Samir Leuppi: Auf dem Platz ein Böser, als Polizist nicht
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«Helfen, wo wir können»:Samir Leuppi: Auf dem Platz ein Böser, als Polizist nicht

Auf Streife mit einem Bösen
«Polizist? Ein absoluter Traumjob»

Im Sägemehl gehört er zu den Bösen. Im Job hingegen müssen sich die Bösen vor ihm fürchten. Samir Leuppi lebt als Polizist seinen Traumjob. Auch wenn sich das nur schwer mit dem Schwingen vereinbaren lässt.
Publiziert: 12.08.2023 um 19:57 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2023 um 09:50 Uhr

Schwinger Samir Leuppi (30) ist mit seinen 140 Kilogramm auf 195 Zentimeter Körpergrösse verteilt im Sägemehl ein imposanter Kerl. Schlüpft er allerdings in seine Arbeitsuniform, sieht die Sache noch mal ganz anders aus. Handschellen, Schlagstock und Dienstwaffe gehören hier dazu. Denn Leuppi arbeitet als angehender Polizist bei der Transportpolizei der SBB. Doch so sehr er mit seiner Postur auch einschüchtern kann: Leuppi ist nicht der Typ, der mit seiner Uniform beeindrucken will. Im Gegenteil. Im Gespräch lacht er oft, hört genau zu, gibt überlegte Antworten.

«Ich war keiner dieser Buben, die unbedingt mal Polizist werden wollten», erzählt Leuppi, in voller Montur, bei einem Treffen am Bahnhof Winterthur. Hauptsächlich ist er im und um den Hauptbahnhof Zürich im Einsatz. Bei einem Fussballspiel beispielsweise kann der Einsatzort aber auch mal variieren. Die einzige Konstante: Ein Bahnhof ist nie weit weg. «Lokführer war aber auch kein Bubentraum von mir. Ich habe ganz typisch für einen Schwinger erst eine Lehre als Zimmermann gemacht.» Doch der 51-fache Kranzgewinner blieb nicht lange unter den Hölzigen und wechselte schon bald zum Sicherheitsdienst der SBB und dann in die Videozentrale der Transportpolizei, bis er vor zwei Jahren die Ausbildung zum Polizisten begann.

Freudentränen nach Polizeieinsatz

Die Rolle des Polizisten passt zum 51-fachen Kranzgewinner. Nicht nur wegen seiner Masse. «Ich würde tatsächlich sagen, es ist mein Traumjob. Etwas, was ich bis zur Pensionierung machen könnte. Ich mag es fair und gesittet. Im Job wie im Sport. Und ich schätze den Umgang mit Menschen, ich bin gerne um Leute herum.» Dass es ihn nicht zur Stadtpolizei, sondern zur Transportpolizei gezogen hat, erklärt er sich so: «Am Bahnhof kommt alles zusammen. Alle Schichten steigen in den gleichen Zug ein und müssen miteinander auskommen. Es ist eigentlich eindrücklich, wie gut das funktioniert. Und wenns mal Reibungen gibt, suchen wir den Dialog. Im Ernstfall müssen wir aber auch durchgreifen. Dabei handeln wir mit Augenmass.»

Gar nicht so ein Böser: Samir Leuppi am Bahnhof Winterthur.
Foto: Sven Thomann
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Und es kommt auch vor, dass Leuppi im Dienst tatsächlich in die Heldenrolle schlüpfen kann – vor allem für die kleinsten Passagiere. «Es ist schon mehr als einmal vorgekommen, dass ein Kind ganz alleine in einen Zug eingestiegen ist, während die Eltern noch ein Ticket gelöst haben. Und der Zug dann mitsamt Kind natürlich losgefahren ist.» Auch einen Hund, der seinem Herrchen ausgebüxt war und munter mit der S-Bahn durch die Gegend fuhr, konnte Leuppi schon einem aufgewühlten Besitzer zurückbringen. Freudentränen und Happy End inklusive. Es kommt auch immer wieder vor, dass er bei der Arbeit erkannt wird. Kinder fragen den Koloss ab und zu, ob sie mit ihm ein Foto machen dürfen. «So viel Zeit darf während der Arbeit drinliegen», sagt Leuppi dazu schmunzelnd.

Es wird auch mal laut

Doch zur Arbeit des Schwingers gehören auch weniger schöne Geschichten. Er begegnet oft Menschen, die vom Schicksal gezeichnet sind. «Wir sehen viele Leute, die es im Leben nicht einfach haben und Hilfe brauchen.» Diese Schere in der Gesellschaft bringt den angehenden Polizisten oft zum Nachdenken. «Da frage ich mich – was können wir in der Schweiz tun, damit es diesen Leuten besser geht?»

Doch der Winterthurer zieht auch aus schwierigen Situationen Positives. «Manchmal verstehen die Leute nicht, warum sie sich an gewisse Regeln halten müssen. Da kann eine Diskussion schon mal etwas hitziger beginnen. Aber das coole am Job ist es, wenn aus diesen aufgeladenen Situationen dann ein Gespräch auf Augenhöhe wird.»

Sonntagsdienste sind so eine Sache

Doch einen Haken bringt der Traumjob mit sich. Die unregelmässigen Arbeitszeiten eines Polizisten lassen sich nur schwer mit dem Trainingsplan eines Spitzenschwingers vereinbaren. «Ich werde von meinen Vorgesetzten zwar sehr unterstützt. Aber einfach ist es trotzdem nicht.» Die Schwingtrainings im Klub finden nun mal am Abend statt und die Feste am Sonntag. Die Wochenenden, die er im Sommer im Dienst fehlt, versucht er im Winter wiedergutzumachen.

Im August muss Samir Leuppi nun als Schwinger, wie auch als Polizist, nochmals richtig Gas geben. Wegen einer hartnäckigen Verletzung bestritt er seit Mitte Mai kein Kranzfest mehr. Nach dieser langen Pause gibt er am Sonntag am Schaffhauser Kantonalen sein Comback. Am 27. August folgt das Unspunnen-Schwinget. Hier muss Leuppi beweisen, dass seine Nomination bei den Nordostschweizern trotz seiner wenigen Einsätze in dieser Saison gerechtfertigt ist. Und nebenbei bereitet sich der angehende Polizist auf die letzte Prüfung seiner Ausbildung vor, die gerade mal eine Woche nach dem Saisonhöhepunkt stattfindet.

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