Die USA schicken vermehrt Kriegsveteranen
Darum haben wir so wenige Paralympics-Athleten

Die Schweiz nimmt in Rio de Janeiro nur mit 24 Sportlerinnen und Sportlern an den Paralympics teil. Die tiefste Anzahl in der Geschichte. Für den stetigen Rückgang gibt es verschiedene Gründe.
Publiziert: 08.09.2016 um 19:18 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:14 Uhr

Das Ziel der Schweizer Delegation an den Paralympics in Rio heisst zehn Medaillen. Erobern soll diese ein Team von lediglich 24 Athletinnen und Athleten. So wenige haben seit 1988, als die Sommer-Paralympics erstmals am selben Ort wie die Olympischen Spiele ausgetragen wurden, noch nie teilgenommen.

Der Rückgang ist in den letzten Jahren frappant. Nach Sydney 2000 reiste noch die Rekordzahl von 54 Teilnehmern, also mehr als doppelt so viele wie nun nach Brasilien! Selbst in Athen 2004 kämpften noch 41 Schweizer um Edelmetall.

Gibt es eine Erklärung dafür? Christof Baer, der dreimal Schweizer Chef de Mission an den Paralympics war und nun Co-Kommentator bei SRF ist, sieht im Interview mit «SRF3» verschiedene Gründe. Dazu zählt der Fakt, dass die Schweiz beispielsweise keine Kriegsverletzten rekrutieren kann wie andere Nationen.

Schwimmerin Melissa Stockwell (r.) bei den Paralympics 2008.
Foto: KEY
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Baer: «Das ist überhaupt nicht zynisch gemeint. Sondern es ist einfach Tatsache, wenn wir die Teilnehmerfelder der Paralympics anschauen. Dort ist die Anzahl von Sportlern, die durch eine Kriegsverletzung in den paralympischen Sport gekommen sind, sehr hoch. Das sind im Allgemeinen junge, gut trainierte Männer. Sie sind prädestiniert für den Leistungssport.»

Das trifft unter anderem auf die USA zu. Von den 267 Rio-Teilnehmern haben 31 einen Hintergrund als Kriegsveteranen, also mehr als die ganze Schweizer Delegation ausmacht. Die meisten haben ihre Verletzungen bei Einsätzen in Irak und Afghanistan erlitten. Zum Vergleich: 2008 in Peking waren bei den Paralympics erst drei Athleten der USA Kriegsverletzte.

Für Baer ist die Abnahme der Schweizer Sportler aber vor allem mit zwei weiteren Faktoren erklärbar. Die Leistungsdichte im paralympischen Sport ist stark angestiegen. «Es braucht immer mehr, um international mithalten zu können. Es sind immer wieder neue Länder dazu gekommen, die den Schweizern eine Konkurrenz darstellen. Andererseits hat sich auch im System des Behindertensports einiges geändert. Besonders im Winter werden viel weniger Medaillen vergeben als früher, weil Klassen zusammen gelegt werden. Früher gab in einem Slalom vielleicht zehn Medaillensätze, heute noch drei. Der Run auf die einzelne Medaille wird sehr viel grösser», sagt Baer. (rib)

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