Wegen Corona kaum Doping-Kontrollen
Küng glaubt nicht an Doping-Exzesse im Radsport

Wer will, kann praktisch ungehindert dopen. Doch wie viele tun es? Für Rad-Profi Stefan Küng (26) ist es eine ethische Frage. Er hat wenig Bedenken – andere dagegen schon.
Publiziert: 03.05.2020 um 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2020 um 13:35 Uhr
Mathias Germann

Wann kehrt der Radsport zur Normalität zurück? Am kommenden Dienstag will der Weltverband UCI den neuen Kalender bekannt geben. Sicher ist: Bis zum 1. August finden keine Wettkämpfe statt. Bereits terminiert ist der Start zur Tour de France (29. August). Bis dahin scharren die Fahrer zuhause weiterhin mit den Hufen. Einer von ihnen, der Franzose Nans Peters (26), spricht dabei in einem Blog ein heikles Thema an. Doping. Wegen der Corona-Krise sind die Kontrollen seit Ende März beinahe eingestellt. «Haben Betrüger im Moment freie Hand?», fragt Peters. Er meinte es rhetorisch. Es sei, wie wenn jemand sagen würde: «Willst du betrügen? Dann tu es! Es ist die richtige Zeit. Mach was du willst, nimm was du willst, trainiere wie verrückt.»

Top-Fahrer haben Bedenken

Peters ist nicht der Einzige, dem das Thema Doping während der Corona-Krise zu denken gibt. «Es ist eine Ewigkeit her, seit ich letztmals kontrolliert wurde», meint der letztjährige Tour-Bergkönig Romain Bardet (29, Fr) in «Le Monde». Ähnlich äussert sich Tom Dumoulin (29), der holländische Giro-Sieger von 2017. Und dann ist da noch Thibaut Pinot (30), wie Dumoulin einer der besten Rundfahrt-Spezialisten überhaupt. Er klagt gegenüber «L’Equipe»: «Ich denke, dass jetzt einige versuchen werden zu mogeln.»

Einer von Pinots wichtigsten Teamkollegen bei Groupama-FDJ ist der Thurgauer Stefan Küng (26). Er sieht die Sache differenziert. «Nur weil du nicht kontrolliert wirst, heisst das nicht, dass du plötzlich anfängst zu betrügen. Für 99 Prozent der Athleten ändert sich gar nichts», so Küng zu BLICK. Doch was ist mit dem letzten Prozent? «Diese Fahrer haben oder hätten sowieso früher oder später eine andere Abzweigung genommen. Genau für solche Personen gab und wird es Kontrollen geben.»

Bietet der Lockdown die Chance, sich ungehindert zu dopen? Der Thurgauer Stefan Küng glaubt nicht daran. Doch es gibt welche, die Probleme sehen...
Foto: BENJAMIN SOLAND
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«Ganz verschwinden wird es nicht»

Der WM-Dritte von 2019 ist überzeugt, dass im Radsport längst ein Mentalitätswandel stattgefunden habe. «Ich lege nicht für alle die Hand ins Feuer. Aber die grosse Mehrheit denkt nie an Doping. Es geht darum, wie man auf natürlichem Weg besser werden kann.» Davon ist auch Peters überzeugt. «Es gibt zum Glück viel weniger Doping als zwischen 1995 und 2005. Aber ganz verschwinden wird es nicht.»

Die Hoffnung ist berechtigt, dass es durch die Entspannung der Corona-Krise bald wieder Kontrollen gibt. «Die Budgets der Agenturen wurden nicht kleiner und ich kann mir vorstellen, dass die Tests noch engmaschiger werden, sobald sie wieder möglich sind», so Küng. Er selbst wurde letztmals im März kontrolliert, also noch vor dem Lockdown. Für ihn ist klar: «Wer dopt, schläft nicht gut – egal, wann er es tut.»

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