Trotz erfüllter Kriterien
Triathletin Derron muss auf Olympiaticket warten

Während es in Frankreich beunruhigende Nachrichten gibt, bereitet sich Triathletin Julie Derron in China auf Olympia vor. Aber wird die Zürcherin in Paris überhaupt starten können?
Publiziert: 17.04.2024 um 16:27 Uhr
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Es ist Sommer 2024 und die Triathlon-WM wird zum ersten Mal an der Seine in Paris ausgetragen. Doch in der Tiefe des Flusses lauert ein blutrünstiger Hai …

Keine Angst, das ist bloss der Plot zum Horrorfilm «Im Wasser der Seine», der am 5. Juni auf Netflix startet. In Wirklichkeit gibt es diesen Sommer keine Triathlon-WM in Paris, dafür aber die Olympischen Spiele (26. Juli bis 11. August), wo die Triathleten für ihre Schwimmstrecke tatsächlich in die Seine eintauchen werden.

Die Schweizerin Julie Derron (27) muss schmunzeln. «Ja, ich habe auch schon von diesem Film gehört, vielleicht ist es besser für uns Athletinnen, ihn nicht vor dem Olympiastart anzuschauen.»

Die Schweizer Triathletin Julie Derron (r.) hier bei ihrem Wettkampf 2023 an der WM in Hamburg, wo sie mit dem Schweizer Mixed-Team Bronze gewann.
Foto: Getty Images for Ironman
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Beunruhigende Nachrichten aus Paris gibt es aber auch ohne Hai. Die Wasserqualität in der Seine sei «alarmierend», berichtete kürzlich die Organisation Surfrider Foundation Europe. Das Problem: Bei starken Regenfällen kann die Kanalisation überschwappen und Kolibakterien in den Fluss schwemmen, zusammen mit Viren und Parasiten.

Weil die Seine bei Paris derart kontaminiert ist, darf dort seit hundert Jahren nicht mehr gebadet werden. Um das pünktlich zum Start von Olympia zu ändern, haben die Franzosen für die Säuberung des Flusses 1,5 Milliarden Euro in die Hand genommen. Sodass einige Wettbewerbe in der Seine stattfinden können, unter anderem auch das Schwimmen der Triathleten.

Swiss Olympic hat das letzte Wort

Die Zürcherin Julie Derron gehört zur Triathlon-Weltspitze. Im August 2023 belegte sie an der Paris-Hauptprobe Rang 8 und erfüllte damit die erforderlichen Olympia-Kriterien. Für die Spiele definitiv qualifiziert ist sie trotzdem noch nicht. Sie muss bis im Juni warten, dann erst wird Swiss Olympic die Selektionen bekannt geben. Traut man den Schweizern im Triathlon-Mixed-Wettbewerb mehr Medaillenchancen zu als im Einzel, dann wird man dieses Team so passend wie möglich besetzen wollen. Da geht es dann auch um die Frage: Wer eignet sich am besten für die Distanz und Dynamik des Teamrennens? Klar ist: Wer im Mixed-Team dabei ist, wird auch die Einzelwettbewerbe bestreiten.

«Ich denke immer positiv, darum glaube ich fest daran, dass ich in Paris dabei sein werde.» Auf dieses Ziel richtet Derron alles aus. Seit Januar ist sie in China im Trainingslager, das noch bis im Mai dauert. «Das hat sich so ergeben, weil mein Trainer Brett Sutton auch Head Coach der chinesischen Triathlon-Nationalmannschaft ist. Für mich passt das sehr gut, denn wir haben hier beste Bedingungen und können gegenseitig voneinander profitieren.»

Brett Sutton war jahrelang das Mastermind hinter den Erfolgen von Olympiasiegerin Nicola Spirig. Derrons Formaufbau ist ausgerichtet auf den 31. Juli – auf den Tag, an dem in Paris der Triathlon der Frauen angesetzt ist. «Ich wäre schon sehr enttäuscht, wäre ich dann nicht dabei», gibt die Zürcherin zu. Als Ziel hat sie sich die Top-10 gesetzt. Aber im Triathlon kann an einem Tag viel passieren. Warum also nicht von noch mehr träumen?

Seit einem Jahr Profisportlerin

Derron hat im Frühjahr 2023 ihr Masterstudium in Lebensmittelverfahrenstechnik an der ETH abgeschlossen. «Seither bin ich Profisportlerin und kann mich voll auf meinen Olympiatraum fokussieren.» Während des Studiums wurden die Kolibakterien auch ab und zu thematisiert.

Letzte Woche hat Olympiapräsident Tony Estanguet vor Journalisten eingeräumt, dass die Säuberung der Seine eine der grössten olympischen Herausforderungen sei. Man werde die Wasserqualität während den Spielen täglich messen und neu bewerten. Man könne die Starts der Rennen um ein paar Tage nach hinten schieben, falls es starke Regenfälle gäbe. Und im äussersten Notfall würde man auf die Schwimmwettbewerbe verzichten und aus dem Triathlon einen Duathlon machen.

«Für mich ist es ein gutes Zeichen, dass die Wasserqualität ein so grosses Thema ist», betont Derron. «Das zeigt, dass den Organisatoren unsere Gesundheit wichtig ist.» Für die aktuelle Nummer 16 des Olympia-Rankings ist klar: Wenn sie in Paris dabei ist und die Organisatoren für das Schwimmen grünes Licht geben, dann wird sie sich auch bedenkenlos in die Seine stürzen.

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