YB-Sportchef Spycher im Meister-Interview
«Wenn der BVB mal den Titel holt, bleibt Bayern Favorit»

Für viele ist er das entscheidende Puzzleteil hinter dem 12. YB-Meistertitel: Christoph Spycher. Der Mann, der das Wunderteam im Winter zusammenhielt. Smart, hart – und doch menschlich.
Publiziert: 30.04.2018 um 11:52 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:42 Uhr
Alain Kunz

Christoph Spycher, Sie waren einmal in Ihrem Leben Meister.
2003 mit GC.

Ist das vergleichbar, damals und heute?
Es ist anders. Ich kam als Spieler zu YB zurück, um den Titel auch hier zu gewinnen. Das gelang nicht. Umso schöner, dass ich das nun nachholen kann.

Als Spieler haben Sie gespielt. Nun tragen Sie Verantwortung.
Es ist ein anderer Job, klar. Aber es haben ganz viele Leute ihren Beitrag geleistet, dass diese unglaubliche Dynamik entstehen konnten. Ich bin nur einer davon.

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Hätten Sie lieber ein Christoph-Spycher-Denkmal oder eine Christoph-Spycher-Strasse?
(lacht) Das wird es hoffentlich nicht geben. Es ist eine schöne Phase, die wir nun durchleben. Aber Fussball ist schwarz oder weiss. Allerdings schliesse ich mich zu Hause nicht ein, wenn es nicht läuft, wie ich auch nicht fliege, wenn wir Erfolg haben. Denkmäler sind etwas für Leute, die viel mehr geleistet haben als ich.

Sie sind aber ein wichtiges Puzzleteil.
Es braucht immer ein Gesicht für irgendetwas. Aber nochmals: Was wir erreicht haben, ist das Resultat eines tollen Teamworks.

Als sie Sportchef wurden, bezeichnete sie die «Basler Zeitung» als zu unerfahren und die Art, wie YB geführt wurde, als «Management by Jeans: An jeder wichtigen Stelle eine Niete.» Spycher, der nächste Fehler bei YB, hiess es.
Ich definiere mich nicht über Zeitungsartikel und verfalle des­wegen auch nicht in Depression. Jeder muss wissen, ob er nahe genug ist, um so etwas zu schreiben. Im Übrigen trage ich viel lieber Jeans als Anzüge ...

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Sie brauchten Bedenkzeit, bis sie Ja zum Job des Sportchefs sagten. Auch wegen des verordneten Sparkurses?
Nein, das störte mich nicht. Denn ich sah einen gangbaren Weg und eine Chance. Sonst hätte ich den Job nicht angenommen. Wenn ich sofort eine schwarze Null hätte schreiben müssen, hätte ich Nein gesagt. Zaubern kann ich nicht. Dennoch ist nun alles viel schneller gegangen als erhofft.

Sie haben die schwarze Null schon in Ihrem ersten Jahr geschrieben ...
Die wirtschaftliche Konsolidierung war wichtig. Aber YB gibt keine Auskunft zu Zahlen.

Dass Sie sofort einen gangbaren Weg sahen, heisst im Umkehrschluss: Das Team war überteuert.
Es heisst, dass wir unseren Weg noch expliziter mit jungen Spielern gehen wollen.

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Foto: Keystsone
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Ihre grösste Leistung ist es, dass Sie die Mannschaft im Winter haben zusammenhalten können. Mussten Sie da allen Abwanderungswilligen versprechen, dass sie im Sommer gehen können?
Nein. Wir haben bei jedem schon früh die persönliche Situation angeschaut. Und jedem aufgezeigt, was für eine unvergessliche Saison auf ihn warten könnte. Die Spieler haben sich sensationell verhalten!

Heute reicht doch nicht mal mehr die Aussicht auf die Champions League, um Spieler zu halten, die ihren Lohn verdreifachen können?
Das werden wir sehen. Grundsätzlich ist das natürlich schon der Traum eines jeden Fuss­ballers. Wir haben alles mit den Spielern und ihren Beratern schon weit vor dem Herbst vorbesprochen, wann der beste Zeitpunkt für einen Wechsel sei.

Aber Sie werden nun einige Spieler verlieren.
Davon gehen wir aus. Einige, aber nicht drei Viertel des Teams. Wir werden auch nächste Saison eine kompetitive und spannende Mannschaft haben.

Dann wars also primär Professionalismus, dass Sie alle halten konnten?
Wir versuchen immer, professionell zu sein. Aber alles kann man nicht vorausplanen, wie der plötzliche Abgang von Yoric Ravet zeigte. Wir versuchen, solch ein Risiko aber auf ein Minimum zu reduzieren, indem wir Spieler im Kader haben wollen, die charakterlich einwandfrei sind.

Das scheint für Sie fast ebenso wichtig zu sein wie das Talent als Fussballer ...
Der Charakter ist sehr wichtig! Ein Beispiel: Wir hätten zwei andere Keeper als Nummer zwei für die Rückrunde haben können, sagten aber ab, weil wir charakterlich Bedenken hatten. Bei Alex Letellier dann nicht. Deshalb nahmen wir ihn. Ich versuche, das selber auch vorzuleben. Wir dürfen die Spieler nicht anlügen. Nie! Ich habe ihnen gesagt, sie werden von mir immer die Wahrheit hören. Auch wenn diese manchmal hart ist. Dasselbe erwarte ich von ihnen.

Wenn YB die Champions League erreicht, haben Sie plötzlich Einnahmen in der Dimension von 80 Millionen Franken: 40 waren es bislang. Sagen wir mal 15 aus Transfers. Dazu 25 aus der Champions League.
2018 wird ein positives Jahr werden. Wie 2017. Aber wir budgetieren nicht mit der Champions League.

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Foto: TOTO MARTI
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Und wenn es klappt ...
Dann stellt sich die Frage: Was bleibt danach? Es gibt einige Mannschaften, die es in die Champions League schafften. Und danach blieb nichts. Unser Bestreben hingegen ist es, etwas Mittel- und Langfristiges aufzubauen.

Themenwechsel: Waren Sie 1986 als Achtjäh­riger in Neuenburg im Stadion, als YB Meister wurde?
Ich war YB-Fan, klar. Ich habe mir auch Spiele im Stadion angeschaut. Aber ich war weder beim entscheidenden Spiel in Neuenburg noch bei der Pokalübergabe in Bern im Stadion.

Wie feiert Ihre Familie?
Sie ist nahe dabei. Die beiden Giele tschutten bei Muri-Gümligen. Sie kommen oft mit an die YB-Spiele. Meine Frau auch. Es macht es einfacher, wenn man sich auch ab und zu im Stadion sieht.

Basel-Präsident Bernhard Burgener hat ein Inserat platziert, in welchem er YB gratuliert und sagt, ihr sollt Sorge zum Pokal tragen. Der FCB wolle ihn in gutem Zustand zurückholen ...
Das ist okay. Schauen wir mal zu Saisonbeginn, in welcher Konstellation wir dastehen.

Mit einem ganzseitigen Inserat in der Meisterbeilage des BLICK gratuliert die neue FCB-Führung den Young Boys.

Bricht nun ein neues Zeitalter an wie 1957, als YB viermal in Folge Meister wurde?
Nein. Wir müssen respektieren, was Basel in den letzten fünfzehn Jahren aufgebaut hat. Die Basler haben eine Position inne, die vergleichbar ist mit jener von Bayern München. Wenn der BVB eine Sensations-Saison hat und mal Meister wird, ist er doch nicht automatisch Favorit für die nächste Saison.

Und zum Dessert gibts den Cupfinal. YB könnte das Double nach 1958 erst zum zweiten Mal schaffen.
Das habe ich nicht gewusst. Leben wir zuerst die Emotionen aus und lassen wir den Titelgewinn sacken. Der Cupfinal ist eine unglaubliche Chance, gleich noch einen Titel zu gewinnen. Dem werden wir dann zu gegebener Zeit alles unterordnen.

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Foto: ddp images/dapd
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Mannschaft
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FC Lugano
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Servette FC
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FC Zürich
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FC Luzern
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FC Basel
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FC St. Gallen
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FC Sion
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Yverdon Sport FC
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Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
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