«Ihr Vorgehen war besonders dreist»
Warum Amateursportlerin S. für neun Jahre gesperrt wurde

Dieser Fall ist einzigartig im Schweizer Sport: Bergläuferin S. kassiert wegen eines Dopingvergehens eine neunjährige Sperre. Wie die Westschweizerin vergeblich versuchte, die Dopingbehörde auszutricksen.
Publiziert: 25.11.2023 um 19:54 Uhr
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Aktualisiert: 26.11.2023 um 09:22 Uhr
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Daniel LeuStv. Sportchef

Die Meldung lässt aufhorchen. «Bergläuferin für neun Jahre gesperrt», schreibt Swiss Sport Integrity (SSI), die Schweizer Anti-Doping-Behörde, am 17. November auf ihrer Homepage. Und weiter: «Die Sperre ist für sämtliche Sportarten und jegliche Funktionen im Sport weltweit wirksam.»

Eine neunjährige Sperre für eine Hobbysportlerin – ein Fall, der im Schweizer Sport einzigartig ist. Doch wie konnte es so weit kommen? Blick sprach ausführlich mit der Verurteilten Madeleine S.* und mit Ernst König, seit 2018 SSI-Direktor. Einen Tag nach dem Gespräch zog die 37-Jährige aber plötzlich ihre Aussagen wieder zurück und verbot Blick, ihre Aussagen zu veröffentlichen.

Die Hintergründe dieses aussergewöhnlichen Falls.

Wegen mehrfachem Verstoss: Bergläuferin S. wurde für neun Jahre gesperrt.
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Angefangen hat alles, als die SSI durch ein Verfahren der Strafverfolgungsbehörden konkrete Hinweise auf einen Verstoss gegen das Anti-Doping-Statut erhielt. Es ging um den Besitz und die Anwendung von Sustanon, Oxandrolon und Wachstumshormonen. «Normalerweise gibt es für dieses Vergehen eine vierjährige Sperre», erklärt König, der nicht alle Details nennen darf, «wenn die Sportlerin den Tatbestand aber zugibt, wird auf ein ordentliches Verfahren verzichtet und die Sperre auf drei Jahre reduziert. Sie hat diese Vereinbarung unterzeichnet zurückgeschickt und damit die Vorwürfe zugegeben.»

Deshalb wurde S. im Juni 2023 für drei Jahre gesperrt und erhielt eine Busse von 120 Franken. Aus Rücksicht auf ihr Privat- und Berufsleben wurde damals ihr Name nicht öffentlich genannt. König: «Bei Amateursportlerinnen ist es üblich, dass wir auf eine Namensnennung verzichten.»

«Es handelt sich um einen Mehrfachverstoss»

Normalerweise wäre an dieser Stelle die Dopingakte S. zu Ende. Nicht aber in diesem Fall. Da die Freiburgerin danach die Sperre missachtet und im Juli am Cervino Matterhorn Ultra Race teilgenommen hatte, wurde die SSI erneut aktiv. Und vermeldete schliesslich am 17. November: «Die bereits für drei Jahre gesperrte Schweizer Bergläuferin Madeleine S. wurde wegen unzulässiger Einflussnahme für weitere sechs Jahre gesperrt.» Und weiter erklärte sie: «Im Rahmen von Abklärungen bezüglich eines möglichen Verstosses gegen das ihr auferlegte Teilnahmeverbot (dreijährige Sperre) versuchte die Beschuldigte durch Irreführung und Falschaussagen die Untersuchung in unzulässiger Weise zu ihren Gunsten zu beeinflussen.»

Dass die SSI in ihrer zweiten Pressemitteilung ihren Namen nannte, ist übrigens kein Zufall. Zu dreist soll das Vorgehen von S. gewesen sein. Deshalb sind die neun Jahre für eine Hobbysportlerin auch nur auf den ersten Blick eine sehr hohe Strafe. König: «Die Verhältnismässigkeit ist bei unserer Arbeit sehr wichtig. Wer nicht alle Details kennt, könnte schon denken, dass neun Jahre zu hart seien. Da ihr Vorgehen aber besonders dreist war und es sich um einen Mehrfachverstoss handelt (zuerst Handel und Besitz von Dopingsubstanzen, danach Irreführung und unzulässige Einflussnahme auf einen Teil des Dopingkontrollverfahrens), muss ich ganz klar sagen, dass eine neunjährige Sperre und die Nennung ihres Namens verhältnismässig sind.»

* Name der Redaktion bekannt


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