Stefan Küng blickt vor seinem 6. Paris–Roubaix zurück
«Ganz ehrlich – es war ein Schock»

Stefan Küng (27) ist zurück in der «Hölle des Nordens». Er liebt das Rennen, obwohl ihn einst ein Auto überrollte und er sich bei einem Sturz den Kiefer brach.
Publiziert: 03.10.2021 um 00:24 Uhr
Mathias Germann

Dreck, Staub, Pavés, Drama: Das vermissen Millionen Rad-Fans seit zweieinhalb Jahren. Doch nun erwacht Paris–Roubaix, die «Hölle des Nordens», aus ihrem Dornröschenschlaf. 903 Tage nach der letzten Austragung findet der Klassiker über 257,7 Kilometer – 55 davon führen über Kopfsteinpflaster – wieder statt.

Mittendrin ist Stefan Küng (27). Der Thurgauer fühlt sich trotz der langen Saison bereit. Er freut sich sogar auf das Rennen – im Wissen, wie brutal es ist. «Es ist die härteste Prüfung für einen Rad-Profi. Aber wenn alles gut kommt und die Glücksfee auf meiner Seite ist, bin ich zuversichtlich.»

Fünf Starts und viele Geschichten

Tatsächlich hatte Küng längst nicht immer Glück bei diesem Rad-Monument, das normalerweise im Frühling stattfindet – wegen Corona zuletzt aber 2020 abgesagt und 2021 in den Herbst verschoben wurde.

Stefan Küng (rechts) ist bereit für die «Hölle des Nordens». Bei Paris–Roubaix erlebte er schon Dramen, aber auch schöne Momente.
Foto: freshfocus
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Rückblick: 2015 startet er erstmals bei Paris–Roubaix, er ist noch grün hinter den Ohren, zahlt Lehrgeld und wird 63. «Mein erstes World-Tour-Rennen überhaupt. Und ganz ehrlich – es war ein Schock.» Vor allem die ständigen Kämpfe um Positionen setzen ihm zu. «Das hatte ich mir nicht so krass vorgestellt», erinnert er sich.

Vier weitere Male reist Küng für den Pavé-Grosskampf nach Paris. 2016 fährt er als 41. über die Ziellinie. Ein Jahr später wird er nach einem Sturz von einem Teamfahrzeug überrollt. Der Arm ist gequetscht, «aber zum Glück lag er ausgestreckt und flach am Boden.» Küng gibt auf, freut sich aber diebisch darüber, dass sein Teamkollege Greg van Avermaet (Be, 36) gewinnt. «Dass ich ihm auf dem Weg zum Sieg helfen konnte, war ein Highlight.»

Top 10 als Ziel, aber ...

2018 folgt dagegen der Tiefpunkt. Küng knallt noch vor dem ersten Pflasterstein-Sektor mit dem Gesicht auf den Asphalt. Die Diagnose: Kieferbruch. Nach der Operation kann er nur noch Flüssignahrung zu sich nehmen. «Eine ganz schlechte Erinnerung», sagt er. 2019 gelingt ihm dafür sein bestes Resultat, in einer Verfolgergruppe sprintet Küng auf Rang 11.

Und heute? «Ich fühle mich besser als damals. Mein Ziel sind die Top 10. Aber eigentlich ist alles möglich.» Küng weiss dies nur allzu gut.

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