Schwinger-Legende Andreas Werren
Er hat Stucki mit einer Hand besiegt!

Er war kein Riese (182 cm, 87 Kilo) und hatte einen «Stummel». Dennoch bodigte Andreas Werren den grossen Chrigu Stucki.
Publiziert: 26.08.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 05:45 Uhr
Marcel W. Perren (Text) und Christian Pfander (Fotos)

Die Kulisse auf dem Waldhubel oberhalb Mamishus erinnert an einen Gotthelf-Film. Prächtig holzige Bauernhäuser, die in den sanften Hügellandschaften vom Gürbetal umgeben von saftigen Wiesen stehen. Hier oben betreibt ein Mann einen Bauernhof mit zehn Kühen und zwei Pferden, der bis im Jahr 2001 eine wahre und wahr­haftig filmreife Schwinger-­Geschichte geschrieben hat – Andreas «Res» Werren.

Das Ungewöhnliche an diesem Mann: Res ist lediglich mit einem gesunden Arm auf die Welt gekommen. Links hatte er lediglich einen «Stummel».

An Selbstvertrauen mangelte es Werren nie

An Selbstvertrauen mangelte es Werren aber trotz dieser Behinderung nie. «Meine Mutter wollte immer, dass ich in der Schule eine Plastik-Hand trage, damit es besser aussieht. Ich habe diese künstliche Hand zwar in den Schulsack gesteckt, aber nie getragen. Stattdessen habe ich mit meinem Stummel die Mitschüler beim Schwingen im Sandkasten herausgefordert.»

Werren präsentiert einen Teil seiner gewonnenen Preise.
Foto: Christian Pfander
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Das Feuer für den Schwingport fing Res von seinem Götti. «Der war ein Riesen-Fan von Schwingerkönig David Roschi und hat mich oft an Schwingfeste mitgenommen. Ich wollte selber in den Schwingklub, aber mein Vater hat es mir verboten. Er hielt es für unmöglich, dass man mit nur einem Arm schwingen kann.»

Mit 14 Jahren beweist er das Gegenteil

Doch mit 14  Jahren beweist der Junior dem Waldhubel-Bauer erstmals das Gegenteil. Andreas startet trotz des ­väterlichen Verbots beim Buebeschwinget Albligen und holt mit dem fünften Rang ein Diplom.

Ab diesem Zeitpunkt glaubt auch sein Papa an das «böse» Talent von seinem Sohn und meldet ihn offiziell im Schwingklub an. 1991 gewinnt Res am Schwarzsee seinen ersten Kranz und qualifiziert sich später für die Eid­genössischen 1992, 1995 und 1996. 

In dieser Zeit trainiert der gelernte Briefträger viel mit dem vierfachen Eidgenossen Roger Brügger, der kürzlich das Buch mit dem ­Titel «Weder Churz no Lätz» geschrieben hat. Brügger erklärt, wie Werren mit seinem Handicap seine Gegner packte: «Res hat mit der rechten Hand am Gurt seines Wider­sachers Griff gefasst. Mit seinem linken Stummel versuchte er, so weit wie möglich unter die Zwilchhose vom Kontrahenten zu kommen.»

Stucki zollt Werren den höchsten Respekt

Am Berner Kantonalen 2000 in Aeschi gelingt Werren auf diese Weise ein besonderer Wurf – er besiegt Christian ­Stucki.

Roger Brügger erinnert sich: «Chrigu war zu diesem Zeitpunkt zwar erst fünfzehneinhalbjährig, er war aber schon damals über 190 cm gross und mehr als 100 Kilo schwer.» Stucki zollt Werren den höchsten Respekt: «Ich verneige mich vor der Leistung, die Res mit seiner Behinderung erbracht hat.»

2001 tritt Res Werren nach dem Gewinn von seinem siebten Kranz zurück, heiratet seine Isabella, mit der er vier ­gesunde Kinder auf die Welt stellt. Sein Wunsch vor dem ­Eidgenössischen in Estavayer: «Ich würde mich riesig freuen, wenn der Stucki Chrigu König werden würde.» 

Dann ginge Werren als einarmiger Schwingerkönig-Besieger in die Geschichte ein.

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