Jetzt spricht Liga-Präsident Heinrich Schifferle
«Ich wäre nicht überrascht, wenn Constantin im Stadion sitzt»

Heinrich Schifferle (64) versteht bis heute nicht, warum Christian Constantin zuschlug: «Es war nicht im Affekt, sondern wohl überlegt.» Das grosse BLICK-Gespräch mit dem Liga Boss.
Publiziert: 15.10.2017 um 13:46 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:05 Uhr
Interview: Andreas Böni und Felix Bingesser

BLICK: Herr Schifferle, wann wurden Sie zuletzt geschlagen?
Heinrich Schifferle:
Ich glaube, das war irgendwann in der Schule. In den Sechziger Jahren. Damals war es noch üblich, dass der Lehrer dir mal eine geschmiert hat.

Was hatten Sie denn angestellt?
Keine Ahnung, aber wahrscheinlich hatte er recht, auch wenn ich es nicht so empfand. Und als ich es zuhause erzählte, habe ich wahrscheinlich gleich noch eine kassiert. Das waren halt noch andere Zeiten.

Christian Constantin ist vier Jahre jünger als Sie, aber kommt auch aus jener Generation.
Ja, aber was ich bis heute nicht verstehe: Warum macht das ein 60-jähriger Geschäftsmann? Er läuft in aller Ruhe zu Rolf Fringer und schlägt ihn. Nicht im Affekt, sondern wohl überlegt. Es ist mir ein Rätsel. Die Kritik von Fringer allein kann es doch nicht sein. Ich vermute, dass es da noch einen anderen Hintergrund gibt.

«Es ist mir ein Rätsel», sagt Liga-Präsident Heinrich-Schifferle über Constantins Verhalten.
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Welchen?
Das weiss ich nicht. 

Waren Sie schockiert, als Constantin direkt nach den Ohrfeigen gegen Fringer in die Kamera sagte: «Es hat gut getan»
Es war sicher eine sehr spezielle Aussage. Ich weiss nicht, ob es angezeigt ist, in einer solchen Situation eine solche Aussage zu machen. Aber auch das ist Christian Constantin.

Warum wurde er nicht sofort superprovisorisch gesperrt?
Die Liga hat das angeschaut und kann zum Schluss, dass es ein Fall für die Diszplinar-Kommission ist.

Wir sind alle gespannt, ob er am Sonntag trotz 14 Monaten Sperre im Stadion sitzt. Was denken Sie?
Wir werden es sehen. Klar ist natürlich: Wenn er in Sion rein will, dann kommt er rein Ein Ordner des FC Sion, ein Angestellter von ihm, kann ihn ja nicht aufhalten. Aber ich hoffe logischerweise, dass er den Entscheid der Disziplinar-Kommission respektiert und nicht im Stadion ist. Ich wäre aber nicht überrascht, wenn es anders ist. 

Schliesslich hat er die Diszplinar-Kommission bereits als «inkompetent» bezeichnet.
Das ist sein gutes Recht, es so zu sehen. Ich sehe es selbstverständlich anders. Es überrascht mich nicht, dass er sich so äussert. Aber es beschäftigt mich nicht speziell.

Werten Sie das Urteil Ihrer unabhängigen Disziplinar-Kommission als angebracht mit 14 Monaten Stadionsperre und 100'000 Franken Busse?
Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, das Urteil ist ausgewogen. Die Disziplinar-Kommission hat einen guten Job gemacht.

Der FC Sion ist als Klub verantwortlich, dass Constantin nicht ins Stadion kommt. Wenn Sie als Liga-Boss im TV sehen, dass er im Stadion sitzt, rufen Sie dann die Polizei?
Nein. Wenn er da ist, wird ein weiteres Disziplinar-Verfahren eröffnet. Gegen ihn und den FC Sion.

Dann gibt es Bussen oder Punktabzüge.
Es ist zu früh, um darüber zu sprechen. Ich kenne die Sanktionen nicht. Spannender ist es dann, was im nächsten Auswärtsspiel passieren würde. Am 29. Oktober spielt Sion in Bern. Dann ist YB dafür verantwortlich, dass die Stadionsperre durchgesetzt wird. Wenn sich Christian Constantin dann nicht daran hält und sich den Anweisungen widersetzt, könnte YB die Polizei rufen. Aber die Polizei wird nicht von sich aus aktiv.

Hatten Sie mit Constantin Kontakt seit dem Vorfall?
Nein. Ich habe bewusst mit niemandem gesprochen. Auch nicht mit Rolf Fringer. Bei einem laufenden Verfahren wäre es falsch, wenn man sich einschaltet.

Constantin nimmt die Liga latent nicht ernst und schätzt sie gering. Beschäftigt Sie das?
Man lernt, mit gewissen Leuten umzugehen. Das entspricht seinem Wesen, seinem Charakter. Grundsätzlich ist er im persönlichen Umgang ein sehr angenehmer Mensch. Da kann ich überhaupt nichts anderes sagen. Wie er die Welt sieht, ist ihm halt eigen. Seit der Affäre El-Hadary war es jetzt ja in Ordnung bis zu diesem Vorfall mit Fringer.

36 Punkte zog die Fifa dem FC Sion 2011 ab wegen Transfer-Ungereimtheiten. Gab es damals Überlegungen, den FC Sion aus der Liga auszuschliessen?
Meiner Erinnerung zufolge nicht.

Glauben Sie, dass diese ganze Affäre noch ein verhältnismässig gutes Ende nimmt?
Vielleicht ist das ja naiv. Aber ich hoffe, dass er die Strafe der Disziplinar-Kommission akzeptiert. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Belastet der Fall die Liga und den Schweizer Fussball?
Er belastet zeitlich. Aber die Liga ist nicht in den Grundfesten erschüttert.

Barth Constantin soll Fringer gesagt haben: «Wenn Du nochmals etwas gegen meine Familie sagst, dann schwöre ich Dir, ich töte Dich.» Was ist für Sie der schwerere Fall: jener des Sohnes oder des Vaters?
Ich habe nicht gehört, ob diese Aussage überhaupt gemacht worden ist. Beim anderen Fall gab es Video-Bilder.

Sie sehen es nüchtern.
Ja, es wäre auch falsch, in Panik zu verfallen. Es nützt nichts. Es war genug Hektik in den ersten drei Tagen nach dem Vorfall. Jetzt schauen wir, wie der Entscheid eingehalten wird oder nicht. Oder welche Rechtsmittel noch ergriffen werden.

Als Liga-Boss könnte man auch ins Wallis fahren und Constantin unter vier Augen zur Vernunft zu bringen.
Nein, das habe ich nie überlegt. Ich glaube nicht, dass es an der Situation etwas ändert, wenn ich ins Wallis gehe. Wenn ich das Gefühl hätte, es könnte etwas nützen, würde ich es machen. Aber sicher nicht solange Verfahren laufen.

Der öffentliche Druck auf die Liga ist gross. Die Leute wollen spüren, dass CC der Liga nicht wieder auf der Nase herumtanzt.
Unter Druck, ja, aber nicht unter extremem Druck. Aber wir bekommen die Volksmeinung ja schon mit, über all die Umfragen, Abstimmungen und Leser-Briefe. Aber Panik löst das nicht bei uns aus.

Haben Sie Reaktionen von anderen Liga-Bossen bekommen?
Das nicht, aber von Bekannten, die ganz weit weg im Ausland wohnen. Die Nachricht ging ja um den Globus. Immerhin waren wir im Gespräch.

Sprechen wir noch über andere Themen. Sie sind bis November gewählt. Stellen Sie sich wieder als Liga-Boss?
Ja. Ich werde kandidieren, es wäre mein siebtes Jahr.

Ist es sportlich international das schwächste Jahr der Schweizer Klubs in diesem Herbst?
Es ist vielleicht nicht das, was man sich als Liga-Präsident erhofft. Es war zum Beispiel sicher schade, dass Sion sang- und klanglos gegen Suduva ausschied. Dafür ist die Meisterschaft spannend. Für den neutralen Zuschauer ist es toll, dass Basel nicht dominiert wie in der letzten Saison.

Wann kommt der Video-Beweis in der Super League?
Wir betrachten die Versuche im Ausland mit grossem Interesse. Es ist aber sicher unrealistisch, dass man in der nächsten Saison bei uns damit startet. Die Technik wird sich aber mittelfristig durchsetzen, da bin ich mir sicher.

Und 2019?
Man muss sicher Vorlauf haben, um Video-Schiedsrichter zu rekrutieren. Zum Beispiel Super-League-Schiri Sascha Amhof, der aufhört, wäre ein Kandidat.

Das sähe Constantin anders. Einst drohte er mit Strafklage gegen Amhof, als der beim 2:3 von Sion bei YB nicht alles richtig pfiff. Und sagte: «Es gibt Schiedsrichter in dieser Welt, die korrumpierbar sind. Nein, die Strafklage gegen Amhof wegen Betrugs wird eingereicht.»
Wie gesagt: Das ist Christian Constantin.

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