Herr Burgener, wann sagen Sie Koller, dass er gehen muss?
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Interview mit Burgener:Herr Burgener, wann sagen Sie Koller, dass er gehen muss?

Interview mit dem Basel-Boss
Herr Burgener, wann sagen Sie Koller, dass er gehen muss?

Basel-Präsident Bernhard Burgener (62) fürchtet sich vor Geisterspielen wegen des Coronavirus. Was er zu einem möglichen Trainerwechsel sagt und warum sein Klub wie Red Bull Salzburg werden soll.
Publiziert: 01.03.2020 um 16:43 Uhr
Andreas Böni (Interview) und Toto Marti (Fotos)

Morgens zehn Uhr in Pratteln. Bernhard Burgener (62) lädt in seinen Geschäfts­räumen im Kanton Baselland zum Interview, lässt sich vor übergrossen Figuren von Shrek und Indiana Jones fotografieren. Es sind Zeichen seiner grossen Erfolge als Filmunternehmer, mit beiden Charakteren hat er viel Geld gemacht.

Burgener kränkelt ein wenig. Muss man Angst haben, ihm die Hand gegeben zu haben? «Nein, nein. Ich huste nicht, das Coronavirus ist es nicht», sagt er. Und trotzdem beschäftigt es ihn nach den Spiel­absagen in der Super League.

Herr Burgener, wegen des Coronavirus wurden alle Super-League-Spiele abgesagt. Können Sie das verstehen?
Bernhard Burgener:
Sagen wir es mal so: Ich vertraue den Spezialisten. Den Ärzten, den Gesundheitsämtern und der Regierung. Aber klar, wenn wir Geisterspiele hätten und die Zuschauereinnahmen wegfallen, haben alle ein grosses Pro­blem. Da müssten sich die Liga und der Verband etwas überlegen. Wir müssen jetzt versuchen, eine Lösung zu finden, damit es möglichst ohne Geisterspiele geht. Aber die Gesundheit unserer Fans, Spieler und Mitarbeitenden hat höchste Priorität.

Bernhard Burgener mit Shrek und Indiana Jones in seinem Büro in Pratteln BL.
Foto: TOTO MARTI
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Es wirkt schon arg wie Panik­mache.
Es ist ganz schwierig, das Ganze einzuschätzen. Weil es doch erstaunlich ist, wie viele Menschen auf engstem Raum fliegen oder Zug fahren. Aber eben, die Behörden werden ihre Gründe haben.

Welche Mass­nahmen haben Sie in Ihren Firmen getroffen?
In unseren Firmen gab es Mitarbeiter-­Informationsschreiben, man solle sich die Hände öfters waschen. Wir wollten Desinfektionsmittel be­stellen, aber sie waren überall ausverkauft. Ich habe bei Markus Lanz einen ­Virologen gesehen, der sich Sorgen um Spitalmitarbeiter in Deutschland macht, weil alle Schutzmasken nach China vermittelt wurden. Das ist schon beklemmend.

Für die Filmindustrie ist es ein herber Schlag, wenn die Kinos geschlossen werden.
Unser nächster internationaler grosser Film startet erst im Herbst, wir sind noch nicht direkt be­troffen.

Sie vermarkten auch die Champions League. Ein Final ohne Fans, wollen Sie sich das vorstellen?
Nein. Das wäre eine Katastrophe. Aber am besten fährt man, wenn man Ruhe bewahrt. Beim Coronavirus. Und auch beim FCB.

Im Büro des FCB- Präsidenten steht ein Mannschaftsfoto der Saison 1993/94. Es zeigt Vorstandsmitglied Burgener mit bunter Krawatte, wie man sie heute nie im Leben mehr tragen würde, neben Legende Karli Odermatt. «Nati-B-Zeit», sagt Burgener, «ich habe schon damals gelernt, leidensfähig zu sein.»

Auch jetzt läufts mehr schlecht als recht. In der Liga hat man fünf Punkte Rückstand, in der Europa League erreichte man den Achtelfinal. Der auslaufende Vertrag von Marcel Koller – er verlängert sich nur mit dem Meistertitel – ist ein Dauerthema.

Herr Burgener, wann sagen Sie Marcel Koller, dass er im Sommer gehen kann?
Über Verträge rede ich nie öffentlich. Das diskutiere ich jetzt nicht.

Das ist doch im Fussball ein unhaltbarer Zustand, dass man einen Trainer zappeln lässt. Ein Misstrauensvotum.
Das sagen Sie. Der FC Basel hat mit Marcel Koller einen Vertrag geschlossen, mit dem beide Parteien einverstanden sind. Sollte sich etwas ändern, besprechen wir das persönlich, und falls notwendig, informieren wir dann die Öffentlichkeit.

Ihr Klub holte ein einziges Pünktchen aus drei Heimspielen gegen St. Gallen, Thun und Servette. Früher wäre ein Trainer in Basel in hohem Bogen geflogen.
Ich führe keine Statistik darüber. Welche Trainer meinen Sie?

Na ja, Raphael Wicky musste vor eineinhalb Jahren nach nur zwei Pflichtspielen kurz nach Saisonstart gehen.
Ich möchte festhalten, dass Raphael Wicky hervorragende Arbeit während seiner Zeit beim FC Basel geleistet hatte, bestes Beispiel dafür die erfolgreichste Uefa-Champions-League-Saison in der Geschichte des FCB mit 5 Siegen und der Qualifikation für die Achtelfinals. Und aktuell, man muss doch sehen, wie die Resultate zustande kamen und dann die Analyse machen. Wir haben zwei klare Ziele für diese Saison: Wir wollen um die Meisterschaft mitkämpfen. Und so lange wie möglich europäisch dabei sein. Mit dem Erreichen des Europa-League-Achtelfinals ist eines erreicht.

Gab es den Gedanken, Koller schon vorzeitig zu entlassen?
Ich äussere mich nicht öffentlich über unserer Mitarbeitenden, es haben alle unser Vertrauen.

Wie fanden Sie es, als Ihr Freund und Verwaltungsrat Karli Odermatt Koller im TV kritisierte?
Karl Odermatt hat über das Spiel gesprochen. Ob ich Freude hatte oder nicht, ist egal. Grundsätzlich sind wir eine Familie. Wie bereits erwähnt, sollte sich keiner negativ über den Trainer, Sportchef, die Geschäftsstelle oder Spieler öffentlich äussern.

Odermatt steht Koller kritisch gegenüber, wie auch Mitbesitzer David Degen. Anders sieht es bei CEO Roland Heri und Sportchef Ruedi Zbinden aus. Ihr Klub ist gespalten.
Da wissen Sie mehr als ich. Und solche Themen würde ich nicht öffentlich diskutieren.

Sie wollen den Klub umbauen, in Richtung Red Bull Salzburg oder Ajax Amsterdam. Erklären Sie das bitte mal.
In Bezug auf Aus­bildung, Spielart und digitales Marketing ist das richtig. Die Red-Bull-Klubs oder Ajax sind in diesen Punkten ein Vorbild für uns. Ich liebe alles, was Ralf Rangnick vorgemacht hat. Schnelles Umschalten, Pressing, Tempo bei Ballbesitz.

Er wäre ja grundsätzlich auf dem Markt, auch wenn er wohl eine grössere Aufgabe bevorzugt. Aber man muss schon ehrlich sein: Marcel Koller ist der falsche Trainer für diese Philosophie.
Lassen Sie doch bitte mal das Thema Trainer auf der Seite...

Gut. Dann kann man skeptisch sein, ob Ruedi Zbinden mit 60 der richtige Sportchef für diese Aufgabe und die technologische Welt des RB-Fussballs ist, oder nicht?
Schauen Sie: Ich bin kein Freund von Aktionismus. Veränderungen, die man plant, brauchen eine gewisse Zeit. Man muss an alles denken. Grundsätzlich war es in all unseren Betrieben so: Gibt es Veränderungen, wollen wir die Leute, die sich intern im Betrieb schon lange bewährten, befördern und ihnen eine Chance geben. Das war bei Ruedi Zbinden so und auch bei Roland Heri, der CEO wurde.

Ja, aber Sie sind 62, CEO Roland Heri und Ruedi Zbinden 60 und Marcel Koller 59. Ihr Klub braucht weitere jüngere Menschen, wenn man wirklich in diese Richtung gehen will.
Wir haben ja Percy van Lierop als neuen Nachwuchs-Chef geholt. Er war bei Red-Bull-Salzburg und Ajax Amsterdam. Er hat diese Ausrichtung im Blut.

U18-Trainer Alex Frei will einst für diesen Fussball stehen und ist immer wieder mal Thema als FCB-Coach der Zukunft.
Er macht einen sehr guten Job. Er ist auf dem richtigen Weg und ich bin froh, dass er bei uns ist.

Sprach Hannover persönlich mit Ihnen, als man ihn wollte?
Nein, dafür haben wir eine sportliche Abteilung. Aber nochmals zur Verjüngung: Natürlich achten wir darauf. Und da ist mit David Degen neu ein 37-Jähriger Mitbesitzer.

Wie kam das eigentlich?
Wir haben uns über drei Monate näher kennengelernt, ich empfand die Gespräche als sehr spannend und konstruktiv. Er ist mit Herz und Leib für den FCB dabei und ich finde, er passt zu uns. Er bringt hohe sportliche Kompetenz mit und ich denke, dass wir menschlich zusammenpassen.

Sein Zwillingsbruder Philipp ist weiter Spielerberater. Da hat es doch Konfliktpotenzial.
Nein, das sehe ich nicht. David tritt bei allfälligen Interessenkollisionen in den Ausstand, es gibt eine klare Trennung.

Klare Trennung? Die Männer sind Zwillinge?
Natürlich haben sie eine enge Bindung. Aber es ist wirklich überhaupt kein Problem.

Hält er sich im operativen Geschäft raus?
Ja. Aber er ist Mitbesitzer. Er kann und soll sich zu allem äussern im Verwaltungsrat, das gehört dazu.

Wird er irgendwann Mehrheitsaktionär?
Ich bin zwar schon auf der falschen Seite der 60, aber ich fühle mich noch fit und freue mich auf die kommenden Jahre. Aber was immer passiert, wenn ich irgendwann übergebe, dann soll der Verein langfristig in Basler Hände.

Können Sie eigentlich ausschliessen, dass Sie Ex-Red-Bull- und Hoffenheim-Trainer Peter Zeidler abwerben?
St. Gallen siegte bei uns mit einem Team, das im Schnitt 22,45 Jahre alt ist. Genial, auch die Laufleistung, die statistischen Werte...

... das beantwortet die Frage nicht. Gefällt Ihnen Zeidler?
(lacht) Erst wollten Sie mir Rangnick und Frei schmackhaft machen, jetzt noch Zeidler. Sie probieren es wirklich von allen Seiten.

Es ist viel passiert in Basel seit vergangenem Sommer. Marco Streller (38) trat als Sportchef zurück, weil er Koller nicht durch Aarau-Coach Patrick Rahmen ersetzen durfte. Koller war Cupsieger geworden und stabilisierte die Mannschaft, die zuletzt allerdings wieder stagnierte.

Wie kam es zu Ihrem Sinneswandel, auf Marcel Koller statt auf Streller zu setzen? Koller war bereits mündlich freigestellt und hatten seinen Spind geräumt.
Auf die Geschichte gehe ich ganz sicher nicht mehr ein.

Wie sehen Sie mit ein paar Monaten Abstand Strellers Rücktritt?
Er hat in meiner Betrachtung einen sehr guten Job gemacht. Er war für die bisher erfolgreichste Champions-League-Saison des FCB mitverantwortlich, mit fünf Siegen. So konnten wir auch Spieler wie Akanji oder Elyounoussi erfolgreich verkaufen. Im nächsten Jahr folgte der Cupsieg. Er hat Grosses für Basel getan.

Streller hatte Vermögenswerte geschaffen, mit Albian Ajeti oder Jonas Omlin. Und auch Noah Okafor aus der Jugend, der für 13 Millionen Franken zu Red Bull Salzburg wechselte.

Warum liessen Sie Okafor gehen?
Wir haben mehrere Gespräche geführt. Wir hätten ihn sehr gerne beim FCB behalten. Er wollte aber unbedingt nach Salzburg. Dies sei sein grösster Wunsch und auch sein Traumverein. Da musst du eine Lösung finden. Wir lassen den Menschen Ihren freien Willen und wir sind schlussendlich auch keine «Menschenhändler» Und für den FCB ist aber auch entscheidend, dass der Verein ein fairen Transfererlös erhält. Und der war gut. Ich bin dafür, dass man Menschen Vertrauen gibt. Und wir wünschen Noah vor allem viel Glück und Erfolg.

Das sind menschlich schöne Gesten. Und trotzdem gelten Sie beim FCB als knallharter Sanierer. Als Sie übernahmen vor zweieinhalb Jahren, lagen die Kosten bei 126 Millionen Franken, dieses Jahr dürften sie bei nur noch 80 sein.
Als ich kam, sagte ich, dass nichts mehr wie früher sein wird. Wir hatten 33 Spieler im Kader, und die Jungen spielten gerade mal 1700 Minuten. Und seither sind die Realitäten auch anders geworden: Früher hatte der FCB als Meister die Garantie, in der Champions League zu sein. Ab nächster Saison muss man als Meister drei Runden überstehen. Es ist nichts mehr wie früher. Die Schweiz verliert Rang um Rang im Europa-Ranking, es wird immer schwieriger. Darum muss man den Klub finanziell den neuen Realitäten anpassen. Und gleichzeitig den Spagat schaffen, eine gute Mannschaft auf die Beine zu stellen. Wir haben alle Wünsche von Sportchef Ruedi Zbinden erfüllt, Cabral, Ramires und Bergström. Allerdings muss man auch sagen, dass die Kaufoptionen für die beiden Brasilianer am oberen Limit sind für unsere Verhältnisse. Nicht gerade Rekordeinkauf (Alex Frei für 6,5 Mio. Fr – die Redaktion), aber auch nicht viel darunter.

Also sparen Sie den Klub kaputt?
Nein. Aber die Lohnkosten dürfen auch gemäss der Fifa in Bezug auf die Gesamteinnahmen ein gewisses Niveau nicht überschreiten. Wir müssen die Versprechungen, die wir gemacht haben, übernächste Saison erreichen. Finanziell. Und dass wir unser Konzept «Für immer Rotblau» durchziehen, sehen Sie ja. Beim 3:0 in der Europa-League gegen Nikosia spielten mit Cömert, Petretta, Stocker, Frei, Xhaka und Campo sechs Basler. Und 2017 kamen alle Spieler unter 21 für 1743 Minuten zum Einsatz – 2018 waren es 9127 Minuten, 2019 waren es 8175 Minuten.

Trotzdem haben Sie weniger Zuschauer. Die Leute wollen Titel.
Ja, Fakten lügen nicht. Aber man muss auch sehen: Den grössten Zuschauerrückgang gab es, als der FCB das Double holte unter Urs Fischer. Das ist eine Entwicklung. Zum einen ist man erfolgsverwöhnt. Zum zweiten ändert sich das Freizeitverhalten der Leute.

Wollen Sie Ihr Stadion immer noch verkleinern?
Wir sind Mieter, da können wir nichts machen. Aber mir hat es am besten gefallen, als es eröffnet wurde. Vor der EM 2008, als man es aufbaute. Seither war es einfach nicht oft ausverkauft. Es tut weh, wenn es im Stadion viele leere Sitze gibt.

Ändert sich das, wenn die Liga auf 12 Klubs aufgestockt wird?
Wir haben uns intern bei der Liga und den Klubs geäussert, nach aussen tun wir das nicht.

Sie sind dagegen.
Das Wichtigste ist, dass wir einen Modus haben, in dem man auch junge Spieler einbauen kann, die später ins Ausland wechseln können. Da muss man die richtige Balance finden.

Bernhard Burgener persönlich

Bernhard Burgener wird am 7. August 1957 in Basel unweit des St. Jakob-Parks geboren. Bereits mit 25 macht er sich selbständig, ist mit 28 mehrfacher Millionär. Seit dem 1. Juli 2017 ist der Unternehmer Präsident des FCB, den er, je nach Quellen, für 15 bis 20 Millionen Franken erwarb. Privat wohnt Bernhard Burgener in Zeiningen AG, ist seit 1979 mit seiner Frau Romy zusammen (verheiratet seit 1991) und Vater der Kinder Robin und Ramona.

Bernhard Burgener wird am 7. August 1957 in Basel unweit des St. Jakob-Parks geboren. Bereits mit 25 macht er sich selbständig, ist mit 28 mehrfacher Millionär. Seit dem 1. Juli 2017 ist der Unternehmer Präsident des FCB, den er, je nach Quellen, für 15 bis 20 Millionen Franken erwarb. Privat wohnt Bernhard Burgener in Zeiningen AG, ist seit 1979 mit seiner Frau Romy zusammen (verheiratet seit 1991) und Vater der Kinder Robin und Ramona.

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