Blick macht den Peking-Check
In einem Monat beginnt Olympia 2022

Am 4. Februar steigt die Eröffnungsfeier zu den Olympischen Winterspielen in Peking. Bis zur Selektion der Schweizer Delegation gehts noch gut zwei Wochen. Blick macht den Form-Check aller Schweizer Wintersport-Asse.
Publiziert: 04.01.2022 um 03:17 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2022 um 10:00 Uhr
Blick-Sportredaktion

Genau in vier Wochen ist es soweit. Am 4. Februar werden die Olympischen Winterspiele in Peking eröffnet. Die Nebengeräusche – politischer und gesundheitlicher Natur – trüben die Festspiele. Für viele Sportlerinnen und Sportler ist es der grösste Event und die grösste Ehre ihre Nation bei Olympia zu vertreten.

In rund zwei Wochen wird Swiss Olympics ihr Aufgebot bekanntgeben. Blick checkt bereits jetzt die Form der Schweizer Wintersport-Asse in allen olympischen Disziplinen. Wichtig: Die Erfüllung der entsprechenden Limite ist nicht gleichbedeutend einer Selektion. Der Verband kann und wird gewisse qualifizierte Athletinnen und Athleten zu Hause lassen müssen.

Biathlon

Wollen die Schweizer im Biathlon mit einer Medaille im Gepäck abreisen, braucht es ein kleines Wunder. Das zumindest, wenn man nach der bisherigen Saison geht. Benjamin Weger wurde dreimal Zehnter, Lena Häcki einmal Neunte. Viel mehr war da nicht. Die drei Gasparin-Schwestern (Aita, Selina und Elisa) sind noch nicht richtig im Strumpf. Immerhin: Selina Gasparin weiss, wie man an einem Grossanlass eine Medaille holt. In Sotschi vor acht Jahren holte die Bündnerin sensationell Silber im Einzel über 15 km.

In vier Wochen geht es mit den Olympischen Winterspielen 2022 los.
Foto: Getty Images
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Es wäre in Peking bereits ein Erfolg, wenn man die starken sechs Diplom-Platzierungen (Top 8) wiederholen könnte. Immerhin: Mit Sebastian Stalder (22), Niklas Hartweg (21) und Amy Baserga (21) stossen junge Athleten nach, die einst wieder für Erfolg sorgen könnten. Und wer weiss, vielleicht überrascht uns ja die Frauenstaffel wie auch schon in der Vergangenheit (drei Podestplätze im Weltcup)?

Für die Biathlon-Profis bräuchte es ein Wunder.
Foto: freshfocus

Bob

Ihre Startplätze in jeweils beiden Disziplinen auf sicher haben Michael Vogt und Melanie Hasler. Die grössten Schweizer Medaillen-Chancen hat wohl Hasler im Monobob, der Frauen-Einsitzer ist erstmals olympisch. Bei den Männern brauchts angesichts der bisher podestlosen Weltcup-Saison für Edelmetall ein Exploit. Entweder von Junioren-Weltmeister Vogt oder von Simon Friedli , der aber erst im Zweier das Peking-Ticket fix hat. Im Vierer hat er noch zwei Quali-Chancen. Und auch sonst dürfte er wohl auch im grossen Schlitten selektioniert werden.

Die Hoffnungen, eine von zwei Nationen mit einem dritten Startplatz zu werden (der an Europacup-Pilot Michael Kuonen gegangen wäre), sind angesichts der starken Deutschen und Kanadier gestorben. Knapp wirds auch beim zweiten Quotenplatz im Monobob, weil Martina Fontanive diese Saison einfach nicht auf Touren kommt. Auch im Zweier hat sie erst die halbe Quali geschafft, sie dürfte es aber über die B-Norm nach China schaffen.

Die grössten Schweizer Medaillen-Chancen hat Melanie Hasler im Monobob.
Foto: Getty Images

Curling

Das kommt uns alles irgendwie bekannt vor! Im Curling reisen dieselben Teams wie schon vor vier Jahren an die Olympischen Spiele. Und wie schon 2018 zählen alle drei zu den Medaillenhoffnungen. Bei den Frauen: Das Team von Silvana Tirinzoni, das Ende des letzten Winter mit ihrem zweiten WM-Titel ganz gross auftrumpfte. Bei den Männern ist es erneut die Crew um den Genfer Peter De Cruz, die in Pyeongchang Bronze erspielte.

Und in der vor vier Jahren neu eingeführten Sparte Mixed haben sich für die Schweiz erneut Jenny Perret und Martin Rios qualifiziert, die 2018 Silber holten und sich mit ihren hitzigen Diskussionen auf dem Eis als «Chiflers» in die Herzen der Fans spielten. «Chiflen» sie sich diesmal gar zu Gold? Rios: «Das Niveau ist sicher höher geworden. Aber auch wir sind besser geworden. Wir wollen einfach unser bestes Curling zeigen und dann sehen wir, ob es für eine Medaille reicht.»

Das Team um Silvana Tirinzoni (im Bild) und die weiteren zwei Curling-Truppen sind für eine Medaille gut.
Foto: keystone-sda.ch

Eishockey

Nati-Coach Patrick Fischer muss nach der NHL-Absage auf Spieler der eigenen Liga zurückgreifen. Die Nati war meist stark von den NHL-Verstärkungen abhängig. Andererseits ist das Feld ohne NHL-Spieler weit offen, wie Deutschland 2018 mit Silber zeigte. Die Schweizer treffen in der Gruppe auf Russland, Tschechien und Dänemark. Die drei Gruppenersten sowie der beste Zweite qualifizieren sich direkt für den Viertelfinal. Die übrigen acht Teams spielen die verbleibenden vier Plätze aus.

Der eigenwillige Modus mit einer starken 5er-Gruppe, in der sich alle Teams für die Viertelfinals qualifizieren, und einer schwächeren, in der drei Teams weiterkommen, öffnet die Tür für die Schweizerinnen. Sie sind so sicher im Viertelfinal. In der Gruppe dürfte die Nati und Russland hinter den USA, Kanada und Finnland auf den Plätzen 4 und 5 landen und im Kampf um den Halbfinal-Einzug erneut aufeinandertreffen. Um den Bronze-Coup von 2014 zu wiederholen, braucht es für das Team mit den Weltklasse-Spielerinnen Alina Müller und Lara Stalder danach einen Exploit.

Die Männer-Nati muss doch ohne NHL-Spieler auskommen.
Foto: Pascal Muller/freshfocus

Eislauf

Alexia Paganini wird die Schweiz zum zweiten Mal bei den Olympischen Spielen im Eiskunstlauf vertreten. 2018 qualifizierte sie sich für die Kür und landete auf Rang 21. Dank Lukas Britschgi darf seit den Spielen 2010 auch wieder ein Schweizer Eiskunstläufer an den Start. Als 15. der vergangenen WM erreichte er bereits früh die Olympia-Limite.

Im Eisschnelllauf dürfen die Geschwister Wenger dabei sein. Livio verpasste wegen einer Coronainfektion die Quali über 1500 m, wird aber im Massenstart und über 5000m an den Start gehen. Schwester Nadja darf beim Massenstart ran. Kaitlyn McGregor hat die Limite über 1500m erreicht, muss aber auf einen Quotenplatz hoffen. Eine Medaille in einer Eislauf-Disziplin wäre eine kleine Sensation.

Livio Wenger darf in Peking am Massenstart und über 1500 m ran.
Foto: Getty Images

Freestyle-Ski

Vor vier Jahren standen mit Sarah Hoefflin und Mathilde Gremaud im Slopestyle zwei Schweizerinnen ganz oben. Während Hoefflin stark in die Saison gestartet ist, musste Gremaud eine Kopfverletzung auskurieren. Die Fribourgerin hat sich inzwischen aber wieder zurückgemeldet. Zusammen mit Giulia Tanno gehören sie zu den Medaillen-Anwärterinnen.

Bei den Männern ist Andri Ragettli das grosse Fragezeichen. Der Bündner wird Anfang Jahr sein Comeback geben und sollte er innert der äusserst kurzen Zeit seine Form finden, ist mit dem amtierenden Weltmeister zu rechnen. Auch im Aerials besitzt die Schweiz mit Noé Roth und Primin Werner zwei Medaillen-Kandidaten. In Peking wird es zudem erstmals einen Big-Air-Wettbewerb geben und für die Schweiz eine weitere Medaillen-Chance.

2018 gabs für die Schweiz den Slopestyle-Doppelsieg. Auch in Peking greifen Sarah Höfflin (l.) und Mathilde Gremaud (r.) an.
Foto: Keystone

Langlauf

Es werden die letzten Spiele für den vierfachen Olympia-Sieger Dario Cologna (35). Ob der Münstertaler seinen Abschied mit einer weiteren Medaille versüsst? Es wäre angesichts seiner bisherigen Saison mit Rang 15 als Topergebnis eine Sensation. Aber seit dem 5. Rang in der Staffel an der WM 2021 liebäugeln die Schweizer mit einem Coup als Quartett. Das Staffelticket holen im Dezember Beda Klee, Roman Furger, Jonas Baumann und Candide Pralong ohne Cologna, der aber in China natürlich Staffel-Starter sein wird.

Im Sprint ruhen die Medaillenhoffnungen vor allem auf Nadine Fähndrich, die im Einzel und zusammen mit Laurien van der Graaff durchaus eine Podestchance hat, im Team-Sprint ist das Duo aktueller Vize-Weltmeister. Happig: Bei den Männern droht ein Überangebot. Wenn sich bis zum 23. Januar noch mehr Läufer für Peking qualifizieren, muss womöglich einer oder mehrere Athleten trotz geschaffter Limit daheim bleiben: Pro Geschlecht können maximal je acht Teilnehmende selektioniert werden.

Was zeigt Dario Cologna bei seiner letzten Olympia-Teilnahme?
Foto: freshfocus

Rennrodeln

In dieser Eiskanal-Disziplin gibts keine Schweizer Medaille. Zwar liess Natalie Maag letzten Winter beim Heimrennen in St. Moritz mit ihrem ersten Weltcup-Podestplatz aufhorchen. Aber in dieser Saison ist die Zürcherin noch nie in die Top-Ten gefahren. Mit einem 13. und einen 14. Rang erfüllt Maag aber immerhin die B-Wert-Selektionskriterien, die aktuell 20. im Gesamtweltcup wird die Schweiz in China aller Voraussicht nach vertreten dürfen.

Natalie Maag liess letzten Winter beim Heimrennen in St. Moritz mit ihrem ersten Weltcup-Podestplatz aufhorchen.
Foto: keystone-sda.ch

Skeleton

Eigentlich hätten wir mit Marina Gilardoni eine Medaillenanwärterin im Rennen. Hätten! Denn die Vize-Weltmeisterin von 2020 muss für China passen. Ausgerechnet ein Crash auf der Olympia-Bahn zerstört Gilardoni den grossen Traum. Im Trainingslager im Oktober zieht sie sich bei einem Horrorsturz eine Gehirnerschütterung zu, deren Folgen einfach zu wenig schnell abklingen. Auch bei den Männern wirds keine Medaille geben. Sogar der Schweizer Startplatz wackelt noch, da Anwärter Ronald Auderset (32) diese Saison nicht über Rang 17 hinaus kam.

Die Olympischen Spiele finden ohne Marina Gilardoni statt.
Foto: keystone-sda.ch

Ski Alpin

Vor vier Jahren holte Michelle Gisin Kombi-Gold, dazu hamsterte Wendy Holdener Silber im Slalom und Bronze im in der Kombi ab. Drei Medaillen, dazu noch Gold im Team-Event – ein gutes Resultat. Und diesmal? Da sieht es für die Schweizer Ski-Frauen noch besser aus! Denn: Neben dem langjährigen Erfolgsduo kommen mit Lara Gut-Behrami und Corinne Suter zwei weitere Hochkaräter dazu. Und sonst? Die erst 22-jährige Camille Rast kann befreit angreifen, im Speed-Bereich gibt es zudem Aussenseiterinnen (Hählen, Flury). Besonders bitter: Mélanie Meillard, die sich 2018 in Südkorea noch vor dem ersten Rennen schwer verletzte, dürfte es nicht nach Peking schaffen. Sie ist ausser Form und muss derzeit wegen Corona gar pausieren.

Bei den Männern ist die Schweizer Mannschaftsaufstellung in vier von fünf Disziplinen ziemlich klar. In der Abfahrt geht es nur noch darum, wer neben Beat Feuz, Niels Hintermann und Marco Odermatt den vierten Startplatz erhält. Im Super-G haben hinter dem gesetzten Beaver-Creek-Triumphator Odermatt und Feuz der Bündner Stefan Rogentin (5. in Gröden, 7. in Bormio) und Gino Caviezel (9. und 10. in Beaver Creek) die besten Karten, im Riesenslalom werden neben dem dreifachen Saisonsieger Odermatt voraussichtlich Gino Caviezel, Loïc Meillard und Justin Murisier starten. Vieles offen ist dafür im Slalom, in dem bislang erst Daniel Yule mit seinem vierten Rang in Val-d’Isère und Meillard (6. in Madonna) Selektions-Kriterien erfüllt haben. Fest steht, dass unsere Alpin-Herren in jeder Disziplin Medaillen-Potenzial haben.

Gibts im Ski Alpin wieder Freudentränen bei Michelle Gisin (l.) und Co?
Foto: Corbis via Getty Images

Skicross

Fanny Smith hat bereits alles gewonnen, nur Olympia-Gold fehlt. Die Form für den Grosserfolg hat sie diesen Winter gezeigt. Mit Sixtine Cousin wird die amtierende Schweizer Meisterin aber verletzt ausfallen. Bei den Männern könnte es zu einem kleinen Luxus-Problem kommen, mit einem bitteren Ende für zwei Athleten. Alex Fiva, Ryan Regez, Tobias Baur, Joos Berry, Marc Bischofberger und Romain Détraz haben die Limite erreicht, doch nur vier werden dabei sein können. Fiva und Regez haben bereits gezeigt, dass sie für einen Sieg gut sind.

Fanny Smith gehört in Peking definitiv zu den Favoritinnen.
Foto: keystone-sda.ch

Skispringen

Killian Peier hat die Olympia-Quali bereits früh im Sack nach seinem starken Comeback und sprang in Engelberg (zweimal Vierter) stark. Der Romand hat gezeigt, dass er mit den Favoriten mithalten kann. Simon Ammann wird in Peking die Sieben vollmachen und zum Rekordteilnehmer der Schweiz avancieren. Dem vierfachen Gold-Gewinner steht in dieser Saison erst ein Platz innerhalb der Top 20 zu Buche und so stellt sich die Frage, was für den Toggenburger in rund einem Monat drin liegt.

Gregor Deschwanden und Dominik Peter machen indes das Schweizer Springer-Quartett voll. Deschwanden musste zu Beginn der Saison eine Corona-Infektion überwinden, die seine starke Vorbereitung quasi zunichte gemacht hat. An der Tournee hat er gezeigt, dass wieder mit ihm zu rechnen ist. Für ihn und den derzeit verletzten Peter wird das Ziel sein, sich für den Olympia-Final zu qualifizieren.

Simon Ammann wird seine siebten Olympischen Spiele bestreiten – Schweizer Rekord!
Foto: keystone-sda.ch

Snowboard

Grosse Chancen auf Edelmetall haben die Halfpipe-Fahrer. Beim ersten Weltcup der Saison klassierten sich Pat Burgener und David Hablützel in der Top 10, Jan Scherrer landet gar auf Platz zwei. Im Big Air hat Jonas Boesiger in Chur bewiesen, dass man ihn auf der Rechnung haben muss. Eine Kopfverletzung und eine Covid-Infektion haben weitere Erfolgserlebnisse verhindert.

Im Parallel-Riesenslalom durfte die Schweiz bereits 2014 und 2018 Gold bejubeln. Ob Nevin Galmarini und Patrizia Kummer erneut feiern dürfen, ist unklar, denn die Ergebnisse stimmen noch nicht. Die Walliserin hat die Olympia-Limite erreicht, müsste aber bei einer Selektion 21 Tage lang in die Quarantäne. Galmarini macht nach seinen Rückenbeschwerden keinen Hehl aus seinen Ambitionen: eine weitere Medaille. Mit der Slalom-Dominatorin Julie Zogg und Dario Caviezel hat das Schweizer Snowboard-Team zwei Asse in der Hinterhand.

Verteidigt Nevin Galmarini seine Olympia-Goldmedaille?
Foto: Keystone
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