«Dass er in Katar lebt, ist total falsch»
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Blatter über Infantino:«Dass er in Katar lebt, ist total falsch»

Blatter-Rundumschlag vor Turnier in Katar
«Man sollte Iran von der WM ausschliessen»

Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter (86) schiesst neun Tage vor der WM in Katar scharf gegen den Fussball-Weltverband – und seinen Nachfolger Gianni Infantino (52). Ihm fehle der Mut.
Publiziert: 11.11.2022 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2022 um 13:20 Uhr
Marco Pescio

Sepp Blatter holt kurz vor Start zur Weltmeisterschaft zum grossen Rundumschlag aus. Im Rahmen eines Denkwerkstatt-Talks im Ringier-Pressehaus übt der 86-Jährige mächtig Kritik an Fifa und WM-Organisatoren.

Dass er die Vergabe an den Wüstenstaat als «Irrtum» und «falsche Wahl» bezeichnet hat, ist kein Geheimnis mehr. Nun hält er aber auch vor anderen brisanten Themen rund um das Turnier nicht zurück. Dafür, dass der wegen der Unterdrückung von Frauen international massiv kritisierte Iran noch immer auf der Teilnehmerliste steht, bringt er kein Verständnis auf. Seit Wochen wird im islamischen Land gegen das Mullah-Regime protestiert. Blatter fordert harte Konsequenzen: «Man sollte den Iran von der WM ausschliessen.» Schliesslich dürfe auch Russland infolge des Angriffkrieges gegen die Ukraine nicht mittun. Er beteuert: Wäre er noch immer Fifa-Präsident, hätte er den Iran, der mit England, Wales und den USA in Gruppe B steckt, ausgeschlossen.

«Vielleicht hat er Probleme mit den Ohren»

Ausgerechnet der Mann, der zu seiner Amtszeit ebenfalls in der Kritik stand, vieles versäumt oder zumindest nicht verhindert zu haben, macht jetzt genau diesen Vorwurf seinem Nachfolger. Für Blatter ist es nicht nachvollziehbar, dass sich Gianni Infantino zum Thema Iran nicht klar positioniert. Mehr noch, er spricht ihm gar den nötigen Mut dazu ab: «Der hat ja schon Mühe, mit den Katari zusammen einen Fonds zu schaffen – für all die Arbeiter, die beim Bau der Infrastruktur verunglückt sind. Ich glaube, es müsste jemand von der Fifa machen, der Courage hat. Aber Infantino hat ja nicht einmal den Mut, Journalisten eine Antwort zu geben.»

Sepp Blatter fordert harte Konsequenzen für den Iran: Der Ex-Fifa-Boss am Donnerstagabend im Ringier-Pressehaus.
Foto: Zamir Loshi
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Persönlich

Sepp Blatter wurde am 10. März 1936 in Visp geboren. Im Fussball-Weltverband Fifa arbeitete er während 17 Jahren als Generalsekretär – und noch einmal so lange als Präsident. 2015 wurde er suspendiert, hauptsächlich wegen einer Zahlung in Höhe von zwei Millionen Franken an Michel Platini, der damals Uefa-Präsident war. Die Bundesanwaltschaft klagte deswegen beide an. Am 8. Juli 2022 wurde aber sowohl Blatter als auch Platini freigesprochen.

Sepp Blatter wurde am 10. März 1936 in Visp geboren. Im Fussball-Weltverband Fifa arbeitete er während 17 Jahren als Generalsekretär – und noch einmal so lange als Präsident. 2015 wurde er suspendiert, hauptsächlich wegen einer Zahlung in Höhe von zwei Millionen Franken an Michel Platini, der damals Uefa-Präsident war. Die Bundesanwaltschaft klagte deswegen beide an. Am 8. Juli 2022 wurde aber sowohl Blatter als auch Platini freigesprochen.

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Der Boss des Fussball-Weltverbands sollte sich anhören, was die Leute aktuell über den Iran denken: «Aber das will er ja nicht. Vielleicht hat er Probleme mit den Ohren.»

Blatter berichtet im Talk mit Moderator Peter Hossli, er habe vor einigen Jahren mal die Möglichkeit gehabt, im iranischen Kongress zu sprechen. Dort habe er platziert: «Die Frauen gehören dazu.» Den regelmässigen WM-Teilnehmer Iran mit einem Ausschluss sanktioniert hat er zu seiner Zeit als mächtigster Mann der Fussballwelt allerdings nie – die Proteste mögen damals leiser gewesen sein, die Situation der Frauen aber nicht besser.

«Infantino mag mich nicht»

Auch dass Infantino – wie von SonntagsBlick aufgedeckt – seinen Lebensmittelpunkt nach Katar verlegt hat, findet Blatter «total falsch». Verständnis dafür, dass er persönlich vor Ort nicht erwünscht ist, hat der Walliser aber. Denn die Antwort ist simpel: «Infantino mag mich nicht.»

Die jüngsten Aussagen des WM-Botschafters Khalid Salman, der mit seiner Aussage in einer ZDF-Doku, Homosexualität sei ein «geistiger Schaden» weltweit für Empörung sorgte, bezeichnet Blatter als «Schande». Auch hier nimmt er die Fifa in die Pflicht. Weltverband sowie Politik «sollten protestieren».

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