«Das ist ein innerer Kampf – sie ist selber enttäuscht»
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Reusser erklärt Lara-Out:«Das ist ein innerer Kampf – sie ist selber enttäuscht»

Der rätselhafte Saisonschluss von Lara Gut-Behrami
«Es müssen mich nicht alle mögen»

Kurz nach dem Start des letzten Saisonrennens schwingt Lara Gut-Behrami (29) ab. Warum? Lange bleibt es unklar. Dann erklärt sich die Tessinerin.
Publiziert: 22.03.2021 um 07:59 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2021 um 14:50 Uhr
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Foto: keystone-sda.ch
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Mathias Germann

Es ist 9.03 Uhr morgens, als in der Lenzerheide Dutzende Menschen im Zielraum verwundert nach oben blicken. Einige schütteln den Kopf. Kaum einer glaubt, was er gerade gesehen hat. Was ist passiert? Rückblick. Lara Gut-Behrami (29) startet zum letzten Rennen der Saison, gibt aber nach fünf Fahrsekunden und zwei Kurven bereits auf. Sie schwingt ab, fährt ins Ziel und an allen vorbei. Sagen möchte sie in diesem Moment nichts.

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Die Folge? Ein Shitstorm auf Social Media. «Unsportlich», schreiben einige. «Eine schlechte Verliererin», meinen andere. Das sind zwei der netteren Kommentare. «Es ist an der Zeit, dass der Verband ihr unfaires und unprofessionelles Tun endlich mit einer Sperre oder Geldbusse massregelt», meint ein User. ARD-Experte Felix Neureuther sagt in seiner Analyse: «Ich habe so was noch nie gesehen. Entweder war das Arbeitsverweigerung, ein Protest oder sie hatte einfach keine Lust mehr.»

Gut-Behrami wollte lange nichts sagen

Was das ehemalige Slalom-Ass zu diesem Zeitpunkt nicht weiss: Es war nichts davon. Gut-Behrami fühlte sich einfach «müde und ausgelaugt». Das berichtet irgendwann Alpin-Direktor Walter Reusser und löscht so den ersten Durst nach Informationen. Gut-Behrami habe zunächst keine Interviews geben wollen, weil sie selbst enttäuscht war, dass sie die Spannung am letzten Renntag des Winters nicht mehr aufbringen konnte, so Reusser. Er gibt zu, dass er selbst ebenfalls erstaunt war.

«Lara hat sich seriös aufgewärmt, aber danach gemerkt, dass der Fokus nicht mehr voll da ist. Im Starthaus hatte sie ein ungutes Gefühl, das sich dann auf der Piste bestätigt hat», so Reusser. Da stellt sich die Frage: Hätte Gut-Behrami nicht besser sofort Auskunft gegeben, um Spekulationen und Wut-Kommentare im Keim zu ersticken? «Es ist in solchen Situationen nicht einfach, die richtigen Worte zu finden. Das war ein innerer Kampf, den sie ausgefochten und verloren hat. Darüber war sie selber enttäuscht», so Reusser.

«So riss ich mir mein Kreuzband»

Immerhin: Nach der Siegerehrung – Gut-Behrami wird als Gesamtweltcup-Zweite ausgezeichnet – spricht die Doppel-Weltmeisterin doch noch. Und zeigt sich reuig: «Es tut mir leid, dass ein riesiges Chaos entstanden ist und es so viele Diskussionen gab.»

Sie bestätigt Reussers Aussagen. «Ich habe es versucht, aber es ging heute nicht. Diese Piste ist schwierig. Da brauchst du Spannung, Vertrauen und Energie. Das letzte Mal, als ich es mit der Brechstange probierte, riss ich mir das Kreuzband», sagt sie in Anlehnung an ihre Knieverletzung bei der WM 2017.

Gut-Behrami betont, wie wichtig ihr die Gesundheit ist. «Ich hatte eine super Saison. Es war mir lieber, heute beim dritten Tor abzuschwingen, als beim siebten zu stürzen.»

Man merkt: Die Doppel-Weltmeisterin ist froh, dass die lange Saison vorbei ist. Dass sich einige an ihrem Verhalten stören, nimmt sie in Kauf. Schon vor ein paar Tagen sagte sie: «Ich habe meinen Weg gefunden, meine Balance. Ich weiss, wem ich vertrauen kann. Und ich habe verstanden, dass ich nicht alle mögen muss und mich nicht alle mögen müssen.»

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