Nach grosser Pub-Ankündigung
So feiert Ehammer in Schottland sein WM-Gold

Simon Ehammer hat sich am Sonntag im schottischen Glasgow zum Indoor-Weltmeister im Siebenkampf gekürt. Unglaublich knappe elf Punkte Vorsprung reichen ihm. Blick zeigt, was hinter seinem Erfolg steckt.
Publiziert: 04.03.2024 um 18:59 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2024 um 21:46 Uhr
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Nina KöpferRedaktorin Sport

Es war ein Krimi, der sich am Sonntag in Glasgow (Scho) abspielte. Simon Ehammer (24), Titelfavorit im Siebenkampf, rettete in der letzten und siebten Disziplin, dem 1000-Meter-Lauf, einen Vorsprung von gerade Mal 11 Punkten ins Ziel. «Als ich über die Ziellinie rannte, begann es im Kopf direkt zu rechnen. Ich wusste, es wird Silber oder Gold», erzählt der Appenzeller gutgelaunt am Tag danach per Videocall vom Flughafen in Schottland. Auf banges Warten folgte schliesslich ungezügelter Jubel. Ehammer holte sich die erste Goldmedaille seiner Karriere bei der Elite.

Dieses Gold feierten Ehammer und sein Team zwar nicht wie angekündigt typisch schottisch im Pub mit einem edlen Whisky, sondern gemütlich, mit einem einzigen Bierchen in der Hotellobby. «Ich bin kein grosser Partytiger, und es war schon Mitternacht, als wir ins Hotel zurückkehrten.»

Sein Coach stellt für ihn vieles hinten an

Und da am Montag bereits die Rückreise anstand, die durch Ehammers XXL-Gepäck (wie etwa die Stäbe für den Stabhochsprung) doch etwas mühselig ist, reichte das dem frisch gekürten Weltmeister völlig aus. Und es passt zum Bild des hart arbeitenden Appenzellers, der sich in den letzten Jahren an die Weltspitze gearbeitet hat.

In der letzten Disziplin, dem 1000-Meter-Lauf, stellt Ehammer eine neue persönliche Bestzeit auf. Im Ziel fällt er erschöpft zu Boden.
Foto: keystone-sda.ch
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Sein Erfolg hat er auch seinem Trainer Karl Wyler zu verdanken. Wyler, selbst ehemaliger Zehnkämpfer, coacht seit über vier Jahrzehnten für den TV Teufen (AR). Und obschon er auf die Pension zugeht, arbeitet er neben der ganzen Reiserei mit seinem Schützling noch zu 80 Prozent. Leidenschaft, die sich auszahlt, wie sich nun zeigt.

Sein Umfeld baut ihn auf

Auch Simon Ehammers Verlobte, die Österreicherin Tatjana Meklau (24), pusht ihn immer wieder. Selbst Spitzensportlerin (Meklau gehört zum österreichischen Skicross-Team und ist zudem Hammerwerferin), kann sie Ehammer aufbauen, wenn es mal nicht läuft wie gewünscht und weiss den Frust wegzustecken.

Wie etwa im letzten Herbst, als eine Schulterverletzung dem gelernten Sportartikelverkäufer einen Strich durch die Rechnung machte. Die ursprünglich angedachte konservative Behandlung schlug nicht an, und so blieb dem Mehrkämpfer keine andere Wahl als den Gang in den OP-Saal anzutreten. Drei Monate dauerte die Reha, welche Ehammer viel Geduld abverlangte. «Aber nun, nach dem Titel, weiss ich definitiv: Die Schulter hält. Und trotz Trainingsrückstand reichte es für Gold. Es liegt also noch mehr drin.»

Das Tattoo als Wegweiser

Dass Simon Ehammer so unverblümt über seine starken Leistungen spricht - und darüber, was er noch alles erreichen will, mag für einen Schweizer untypisch erscheinen. Vielleicht sogar arrogant oder abgehoben. Doch Ehammer selbst bezeichnet sich als ambitionierten Realisten. Seine Erfolge geben ihm recht. Schritt für Schritt arbeitet er in seiner noch jungen Karriere seine Ziele ab und lässt sich nicht vom Weg abbringen.

Das könnte übrigens auch mit dem Symbol auf seiner linken Schulter zu tun haben. Dort hat sich der Weitsprungspezialist vor zwei Jahren einen Vegvísir tätowiert, eine Art nordischer Wegweiser. In isländischen Sagen soll der Träger eines solchen Symbols sein Ziel auch im grössten Sturm stets sicher erreichen. «Und rund um das Symbol verkörpern die Runen je eine Disziplin im Zehnkampf», erklärte Ehammer dazumal sein Kunstwerk unter der Haut. Ehammers Weg liegt nun klar vor ihm. Fünf Tage Ferien gönnt er sich, bevor die Aussensaison wieder beginnt, und damit auch «der bisher wichtigste Wettkampf meines Lebens, die Olympischen Spiele.» Nach dem WM-Gold ist klar – die Spiele können kommen.

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