Sion-Boss Constantin über Vergebung, Menschenliebe und Glauben
«Ich setze mich mit Rolf sofort an einen Tisch»

Hat er die Lust verloren? Schmeisst er den Bettel tatsächlich hin? Und warum bleibt er in der Auseinandersetzung mit Rolf Fringer so stur? Christian Constantin (60) gibt Einblicke in sein Innenleben.
Publiziert: 09.12.2017 um 09:13 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 02:25 Uhr
Alain Kunz

BLICK: Können Sie verzeihen?
Christian Constantin: Gott verzeiht, ich nicht. Nein. Warten Sie, ich schau gleich mal nach, von wem der Spruch stammt (surft auf dem Handy). Hier:Terence Hill. Nein, ernsthaft: Klar bin ich dazu in der Lage.

Wann?
Es kommt schon auf den Fall an. Für jemandem, der zum Beispiel ein Kind misshandelt hat, gibt es keine Vergebung.

Hier schlägt Constantin Teleclub-Experte Fringer
1:05
Riesen-Eklat im TV:Hier schlägt Constantin Teleclub-Experte Fringer

Für Christian Constantin ist die Sache Kinderkram.
Foto: Valeriano Di Domenico
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Die Kritik von Rolf Fringer an Ihrer Person ist für Sie unverzeihlich?
Ach, das ist doch Kinderkram. Eine Meinungsverschiedenheit auf einem Fussballplatz.

Entschuldigen Sie sich bei ihm für die Ohrfeigen?
Nein. Er hat mich beschmutzt. Er soll doch am TV über Fussball reden. Nicht persönlich werden. Er verdiente es nicht anders.

Bereuen Sie wenigstens?
Es wäre unaufrichtig, zu sagen, ich bereue es. Selbstjustiz ist natürlich nicht gut. Aber es hat genützt. Seit den Ohrfeigen beleidigt mich Fringer nicht mehr.

Gewalt ist ein Tabu.
Ich bin ja gleicher Meinung. Doch auch verbale Gewaltanwendung ist nicht in Ordnung.

Wann darf man körperliche Gewalt anwenden?
Seit der Mensch Mensch ist, hat Gewalt ihren Platz. Sie ist in der DNA des Menschen. Das lehren uns Geschichte und Bibel. Auch im Strafrecht wird eine Tat anders beurteilt, wenn ihr eine Provokation vorausging.

Sie haben das Talionsprinzip in der Bibel angesprochen, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Muss man auch die andere Wange hinhalten, wenn man geschlagen wird?
Nur wenn man geschlagen wird. Nicht, wenn man beleidigt wird. Gewalt verurteile ich total. Nochmals: Das mit Rolf war keine Gewalt. Es war, um zu sagen: Jetzt halt endlich dein Maul!

Inzwischen ist ein bisschen Gras drüber gewachsen. Aber im «Tages-Anzeiger» sagten Sie, das Beste, was sie 2017 getan hätten, war, Fringer die Ohrfeigen zu verpassen. Gaga!
Das muss ich erläutern. So, wie es geschrieben wurde, habe ich es nie gesagt. Ich sagte: 2017 ist bislang ein beschissenes Jahr. Wir haben erstmals einen Cupfinal verloren. Wir haben die Quali für die Europa League durch ein klar irreguläres Tor in letzter Sekunde verloren. Wir scheiden im Cup aus gegen ein Team, das schlechter ist als meine U21. Und wir sind Letzter. Da sagte ich: Das Einzige, was mich in diesem Jahr zum Schmunzeln gebracht hat, war dieser Zwischenfall mit Rolf.

Zum Schmunzeln? Auch diese Aussage ist doch gaga?
Mir wurde vorgeworfen, auf einen älteren Mann losgegangen zu sein. Rolf ist 20 Tage jünger als ich. Das hat mich zum Schmunzeln gebracht.

Über die Strafe regt sich der Sion-Präsident aber immer noch auf.
Foto: Valeriano Di Domenico


Sie sagten, er müsse sich ent­schuldigen, bevor sie sich an einen Tisch setzen. Absurd.
Ich setze mich mit ihm sofort an einen Tisch! Ich hatte nie ein Problem mit ihm. Weshalb ich nicht weiss, woher diese Obsession mir gegenüber kommt. Vielleicht muss er mit mir reden, um diese Obsession zu überwinden.

Wie haben Ihre Eltern Sie erzogen?
Meine Mutter habe ich verloren, als ich zwölf war. Sie starb an Krebs. Mein Vater hat uns dann alleine erzogen. Er gab alles, was er hatte. Immer. Aber viel Zeit hatte er nicht. So bin ich gewissermassen als Strassenjunge aufgewachsen. In rauer Umgebung.

Lieben Sie andere Menschen?
Klar liebe ich Menschen.

Sind sie gläubig?
Ich hatte eine katholische Er­ziehung, ja.

Beten Sie oft?
Vier-, fünfmal die Woche. Nicht immer richtig beten. Manchmal nur eine schnelle Bekreuzigung.

Gehen Sie oft in die Kirche?
Regelmässig. Aber selten an Messen. Messen erlebt man an Beerdigungen zur Genüge. Die nehmen in meinem Alter zu. Dem Hospiz des Grossen Sankt Bernhard habe ich 100 000 Franken für Renovationsarbeiten gespendet.

Zurück zu Fringer. Sie sehen ein, dass Sie sich mit den Ohrfeigen schuldig gemacht haben?
Klar. Ich habe es getan. Niemand sonst.

Wer schuldig ist, soll auch bestraft werden. Auch das sehen Sie ein?
Klar. Dafür haben wir ein Strafrecht.

Und die Disziplinarkommission im Fussball.
Nein, die ist nicht da für solch einen Fall. Das ist einzig eine strafrechtliche Angelegenheit.

Aber die Disziplinarkommission hat geurteilt.
Und das absolut skandalös. 14 Monate – ohne die Parteien angehört zu haben. Diese Kommission ist unfähig und nicht neutral. Wer so arbeitet, muss sofort ersetzt werden. Ich werde Daniele Moro (Kommissionspräsident, d. Red.) einklagen, weil er gegen die rechtsstaatlichen Mindestprinzipien verstossen hat.

Wie sähe Ihr Urteil aus?
Ich wäre kreativer. Ich würde mich zu 20 000 Franken Busse verdonnern und damit ein Camp für behinderte Kinder finanzieren lassen. Und Fringer müsste für die Provokationen eine Woche lang die Kinder trainieren.

Tut Ihnen die Strafe weh?
Seit ich gesperrt bin, sind wir ans Tabellenende gerutscht. Langsam frage ich mich schon, ob da ein Zusammenhang besteht. Mit mir im Stadion war Sion nie Letzter. Ob es mir wehtut? Klar gehe ich die Spiele gerne im Stadion anschauen. Vorm TV habe ich ein Gefühl der Ohnmacht.

Schmeissen Sie hin?
Wir sind die kleinste Stadt der Liga. Es braucht in Sion Mäzenatentum, um Profisport auf dem Niveau zu finanzieren. Ohne mein Geld spielt der FC Sion maximal Challenge League. Aber es macht keinen Sinn, Geld reinzustecken, und ich kann die Jungs nicht im Stadion anschauen.

Das tönt nach Abgang.
Nicht zwingend. Es führt zur Frage: Kann ich ohne Fussball leben? Ohne könnte ich viel Geld sparen und hätte mehr Freizeit.

Haben Sie schon eine Antwort?
Nein. Was ich weiss: Es gibt in der Region schon Leute, die das machen könnten. Aber niemanden, der das machen will.

Aber es ist kein Zufall, dass Sie sich gerade jetzt Gedanken machen.
Nein, natürlich nicht. Die Strafe ist derart exzessiv, dass die Walliser verstehen würden, wenn ich die Schnauze voll hätte. Mein Image würde aber leiden, wenn ich Knall auf Fall aufhöre.

Wollen Sie denn jetzt aufhören?
Klipp und klar: nein! Aber ich bin auch nicht bereit, um jeden Preis weiterzumachen. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem ich die Spieler verkaufe und mit der U21 weitermache.

Schlussfrage: Sind Sie ein Narzisst*?
Nein. Ich habe mein Ego, meine Persönlichkeit. Aber ich bin immer transparent. Ich spiele nie eine Rolle. Ich bin, wie ich bin.

(*Rolf Fringer hat CC als Narzissten bezeichnet)

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