15 Jahre nach der Ermordung von Ski-Star Rey-Bellet (†33)
«Diese Wunde wird nie verheilen»

Vor 15 Jahren wurden Skirennfahrerin Corinne Rey-Bellet (†33) und ihr Bruder Alain getötet. Corinnes Mutter Verena erzählt, wie sie heute noch leidet – und was ihr hilft.
Publiziert: 29.04.2021 um 23:20 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2021 um 13:50 Uhr
Marcel W. Perren

Es ist ihr rechter Arm, der Verena Rey-Bellet ständig an den schrecklichsten Tag ihres Lebens erinnert. «Dieser Arm funktioniert nicht mehr richtig. Aber ich muss ja froh sein, dass an meinem Körper nicht viel mehr kaputt gegangen ist. Ich muss dankbar sein, dass ich überhaupt noch da bin», sagt die 75-Jährige mit zittriger Stimme.

Die gebürtige Baselbieterin schnauft tief durch und dreht das Rad der Zeit um 15 Jahre zurück: «Die Bilder dieses grausamen Angriffs auf meine Familie sind immer noch sehr präsent. Es ist einfach unverständlich, wie jemand so kaltblütig sein kann.» Mit «jemand» meint sie ihren ehemaligen Schwiegersohn Gerold Stadler. Der Privatbanker aus dem Kanton St. Gallen richtet am Abend des 30. April 2006 in Rey-Bellets Familiensitz in Les Crosets VS ein Blutbad an. Stadler erschiesst seine Frau Corinne Rey-Bellet und deren zwei Jahre jüngeren Bruder Alain. Die Schwiegermutter deckt er mit fünf Schüssen ein. Zwei Tage später erschiesst sich Stadler selber.

Das Drama um Corinne Rey-Bellet bewegte im Jahr 2006 die Schweiz. So berichtete Blick in der Ausgabe vom 2. Mai, zwei Tage nach den tödlichen Schüssen auf den Ski-Star.
Foto: Blick
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Corinne Rey-Bellet hat als Speed-Spezialistin fünf Weltcupsiege eingefahren. 2003 durfte sich die Walliserin bei der WM in St-Moritz über Abfahrts-Silber freuen.
Foto: Blicksport
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Sohn Kevin steht oft auf den Freestyle-Ski

Verena Rey-Bellet kämpft sich danach erstaunlich schnell zurück ins Leben. Sie will sich gemeinsam mit ihrem Mann Adrien um Enkel Kevin kümmern, der jetzt Vollwaise ist. Doch die Behörden haben einen anderen Plan – Ende 2006 wird Kevin in eine Pflegefamilie verpflanzt. «Daran ist mein Mann zerbrochen», seufzt Madame Rey-Bellet. «Er hat es nach dem Familiendrama als seine Aufgabe gesehen, für Kevin da zu sein. Aber als ihm diese Aufgabe entzogen wurde, hat ihn auch sein Lebensmut verlassen.» Adrien Rey-Bellet stirbt 2012 mit gebrochenem Herzen.

Dafür darf die Witwe nun wieder regelmässig Zeit mit ihrem Grosskind verbringen. «Kevin besucht ein Internat. Als seine Schule durch den coronabedingten Lockdown im letzten Frühling für ein paar Monate geschlossen wurde, hat er viel Zeit in meinem Haus verbracht.» Die Oma ist stolz auf die Entwicklung des leidgeprüften Kevin. «Er wird in diesem Jahr 18 und ist zu einer gestandenen Persönlichkeit gereift. Er fährt auch gerne und sehr gut Ski, ganz besonders im Freestyle-Bereich. Wettkämpfe bestreitet er aber nicht.»

Begegnungen mit den Eltern des Mörders

Durch Kevin kommt es natürlich auch immer wieder zu Begegnungen von Verena Rey-Bellet und den Angehörigen des Mörders. «Ich habe Stadlers Eltern beispielsweise an Kevins Erstkommunion gesehen. Mit ihnen will ich aber nicht am selben Tisch sitzen. Zu ihnen sage ich Grüezi und Adieu – mehr nicht.»

Gleichzeitig begrüsst sie es, dass Kevin den Kontakt zur Familie seines Onkels, also zum Bruder von Gerold Stadler, pflegt. «Er und seine Frau waren auch zu uns immer sehr loyal und nett. Und wenn wir Grosseltern eines Tages nicht mehr da sind, werden der Onkel, die Tante und die Cousinen seine einzigen nahen Verwandten sein. Auch deshalb finde ich es gut, dass Kevin mit ihnen in Kontakt bleibt.»

«Ich habe gelernt, damit zu leben»

Verena Rey-Bellet wird immer wieder gefragt, wie gross ihre Wunden 15 Jahre nach diesem brutalen Einschnitt in ihr Leben noch sind. «Verheilen werden diese Wunden nie, aber ich habe gelernt, damit zu leben. Meine Trauer köchelt wie in einem Topf vor sich hin. Damit sie nicht explodiert, muss ich halt zwischendurch den Deckel dieses Kochtopfs hochheben.» Um auf andere Gedanken zu kommen, liest diese besonders starke Frau viele Bücher.

Am Freitagabend wird sie ihren ermordeten Kindern aber wieder besonders nahe sein. Um 17 Uhr wird Verena Rey-Bellet in Val-d'Illiez in der Kirche die Messe besuchen, wo ihre Corinne und ihr Alain am 5. Mai 2006 zu Grabe getragen wurden.

Der Mord an Corinne Rey-Bellet

Das Familiendrama um Corinne Rey-Bellet bewegte vor 15 Jahren die Schweiz. Am 30. April 2006 brachte Gerold Stadler (34) nach einem Besuchswochenende in der Ostschweiz Söhnchen Kevin (2) wieder zu seiner von ihm getrennten Frau, Skistar Corinne Rey-Bellet (33), ins Wallis zurück. Nachdem die Eltern Kevin im ersten Stock des Chalets in Les Crosets VS ins Bett gebracht haben, will Stadler die ganze Familie Rey-Bellet sehen. Dann schiesst er auf Corinne, ihren Bruder Alain (32) und Mutter Verena (61). Die Geschwister sind sofort tot. Die Mutter wird schwer verletzt. Vater Adrien (72) entgeht den Schüssen nur, weil er kurz aus dem Haus gegangen ist. Stadler flüchtet nach einer Verfolgungsjagd in die Region von Villars VD. Drei Tage später wird er nach einer Grossfahndung tot im Wald aufgefunden. Er hat sich selbst gerichtet.

Das Familiendrama um Corinne Rey-Bellet bewegte vor 15 Jahren die Schweiz. Am 30. April 2006 brachte Gerold Stadler (34) nach einem Besuchswochenende in der Ostschweiz Söhnchen Kevin (2) wieder zu seiner von ihm getrennten Frau, Skistar Corinne Rey-Bellet (33), ins Wallis zurück. Nachdem die Eltern Kevin im ersten Stock des Chalets in Les Crosets VS ins Bett gebracht haben, will Stadler die ganze Familie Rey-Bellet sehen. Dann schiesst er auf Corinne, ihren Bruder Alain (32) und Mutter Verena (61). Die Geschwister sind sofort tot. Die Mutter wird schwer verletzt. Vater Adrien (72) entgeht den Schüssen nur, weil er kurz aus dem Haus gegangen ist. Stadler flüchtet nach einer Verfolgungsjagd in die Region von Villars VD. Drei Tage später wird er nach einer Grossfahndung tot im Wald aufgefunden. Er hat sich selbst gerichtet.

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