«Judas» Smiljanic nach Fan-Protesten gegen Forte
«Die Fans vergessen nie!»

Boris Smiljanic (42) wurde einst von hunderten GC-Fans mit «Judas-Plakate» empfangen. Der ehemalige GC-Captain über die aktuellen Fan-Proteste gegen Uli Forte, unglückliche Aussagen und einen allfälligen GC-Abstieg.
Publiziert: 12.04.2019 um 10:58 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:07 Uhr
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Michael WegmannStv. Fussballchef

Boris Smiljanic, die GC-Fans haben den neuen GC-Trainer Uli Forte nicht gerade herzlich empfangen. Mit «Uli verpiss dich!»-Plakaten. Auch im GC-Fanforum laufen sie Sturm.
Boris Smiljanic: Das war zu erwarten. Fans vergessen nie. Fans unterstützen im Normalfall ihr Leben lang einen Verein. Gehen mit diesem durch dick und dünn. Als Spieler und Trainer bist du ein Angestellter. Läuft dein Vertrag aus, verlängerst du oder wechselst den Arbeitgeber. Kommt ein Angebot von einem anderen Verein, prüfst du es.

Das Problem war, dass Forte im 2013 wenige Stunden vor seinem Abgang zu YB noch posaunte: «Ich bin der Hirte, der schaut, dass alle Schafe dabeibleiben und keines verloren geht.» Sie haben wenigstens nicht derart unglückliche Aussagen getätigt.
Doch, doch, ich habe leider auch einmal ungeschickt kommuniziert.

Was haben Sie gesagt?
Als wir mit dem FC Basel in Belgrad ein Geisterspiel austragen mussten, hat mich ein Reporter gefragt, wie schlimm es sei, vor leeren Rängen zu spielen. Ich habe geantwortet: «Das bin ich mich gewohnt, ich spielte jahrelang bei GC!» Ich war ein Vollidiot, war mir über die Konsequenzen nicht bewusst: Ich habe damit die treuen Fans im Fan-Block beleidigt. Dabei sollte diese Speerspitze denjenigen GC-Fans gelten, die zu Hause bleiben.

Welcher Weg ist für einen GC-Fan schwerer nachvollziehbar. Ihrer von GC zu Basel und zurück, oder Fortes Weg via YB und dem FCZ zurück zu GC?
Von GC zu YB zu wechseln, hat nichts Verwerfliches. Zwischen diesen beiden Klubs herrscht keine grosse Rivalität. Die Art und Weise, wie der Wechsel stattgefunden hat, war etwas unschön. Uli hat sich entschuldigt, das kann man so stehen lassen. Die Fans lassen ihren Emotionen noch freien Lauf. Spieler, Trainer und Klubvertreter  tun dies bei Klubwechseln nicht mehr.

Weshalb?
Wenn jemand einen Verein verlässt oder verlassen muss, wird ein Stillschweige-Abkommen unterschrieben und das war es. Ich hoffe jetzt, dass die Plakate gegen Forte die einzigen Fan-Proteste bleiben werden. GC muss jetzt als Einheit auftreten, braucht jede Unterstützung. Die Macht der Fans ist gross.

Ist sie nicht sogar zu gross? Die GC-Fans haben in Sion ihre Macht demonstriert, indem sie mit Pyros einen Spielabbruch erzwungen haben.
Auch hier war die Methode unschön und nicht zu akzeptieren. Aber wer die Fans nicht ernst nimmt und einen Termin mit ihnen platzen lässt, muss mit Reaktionen rechnen.

Sie kennen sich mit Plakaten aus. Als Sie erstmals im Dress des FCB zurück nach Zürich gekommen sind, haben hunderte GC-Fans «Judas-Plakate» in die Höhe gestreckt. Wars schlimm?
Da die GC-Fans diese Aktion nach der Pause gestartet haben, habe ich sie erst gar nicht mitbekommen. Zubi (der damalige FCB-Goalie Pascal Zuberbühler, die Red.) hat mich darauf aufmerksam gemacht. Ich dachte «krass!». Die Erfahrung war natürlich nicht schön.

Dennoch war es eine der eindrücklichsten GC-Choreografien. Sie könnten die Judas-Plakate ja auch als Auszeichnung betrachten?
Die Choreo war sicher eindrücklich und ideenreich. Ob ich jetzt wirklich stolz darauf bin, dass ich ein Teil von ihr bin? Wohl eher nicht, dafür bin ich auf der falschen Seite gestanden.

Warum haben Sie mitten in der Saison 2002/03 zu Basel gewechselt?
Erstens waren viele meiner ehemaligen GC-Weggefährten schon dort, vor allem auch Trainer Christian Gross. Der FCB hatte ein neues Stadion und grosse Ansprüche, Ambitionen. Und GC hat seine Ansprüche nach unten geschraubt, wollte sich plötzlich auch mit einem zweiten Platz zufrieden geben. Für mich als GC-Bub mit eingeimpftem Sieger-Gen war das unvorstellbar. 

Haben Ihnen die GC-Fans eigentlich je verziehen?
Ich hoffe und glaube schon. Viele der heutigen Fans in der Kurve waren damals noch im Kindergarten oder gar nicht geboren. Und die anderen sind auch älter geworden. Wenn GC-Fans mich heute ansprechen, wollen sie vorwiegend über die guten, alten Zeiten sprechen.



Hat GC gegen Basel überhaupt eine Chance?
Klar. Uli wird sich einen Plan zurechtgelegt haben. Ich glaube, dieser dürfte ähnlich aussehen wie damals beim gewonnenen Cupfinal 2013. Defensiv sehr kompakt stehen und auf einen siegbringenden Konter warten. Der FCB hats schwer: Er kann nicht mehr Meister werden und nicht mehr Dritter. Platz zwei ist auf sicher. Da kann die nötige Spannung verloren gehen.

Mit Marcel Koller und Carlos Bernegger sitzen beim FCB zwei ehemalige GC-Trainer auf der Bank. Haben die beiden Mitleid mit ihrem Ex-Klub
Das weiss ich nicht. Aber Marcel und Carlos werden alles dafür tun, dass die drei Punkte in Basel bleiben. Vor allem Carlos wird richtig heiss sein auf dieses Spiel – sein Abgang bei GC war damals nicht schön. (Bernegger wurde im August 2017 nach einem 2:0-Sieg gegen St. Gallen überraschend entlassen, die Red.)

Ist der Ligaerhalt noch möglich?
In acht Runden kann man fünf Punkte auf Xamax aufholen, vor allem weil ja auch noch ein Direktduell ansteht.

Das würde erst für Platz neun und die Barrage reichen.
Das würde für den Ligaerhalt reichen, davon bin ich überzeugt. Der Niveau-Unterschied zwischen der Challenge League und der Super League ist schon recht gross. Ich wünsche Uli und GC viel Glück und drücke dem Klub die Daumen, dass er nicht absteigt.

Und falls GC dennoch runter muss?
Das wäre natürlich eine Katastrophe. Er hatte sich aber abgezeichnet, seit dem ersten Spieltag wollte man einen Wasserrohrbruch mit «Pflästerli» flicken.

Sie kennen das Niveau der Challenge League als ehemaliger Schaffhausen-Trainer bestens. Nach Ihrer Entlassung wurde Schaffhausen bis auf Platz neun durchgereicht. Was ist da alles falsch gelaufen?
Zum FC Schaffhausen will ich mich nicht äussern. Ich wünsche aber auch diesem Verein, dass er den Ligaerhalt schafft.

Im Mai 2003: GC-Fans halten Schilder hoch mit der Aufschrift «JUDAS». Sie spielen auf den Transfer von Boris Smiljanic an, der mitten in der Saison zu Basel gewechselt hat.
Foto: Blicksport
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Ein Stillschweige-Abkommen unterschrieben?
Ja. (lacht)

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