Bernhard Russi, Sie sind wohl schockiert wie die ganze Skiwelt?
Bernhard Russi: Schockiert ist das falsche Wort. Ich bin traurig. Aber als Abfahrer habe ich seit fünfzig Jahren jeden Tag das beklemmende Gefühl im Hinterkopf, dass etwas Schlimmes passieren kann. Es tönt abgedroschen. Aber das Restrisiko ist in diesem Hochgeschwindigkeitssport einfach da.
Wissen Sie, an welcher Stelle Poisson gestürzt ist?
Nein, nicht genau. Es ist ja die erste Piste, die ich gebaut habe. Für die Olympischen Spiele 1988. Aber wo es genau passiert ist weiss ich nicht.
Die Sicherheitsvorkehrungen werden bemängelt. Zurecht?
Immer wenn so etwas passiert sucht man Schuldige. Es hat offenbar nur B-Netze gehabt. Aber selbst ein fest verankertes elastisches A-Netz ist keine Garantie. Wenn man in einem ungünstigen Winkel mit 100 Stundenkilometern in ein A-Netz prallt kann man auch tot sein. Und Silvano Beltrametti hat damals auch ein A-Netz nicht geholfen.
Dann war also alles in Ordnung in Kanada?
Ich kann es aus der Distanz nicht schlüssig beurteilen. Klar ist, dass die Trainings im Speedbereich immer eine Gratwanderung sind. Weil es enorm aufwändig ist, solche Strecken bereit zu stellen. Gerad vom Aspekt der Sicherheit her. Was ich einfach sage: Es gibt auch im Weltcup bei den Rennen Streckenabschnitte, die mit B-Netzen gesichert sind. Das kann sogar die bessere Lösung sein.
Als keine Vorwürfe?
Das wird jetzt alles abgeklärt. Aber immer wenn etwas Schlimmes passiert sucht reflexartig nach Sündenböcken. Da muss man einfach vorsichtig sein. Die Coaches haben auch jetzt sicher alles versucht, um möglichst viel Sicherheit zu garantieren. Und jeder Fahrer kennt das Restrisko.
Kannten Sie David Poisson?
Natürlich. Gut sogar. Es ist eine Tragödie. Ich weiss gar nicht ob ich das sagen darf. Aber Poisson hat schon viele schlimme Stürze hinter sich. Da erhöht sich natürlich das Risiko, dass es mal dramatisch endet. Aber eben: Der Abfahrtssport ist eine Gratwanderung. Das ist uns mal wieder brutal vor Augen geführt worden.