf dem Gletscher

Was tun, wenn der ersehnte Kälteeinbruch in den Alpen noch länger ausbleibt? «Natürlich gibt es immer noch die Option von Gletscher-Trainings im Wallis. Aber um diese Jahreszeit stellt auf den Gletschern in Zermatt und Saas Fee oft der Wind ein grösseres Problem dar», erklärt unser Abfahrtschef Reto Nydegger.

Der Berner Oberländer bestätigt auch, «dass wir im Oktober über ein Vorbereitungs-Camp in Kanada diskutiert haben. Aber diesen Plan haben wir nicht zuletzt begraben, weil das für uns 14. Tage in der Quarantäne zur Folge gehabt hätte.»

Was machen die Ösis?

Doch wie sieht es bei unseren Erz-Rivalen in Österreich aus, wo zu Wochenbeginn der zweite Lockdown ausgerufen wurde? Die Ösis haben in Obergurgl (Region Sölden) eine Piste entdeckt, die den hohen Ansprüchen von Kitzbühel-Sieger Vincent Kriechmayer (29) und dem zweifachen Olympiasieger Matthias Mayer (30) gerecht wird.

Aber vielleicht bleiben ja auch Feuz (33), Janka (34) und Caviezel (32) bis zum ersten Ernstkampf in diesem Winter mehr Zeit, als der Weltcup-Fahrplan derzeit vorhersagt. Fakt ist: Auch in Val-d’Isère (Fr) liegt derzeit ebenfalls kaum Schnee. Deshalb ist es gut möglich, dass die erste Abfahrt der Saison erst am 19. Dezember in Val Gardena gestartet werden kann.

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