Nach Depressionen, Schmerzen und Tränen
«Kanonenkugel» Cavendish feiert Rad-Auferstehung

In der Türkei lässt es Mark Cavendish (35) richtig krachen: Drei Sprints, drei Siege. Der Brite hat eine bewegte Geschichte hinter sich.
Publiziert: 14.04.2021 um 18:38 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2021 um 14:13 Uhr
Mathias Germann

Zuerst wurde er bewundert. Dann gefeiert, gefürchtet und schliesslich bemitleidet. Mark Cavendish (35) hat eine Karriere mit vielen Sternstunden und schmerzhaften Tiefpunkten hinter sich. «Das war wohl mein letztes Rennen», stammelte der Brite im letzten Oktober unter Tränen in ein Mikrofon. Hatte «The Cannonball» (Kanonenkugel) etwa sein Pulver verschossen?

Von wegen! Nach drei Jahren ohne einen einzigen Sieg ist das Kraftpaket von der Isle of Man zurück. Bei der Türkei-Rundfahrt schafft er einen Sprint-Hattrick, drei Siege in drei Tagen. «Das bedeutet mir so viel», sagt der zweifache Familienvater.

Das Herz besiegte den Verstand

Tatsächlich hätte ihm kaum einer einen solchen Exploit zugetraut. Auch Patrick Lefevere nicht, der mächtige Chef des Teams Deceuninck-Quick-Step. «Mein Herz sagte ja, mein Verstand aber nein», berichtete der 66-jährige Belgier über seinen inneren Kampf, ob er Cavendish nochmals einen Vertrag geben sollte.

Mark Cavendish ist zurück. Und zwar im grossen Stil! Der Brite gewinnt drei Etappen der Türkei-Rundfahrt.
Foto: Getty Images
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Letztlich entschied sein Herz, er gab ihm eine letzte Chance. Cavendish: «Fast niemand glaubte noch an mich, Patrick schon. Ich bin ihm sehr dankbar.»

Tränen statt Tour-Rekord

Der früher oft arrogant wirkende Engländer sass in seiner Karriere oft auf der Gefühls-Achterbahn. Dreimal wurde er Weltmeister, zweimal auf der Bahn und einmal auf der Strasse. Er gewann 146 Rennen, 30 davon waren Tour-de-France-Etappen. Es schien nur eine Frage der Zeit, ehe er Tour-Rekordmann Eddy Merckx (34 Siege) einholen würde.

Doch dann kam der Bruch. Ab 2017 klappte nichts mehr. Cavendish erkrankte am Pfeifferschen Drüsenfieber und litt an Depressionen («Es war dunkel»). Er wurde brutal in die Bande gerammt und flog in hohem Bogen über eine Verkehrsinsel. Die Folgen? Schmerzen, Brüche, Tränen – und beinahe ein Abgang durch die Hintertür.

Aber eben nur beinahe. Cavendish ist zurück. Frei nach dem Motto: Form vergeht, Klasse besteht. Nun mag man einwenden, dass bei der Türkei-Rundfahrt die besten Sprinter der Welt abwesend sind. Stimmt. Cavendish kann das egal sein. Er hat den Turnaround geschafft.

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