Kommt jetzt der Zwilchhosen-VAR?
Kampfrichter klauen Wicki den Sieg

Der überragende Florian Gnägi und eine höchst fragwürdige Entscheidung gegen Joel Wicki prägen den jüngsten Schwarzsee-Schwinget.
Publiziert: 19.06.2022 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2022 um 20:00 Uhr
Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Die ersten Bergkranzfeste dieser Saison werden von eklatanten Fehlentscheidungen vom Einteilung- und Kampfgericht überschattet. Am vorletzten Sonntag gehörte Berns Shooting-Star Michael Ledermann auf dem Stoos zu den Leitragenden. Der 21-Jährige musste bei seinem Gastspiel in der Innerschweiz als sogenannter Nichteidgenosse gegen fünf eidgenössische Kranzschwinger antreten.

Sieben Tage später ist es der Triumphator vom Berner Mittelländischen, der am Schwarzsee im Duell mit dem stärksten Innerschweizer die Kampfrichter auf seiner Seite hat. Die Rede ist von Ledermanns erstem Gang gegen Joel Wicki (25). Obwohl der Luzerner nach seiner an der Trennscheibe erlittenen Schnittverletzung noch fünf Heftklammern im Handteller hat, wirft er den zweifachen Kranzfestsieger in unwiderstehlicher Manier ins Sägemehl.

Jubel bei Florian Gnägi: Der Berner siegt am Schwarsee.
Foto: Sven Thomann
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Der unsichere Platz-Kamprichter sucht den Blickkontakt mit seinen beiden Kollegen am Platzrand. Die Herren am Kampfrichtertisch winken ab – in ihren Augen war Ledermann nicht wie vom Reglement gefordert, mit zwei Dritteln der Schulterpartie im Sägemehl.

Joel Wicki setzt im Anschwingen am Schwarzsee nach rund vier Minuten gegen Michael Ledermann zum Plattwurf an.
Foto: Sven Thomann
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Mit dieser Meinung stehen die «Schiris» ziemlich alleine da, zumal auch die Bilder vom Blick-Fotograf eine ganz andere Sprache sprechen. «Von mir aus gesehen hat Joel in dieser Situation gewonnen. Aber selbstverständlich akzeptieren wir es, wenn das Kampfgericht anders urteilt», kommentiert Wickis Trainer Dany Hüsler sportlich fair.

Kommt bald der Zwilchhosen-VAR?

Die Verantwortlichen vom Eidgenössischen Schwingerverband wollen sich öffentlich nicht zu dieser Szene äussern. Aus der ESV-Zentrale sickert aber durch, dass es hohe Funktionäre gibt, die in Zukunft bei Bergkranzfesten und bei eidgenössischen Wettkämpfen wie im Fussball auf die Unterstützung eines Video-Schiedsrichters zurückgreifen möchten.

Stellt sich die Frage, ob Joel Wicki am Schwarzsee gewonnen hätte, wenn bereits gestern ein «Zwilchhosen-VAR» im Einsatz gewesen wäre? Fakt ist: Nach dem umstrittenen Ledermann-Gang wirbelt der Entlebucher den 2-Meter-Mann Severin Schwander sowie den zweifachen Brünig-Sieger Bernhard Kämpf wie Schulbuben durch die Luft. Gegen Curdin Orlik und Kilchberg-Sieger Fabian Staudenmann muss sich der Schlussgang-Teilnehmer vom letzten Eidgenössischen aber mit «Gestellten» begnügen.

Gnägis Meisterstück

Absolut makellos ist dafür die Leistung von Florian Gnägi. Der 34-jährige Berner Seeländer bodigt mit dem Zuger Marcel Bieri, dem Freiburger Lario Kramer und seinem BKSV-Kollegen Curdin Orlik (im Schlussgang) drei Eidgenossen und sichert sich somit den 11 Kranzfestsieg und den 105 Kranz. In dieser Verfassung dürfte der 125 Kilo-Brocken auch am Eidgenössischen Ende August in Pratteln eine gewichtige Rolle spielen.

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