Die Zeugnisse der Sportchefs
FCSG-Sutter Klassenbester – FCZ-Jurendic ungenügend

Mehr als ein Drittel der Meisterschaft ist gespielt. Bevor die Super-Ligisten in der WM-Pause ihr Kader entschlacken oder aufrüsten können, benoten die Fussball-Reporter von SonntagsBlick die bisherige Arbeit der Sportchefs anhand von fünf Kriterien.
Publiziert: 30.10.2022 um 00:28 Uhr
|
Aktualisiert: 30.10.2022 um 17:06 Uhr
Fussball-Redaktion

Über ein Drittel der Meisterschaft ist gespielt, die Weichen sind gestellt. Bevor die Super-Ligisten in der WM-Pause ihr Kader entschlacken oder aufrüsten können, benoten die Fussball-Reporter von SonntagsBlick die bisherige Arbeit ihrer Sportchefs anhand von fünf Kriterien.

Remo Meyer (Luzern), Note: 4,5

Seit 2017 ist er im Amt. Die letzten 365 Tage waren besonders intensiv. Nach der schlechtesten Hinrunde der Klubhistorie ersetzte er Trainer Celestini durch Mario Frick. Volltreffer! Trotzdem muss der 41-Jährige um seinen Job bangen, weil ihn Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg am 3. November absägen will. Dies könnte also Meyers Bewerbungszeugnis für neue Aufgaben sein …

Trainer- und Staff-Zusammenstellung 5

1. Alain Sutter, St. Gallen (Note 4,9)
Foto: PIUS KOLLER
1/12

Mit Frick hatte Meyer ein goldenes Händchen. Unter dem Liechtensteiner und Co-Trainer Roman Matter zeigt der Trend aufwärts. Letzte Saison retteten sie den Klub dank einer starken Rückrunde vor dem Abstieg.

Kaderzusammenstellung 4

28 Spieler sind im Kader des FC Luzern. Das sind auf den ersten Blick zu viele. Doch Frick will den internen Konkurrenzkampf. Bereits 25 sind zum Einsatz gekommen. Was auffällt: Auf fast jeder Position gibts einen Routinier und einen Youngster. So können die Talente in Ruhe lernen und sich weiterentwickeln.

Transfers 4,5

Letztes Jahr sind Meyer auf dem Transfermarkt einige Fehler unterlaufen – Stichwort Holger Badstuber. Jetzt ist er mit Max Meyer erneut ein Wagnis eingegangen. Doch diesmal passts. Zudem hat man vier Spieler aus der Challenge League geholt. Dorn und Beloko sind unumstrittene Stammspieler. Der teuerste Zuzug Ardaiz, der für gut eine Million Franken von Schaffhausen kam, funktioniert aber noch nicht. 20 Super-League-Tore hat er angesagt. Erzielt hat er noch keines. Die Abgänge von Ugrinic (2,5 Mio. Franken) und Ndiaye (850’000) sorgen für eine positive Transferbilanz.

Aktueller Leistungsausweis 4

Während es neben dem Platz wegen Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg heftig rumort und es am 3. November zu einer ausserordentlichen Generalversammlung kommt, befindet man sich sportlich auf Kurs. Gewinnen die Luzerner das Nachholspiel gegen Basel, setzen sie sich in der oberen Tabellenhälfte fest.

Eigene Nachwuchsspieler 5

Ardon Jashari (20) ist das Juwel. Insgesamt sinds aber zwölf Eigengewächse im Kader – eines davon ist Meyers Sohn Leny (19).

Carlo Frezza


Marinko Jurendic (FCZ), Note: 3,3

Er ist Sportchef und auch Mitglied der Geschäftsleitung. Er kann, wie beim neuen Trainer Bo Henriksen, Vorschläge platzieren und seine Meinung einbringen. Den finalen Entscheid trifft die sportliche Leitung, angeführt von den Canepas. Letzte Saison wurde quasi alles, was man anfasste, zu Gold. Für diese Saison gilt bisher eher das Gegenteil.

Trainer- und Staff-Wahl 2

Franco Foda als Nachfolger von Trainer André Breitenreiter war ein Fehlgriff. Der Deutsche passte schlichtweg nicht. Ihm wurde seine unnahbare Art zum Verhängnis, er konnte nie Freude entfachen. Hätte sich der FCZ im Vorfeld in Österreich ein wenig besser umgehört, hätte dieser kolossale Irrtum verhindert werden können. Nach acht Ligaspielen und dem Cup-Out wurde der Fehler immerhin korrigiert und Foda, trotz Zweijahresvertrag, mit den zwei Assistenten entlassen. Nun setzt Jurendic auf die Risikooption Henriksen als Retter, einen Trainer ohne Deutsch- und Ligakenntnisse.

Kaderzusammenstellung 4,5

Die Kadergrösse passt. 27 Spieler für ein Team, das europäisch spielt, ist ideal. Ob aber die Mischung stimmt? Eher nicht. Der FCZ hat mit Brecher und Ex-Nati-Star Dzemaili nur zwei absolute Führungsspieler. Das Problem: Brecher ist Goalie und Dzemaili mit seinen 36 Jahren nicht mehr der unermüdliche Antreiber von früher.

Transfers 3

Wer mit Ceesay 20 Saison-Tore und mit Doumbia den besten Balleroberer der Liga ablösefrei ziehen lassen muss – und sie nicht wirklich ersetzt –, hat was falsch gemacht. Die Zuzüge haben bisher nicht überzeugt. Der kroatische Strafraumstürmer Santini (33) kam aus Saudi-Arabien und ist bisher ein Flop. Mittelfeldspieler Conde ist erst 22 und (noch) kein Doumbia. Der Norweger Selnaes kam aus China und war zuvor monatelang ohne Spielpraxis. Und Verteidiger Katic kam verletzt. Dass kurz vor Schluss immerhin Juwel Gnonto noch verkauft werden konnte, gibt Pluspunkte. Ersetzt wurde er nicht. Nicht verkauft wurde Omeragic, obwohl es geplant war, aber man forderte zu viel Ablöse.

Aktueller Leistungsausweis 1,5

Letzter Platz ohne Sieg als Meister, der FCZ ist ganz klar DER «Underperformer» der Super League. Kommt das klägliche Cup-Out gegen den Unterklassigen Lausanne hinzu. Immerhin hat man das europäische Ziel, die lukrative Gruppenphase der Europa League, erreicht. Überwintern wird man aber da kaum.

Eigene Nachwuchsspieler 5,5

Mit Brecher, Kryeziu, Rohner, Kamberi, Krasniqi und Dzemaili stehen gleich sechs ehemalige FCZ-Junioren regelmässig auf dem Platz. Zudem hats weitere Nachwuchsspieler wie Hodza im Kader.

Matthias Dubach

Alain Sutter (St. Gallen), Note: 4,9

Während Spielen wirkt der St. Galler Sportchef jeweils, als scheine ihn nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe zu bringen. Nun aber machen sich Sorgenfalten breit. Weil mit Fabian Schubert, Julian von Moos und Emmanuel Latte Lath gleich drei wichtige Offensivkräfte verletzt ausfallen. Bitter, weil die Ostschweizer zu Saisonbeginn auf Kurs waren. Und grundsätzlich über ein gut zusammengestelltes Ensemble verfügen.

Trainer und Staff-Wahl: 5,5

Vier Jahre, drei Monate, 30 Tage ist Peter Zeidler nun im Amt. Im hektischen Fussballgeschäft eine Ewigkeit. Heute wie damals gilt: eine Top-Wahl. Die Mannschaft trägt die Handschrift des Trainers, FCSG-Spiele sind ein Erlebnis. Was zur Krönung noch fehlt, ist ein Titel.

Die Kaderzusammenstellung: 5

Die Achse um Captain Görtler und Mittelfeldhirn Quintilla steht, Goalie Zigi hat seinen Vertrag bis 2025 verlängert. Drumherum wuseln junge Wilde. Alles wie gemacht für den laufintensiven Zeidler-Fussball. Die Mischung stimmt.

Die Transfers: 4,5

«Ein Stürmer, der 15 Tore schiesst, ist ein gewichtiger Abgang, das schleckt keine Geiss weg», sagt Sutter nach dem Abgang von Topskorer Kwadwo Duah. Mit Emmanuel Latte Lath (23, Atalanta) hat er einen pfeilschnellen Spieler ausgegraben, der das Potenzial hat, zur Attraktion zu werden. Ebenfalls eine Verstärkung ist Linksverteidiger Guindo Daouda, der leihweise von Red Bull Salzburg kam. Andere Transfers wie Chadrac Akolo (Amiens) oder Albert Vallci (Salzburg) kamen mit Vorschusslorbeeren, haben bislang aber noch keine Stricke zerrissen.

Leistungsausweis: 4,5

Was für Sutter spricht: Vor einem Jahr hatte man fünf Tore und drei Punkte weniger auf dem Konto als aktuell. Was gegen ihn spricht: Von den letzten sechs Spielen konnten die St. Galler keines gewinnen.

Eigene Nachwuchsspieler: 5

Noch in der letzten Saison kannten Christian Witzig nur Insider, in dieser Spielzeit kommt das 21-jährige Eigengewächs regelmässig zum Einsatz. Mit Sutter, Stergiou und Stillhart sind drei weitere Ostschweizer Stammelf-Kandidaten. Allgemein hat Coach Zeidler in den letzten Jahren bewiesen, dass er auf die eigene Jugend setzt.

Stefan Kreis

Carlos Da Silva (Lugano), Note: 3,9

Die Rollen beim FC Lugano sind klar verteilt. Den Schweizer Markt «beackert» Carlos Da Silva, gehts über die Grenze, ist die Scouting-Abteilung von Partnerklub Chicago Fire zuständig. Budget-Hoheit hat bei allen Transfers Georg Heitz.

Trainer und Staff-Wahl: 5

Mattia Croci-Torti als Trainer passt zum FC Lugano. Energisch, emotional und ein waschechter Tessiner, die Integrationsfigur schlechthin.

Die Kaderzusammenstellung: 4

Die Achse mit den Routiniers Daprela, Doumbia und Sabbatini steht. Zudem ist das Team im Vergleich zu letzter Saison stark verjüngt. 27 Kaderspieler sind genug, doch es fehlt mindestens ein Aussenverteidiger.

Transfers: 5

Die Verpflichtung von Nati-Spieler Steffen ist ein Coup. Dass man aber dem Meister FCZ Mittelfeld-Puncher Doumbia ablösefrei wegstibitzt hat, eine Meisterleistung. Lars Mai, der junge Innenverteidiger von Bayern München, ist jedoch noch den Beweis schuldig geblieben, dass er die rund 1,6 Millionen Ablöse wert ist. Die Tessiner haben mit Custodio, Lovric, Maric und vor allem mit Laufwunder Lavanchy viel Qualität verloren.

Aktueller Leistungsausweis: 3,5

Vom Cup-Sieger mit einem so finanzkräftigen Besitzer wie Joe Mansueto im Rücken, mit Nati-Spielern wie Steffen und Bottani muss man mehr erwarten dürfen. Hinzu kommt das europäische Blitz-Out.

Eigene Nachwuchsspieler 2

An Tessinern fehlt es an allen Ecken und Enden – zum Glück ist da der «Sohn der Stadt», Mattia Bottani.

Michael Wegmann

Steve von Bergen (YB), Note: 4,8

Steve von Bergen ist der Zauberlehrling. Der Mann, der YB in eine neue Ära des Schweizer Fussballs mit vier Meistertiteln in Folge führte, hat sich eine Etage höher aus dem Daily Business verabschiedet: Christoph Spycher ist nun VR-Verantwortlicher Sport. Weil Von Bergen noch ein Rookie ist, ist Spycher der Mann, der das neue YB zusammengestellt hat.

Trainer- und Staff-Wahl 5

Bislang ist die Wahl von Raphael Wicky ein Volltreffer. Was nach der Niete mit David Wagner auch nicht schwierig war. Allerdings mit dem Makel des Verpassens der Conference League gegen Anderlecht. Die Auftritte sind oft nicht glanzvoll (Wicky: «Wer sind wir denn hier? Manchester City?»), aber grundsolid. YB scheint wie in den Meisterjahren kaum zu schlagen. Und Wicky sorgt auch sonst für Unterhaltung mit dem Schubser am vierten Offiziellen und Rot wegen Meckerns. Ihn assistiert der erfahrene Zoltan Kadar (ex GC), ein schlauer Zuzug, und Ex-YB- und -Thun-Spieler Giuseppe Morello.

Kaderzusammenstellung 4,5

Es wurde im Hinblick auf eine europäische Gruppenphase konzipiert. Als klar wurde, dass es keine gibt, wurde es noch schnell entschlackt. Aber immer noch sind drei Rechtsverteidiger da, wodurch Maceiras, letzte Saison noch Stammspieler, noch keine Liga-Sekunde gespielt hat. So gesehen ist das Kader der nackte Wahnsinn. Lauper hat alle Mühe, wieder hineinzukommen. Links duellieren sich mit Garcia und Benito zwei Internationale. Vorne ist einer aus dem Trio Itten, Nsame und Elia überzählig. Und auch Captain Lustenberger spielt nicht regelmässig. Für Wicky heisst es: Leute bei Laune halten.

Transfers 5

Diese Spieler sind gekommen: Itten, Benito und Imeri, alles Nationalspieler. Ugrinic und Rrudhani, heiss begehrte Blue Chips. Und Nsame ist zurück aus Venedig. Dazu Perspektivspieler Chaiwa. Allesamt Hochkaräter. Sie ersetzen Ngamaleu, Kanga und Torschützenkönig Siebatcheu sowie die ausgemusterten Sulejmani, Fernandes und Mambimbi. YB wurde rundum erneuert. Und macht gleichzeitig einen Transfergewinn von vier, fünf Millionen Franken. Das nennt man mal Effizienz.

Aktueller Leistungsausweis 5

YB droht der Konkurrenz zu enteilen. Die Berner sind wieder effizient, verlieren kaum und sind in der YB-Viertelstunde wieder eine Macht. Nie haben sie in den letzten 15 Minuten ein Tor gekriegt, aber einige Spiele gedreht. Auch wenn viele Matches eng sind, es macht der unsteten Konkurrenz Angst, dass YB schon fünf Punkte Vorsprung hat.

Eigene Nachwuchsspieler 4,5

Goalie Nummer eins, David von Ballmoos, und die Nummern drei und vier, Dario Marzino und Leandro Zbinden. Dann Lewin Blum, Sandro Lauper, Aurèle Amenda und Supertalent Fabian Rieder. Sie kommen aus der YB-Nachwuchsschmiede. Bei YB gilt also durchaus: Berner Jugend darf in der ersten Mannschaft forschen.

Alain Kunz

David Degen (Basel) 4,1

Der Titel «Sportchef» ist beim FCB aktuell nicht vergeben. Es gibt mit Philipp Kaufmann einen Kaderplaner, die finalen Entscheidungen trifft aber David Degen. Der Ex-Profi hat im Frühling 2021 die Aktienmehrheit von Bernhard Burgener übernommen und angekündigt, aus Rot-Blau einen Durchlauferhitzer für eigene und auswärtige Talente zu machen. Gleichzeitig soll der FCB wieder in Titelkränze kommen und attraktiven Offensivfussball zeigen.

Trainer- und Staff-Wahl 4,5

Keine Frage: Alex Frei und der FCB – diese zwei Parteien gehören zusammen. Ob die Wiedervereinigung sportlich erfolgreiche Früchte trägt, wird sich indes zeigen. Bislang jedenfalls ists ein Auf und Ab – mit zuletzt mehr «Abs». Frei kam mit der Referenz nach Basel, nach 37 Jahren Dornröschenschlaf den FC Winterthur in die Super League geführt zu haben. Beim Abschied auf der Schützenwiese eingepackt und mit nach Basel genommen hat er Assistent Davide Callà, Freis zweiter Assistent Martin Andermatt war letzte Saison ebenfalls in der Challenge League tätig (Barrage-Quali mit Schaffhausen). Ein harmonisches Trio mit dem schwierigsten Job in der Liga: Den FCB nach dem Mega-Umbruch im Sommer möglichst schnell zum Erfolg zu führen.

Kaderzusammenstellung 4

Wäre die Super League ein virtuelles Managerspiel und würde nur individuelle Qualität zählen, der FCB wäre ein echter Titelanwärter. Doch in der Realität offenbaren sich bei genauerem Hinschauen Mängel. Beispiel Altersstruktur: Ausser Ersatzgoalie Mirko Salvi und Verteidiger Kasim Adams sind alle Spieler entweder Ü31 oder U25. Der Mittelbau, also konstant abliefernde Profis im besten Alter, fehlt. Einer von zwei Hauptgründen für das leistungsmässige Auf und Ab. Der andere: Es gibt keinen Spieler, der Partien im Alleingang entscheiden kann. So wie in der vergangenen Saison Cabral, Valentin Stocker oder Edon Zhegrova. Einen solchen braucht es jedoch dringend, wenn absehbar ist, dass die vielen Talente leistungsmässig auf der Achterbahn unterwegs sind – und man als FCB trotzdem ganz vorne mitspielen will.

Transfers 4,5

15 Spieler und damit die Hälfte sind Neuzugänge oder Leih-Rückkehrer. Überzeugt haben bislang Goalie Marwin Hitz und Innenverteidiger Arnau Comas. Andere Neue wie Zeqiri, Augustin, Calafiori und Amdouni hinken den hohen Erwartungen hinterher.

Aktueller Leistungsausweis 4

Europäisch wurde das Minimalziel «Gruppenphase» erreicht, verbunden mit überlebenswichtigen Millionen-Einnahmen. Doch nun zittert der FCB in der Gruppe mit den bescheidenen Gegnern Bratislava, Zalgiris und Jerewan vor dem letzten Spieltag ums Weiterkommen – da durfte man mehr erwarten. Und in der Super League? Rot-Blau hängt im Mittelfeld fest und performt auch in diesem Wettbewerb bislang weit unter den Möglichkeiten und Erwartungen.

Eigene Nachwuchsspieler 3,5

Das Burgener-Konzept «Für immer Rot-Blau» hat Degen nicht übernommen. Aber angekündigt, dass die Nachwuchsquelle bald kräftig sprudeln soll. Klar, bis es so weit ist, braucht es Zeit. Trotzdem: Auch anderthalb Jahre nach Degens Amtsantritt ist kein eigener Junior mit Stammplatz-Potenzial in Aussicht. Die einzigen Eigengewächse, die bei den Profis eine Rolle spielen, sind die Teamsenioren Fabian Frei und Taulant Xhaka.

Sebastian Wendel

Barthélémy Constantin (Sion), Note: 4,3

Barthélémy Constantin ist Sportchef von Vaters Gnaden. Bei den Wallisern ist alles ein wenig anderes strukturiert – wenn überhaupt – als in anderen Klubs. Da herrscht kreatives Chaos. Und am Ende entscheidet Christian Constantin. So auch in Sachen Transfers. Doch mit jenem von Mario Balotelli hat sich der Junior ziemlich emanzipiert. Deshalb gabs auch zum ersten Mal explizit dickes Lob von CC für den Filius. Aber klar: Die finalen Entscheidungen trifft nach wie vor der Präsident – allein.

Trainer- und Staff-Wahl 5

Paolo Tramazzani rettete dem FC Sion mit Beton-Fussball und Catenaccio in extremis die Klasse. Positiv kann man von Pragmatismus sprechen. Umso überraschender, dass Sion mit demselben Trainer beschwingter auftritt und auch weit vorne klassiert ist. Von daher war ein Festhalten am Italiener richtig. Und auch Balotelli scheint er im Griff zu haben … Bei Sion nicht unwichtig sind die Assistenten, ist doch Vulkan Tramezzani permanent kartengefährdet. Burim Kukeli, der begabte und vielversprechende Neue, den die Constantins im Sommer holten. Zweiter Assistent ist der loyale José Sinval, der seit sechs Jahren im Klub ist.

Kaderzusammenstellung 5

26 Spieler hat der FC Sion aktuell im Kader, inklusive dreier U21-Talente. Das ist überraschend, denn noch in der Vorsaison mussten sich die diversen Coaches mit einem aufgeblähten Kader herumschlagen. Da ist im Sommer massiv entschlackt worden, nachdem sich vor gut einem Jahr auf dem quantitativen Höhepunkt 40 Spieler im Fanionteam tummelten. Strukturell ist das Kader clever zusammengestellt. Mit Lavanchy, Lindner, Poha sowie Cyprien hat man bei den Zuzügen nebst den fussballerischen Qualitäten ein grosses Augenmerk auf Leadership-Eignung gelegt. Das zahlt sich aus. Und dann ist da noch ein gewisser Mario Balotelli, vierfacher Saisontorschütze.

Transfers 5

Poha, Lindner, Lavanchy und Chouaref sind Volltreffer. Auch der zu Saisonbeginn verletzt gewesene Cyprien ist auf bestem Weg dazu. Das könnte dereinst auch für Moubandje gelten, auf den das mit einer Verletzung ebenso zutrifft. Mit diesen Zuzügen sind die Abgänge von Bamert, Kabashi, Ndoye, Tosetti, Berardi, Martic, Hoarau, Ruiz, Theler, Doldur, Serey Die, Marquinhos usw. absolut kompensiert worden. Auch wenn einige starke Kicker darunter sind – und Klubikonen wie Ndoye, Bamert oder Serey Die. Aber sie standen für den verzweifelten Abstiegskampf der letzten vier Saisons.

Aktueller Leistungsausweis 4

Platz drei sieht optisch wunderschön aus. Doch der Abstand auf den Achten ist gering. Und wer es fertigbringt, innert zwei Wochen zweimal gegen Winterthur zu verlieren, der ist in Sachen Konstanz noch ein ganz zartes Pflänzchen. Aber das ist mit Ausnahme von YB ganz oben und dem FCZ auf der anderen Seite der Tabelle jeder Super-Ligist.

Eigene Nachwuchsspieler 2,5

Eigene Nachwuchsspieler beim FC Sion? Mangelware. Aktuell stehen zwei im Kader der ersten Mannschaft, die regelmässig als Joker zum Einsatz kommen: Routinier Gaëtan Karlen (29) und der talentierte Kevin Halabaku (20). Ein dritter hat den Sprung ins Profiteam geschafft: der spanische Mittelfeldspieler José Aguilar (20). Er kommt bisher auf eine Einsatzminute.

Alain Kunz

Philippe Senderos, (Servette), Note: 4,6

Der ehemalige Nati-Verteidiger und Arsenal-Spieler ist seit Sommer 2020 im Amt. Zunächst erlebte er eine Lehrsaison an der Seite von Gérard Bonneau, der mehrere Talente nach Genf brachte. Seit dem Abgang des Franzosen im Sommer hat Senderos das Sagen. Er musste sich schon um einige knifflige Themen wie die Verlängerung von Gaël Clichy und den Abgang von Kastriot Imeri kümmern.

Trainer und Staff-Wahl 4,5

Alain Geiger, der seit Juli 2018 im Amt ist, ist der Trainer mit der längsten Amtszeit in der Super League, ex aequo mit Peter Zeidler. Der Walliser führte Servette 2019 zurück in die Elite. Er coachte 173 Spiele (1,59 Punkte im Schnitt). Sein Vertrag läuft im nächsten Sommer aus. Wird Geiger bleiben? Oder wird ein neuer Kurs eingeschlagen? Dies ist eine der nächsten grossen Fragen von Senderos.

Kaderzusammensetzung 4,5

Das relativ stabile Kader von Servette ist eine gute Mischung aus erfahrenen Spielern wie Clichy, Captain Frick, Rouiller und Stevanovic und jungen, vielversprechenden Talenten wie Vouilloz, Cognat oder Patricio. Dem Kader fehlt es ein wenig an Breite.

Transfers 5

Der Abgang von Abwehrchef Vincent Sasso konnte nicht kompensiert werden. Das Dossier Imeri wurde in extremis mit seinem Abgang zu YB geschlossen. Die Genfer waren aber auch auf der Einkaufsseite aktiv. Die Zugänge von Enzo Crivelli und Dereck Kutesa verstärkten die Genfer Offensive. Der Deutsche Patrick Pflücke (25) akklimatisiert sich gut in der Super League.

Aktueller Leistungsausweis 5,5

Servette ist Tabellenzweiter. Ein Platz, der zu Beginn der Saison nicht erwartet worden ist. Die Grenats sind zu Hause eine Macht. Hinter den Kulissen hat sich Präsident Pascal Besnard Ende Mai zurückgezogen. Ein überraschender Rücktritt, der die Spannungen mit der Stiftung 1890, dem Eigentümer des Vereins, offenbarte. Grund für den Konflikt sind fehlende finanzielle Mittel und ein bescheidenes Budget. Keine guten Voraussetzungen, um in Genf vom Titel zu träumen.

Eigene Nachwuchsspieler 3,5

Mit dem Abgang von Imeri sind die selbst ausgebildeten jungen Spieler rarer geworden. Der 18-jährige Stürmer Alexandre Patricio erhält etwas mehr Spielzeit. Der Aussenverteidiger Valton Behrami wird von Verletzungen gebremst. Die Verteidiger Monteiro (17) und Magnin (19) sind noch zu wenig reif für die Super League. Nur Vouilloz (21) und Antunes (22) stehen regelmässig in der Startelf.

Ugo Curty

Oliver Kaiser (Winterthur), Note: 4,2

Der Baumeister des Aufstiegsteams (seit 2017 im Amt) sitzt auch in der Geschäftsleitung. Noch mehr als bei allen anderen Klubs spielen bei Kaisers Planungen die Finanzen eine Rolle: Winti hat mit 11 Millionen mit Abstand das kleinste Budget der Liga. Das sind zwar 5 Millionen mehr als in der Challenge League. Aber davon ging nur ein Bruchteil in den sportlichen Bereich.

Trainer- und Staff-Zusammenstellung 4,5

Aufstiegstrainer Frei und Assistent Callà zogen zum FCB weiter. Winti engagierte Bruno Berner, der so nach einem Umweg über die U19-Nati zu seinem ersehnten Super-League-Job kam. Von den YB-Frauen kam Aurèlien Mioch als Co-Trainer, der Berner schon in Kriens assistierte. Für viele Fans hätte zwar Patrick Rahmen als Typ besser auf die rustikale Schützi gepasst. Aber Berner war bereits im Winter neben Frei Kandidat. Halten konnte der FCW hingegen trotz FCB-Avancen den wichtigen Assistenztrainer Dario Zuffi.

Kaderzusammenstellung 4

Mit 27 Spielern inklusive drei Torhütern ist der Kader einwandfrei aufgestellt. Es ist eine kunterbunte Mischung aus ehemaligen ManUnited-Junioren (Burkart), Anderswo-Gescheiterten (Kamberi) und Ex-Arbeitslosen (Kryeziu). Aber es ist eigentlich eine Challenge-League-Mannschaft geblieben. Die Mischung zwischen Jungen wie Fayulu, Diaby oder Di Giusto und Routiniers wie Lekaj, Gelmi, Ramizi, Kryeziu und Buess stimmt zwar. Aber keiner im Team hat jemals nachgewiesen, Super-League-Stammkraft, geschweige denn Super-League-Teamleader zu sein.

Transfers 3

Goalie Raphael Spiegel hat der FCW freiwillig abgegeben. Andere Abgänge wie Roberto Alves und Ltaief waren schmerzhaft und sind nur teilweise kompensiert worden. Die Neuen kamen wegen des fehlenden Geldes entweder aus der Challenge League wie Rodriguez, Di Giusto, Schmid oder von Super-League-Ersatzbänken wie Fayulu, Seiler und Kamberi. Für Kaiser war es unmöglich, gleichzeitig die Winti-Werte nicht zu verraten (keine Söldnertruppe) und das Team zu verstärken. Also ist der Kern des Aufstiegsteams geblieben, der spielerisch arg limitiert ist.

Aktueller Leistungsausweis 5

Alles andere als der letzte Rang für den krassen Aussenseiter wäre eine Überraschung. Also ist Winterthur mit drei Siegen, drei Unentschieden und dem vorletzten Platz aktuell über den Erwartungen platziert.

Eigene Nachwuchsspieler 4,5

Mit Lekaj, Schättin, Gantenbein und Costinha sind immerhin vier Ur-Winterthurer dabei. Das ist bemerkenswert als kleinerer Klub, da talentierte FCW-Junioren oft schon als Teenager zu den Grossen wie dem FCZ abwandern. Und die Eigengewächse, die bleiben, sind dann eher Kandidaten für das 1.-Liga-Team als für die Profis.

Matthias Dubach

Bernt Haas (GC), Note: –

Bernt Haas ist seit dem 1. Juli Sportchef beim Rekordmeister. Seine Arbeit kann jedoch noch nicht bewertet werden: Das aktuelle Kader ist das Werk seines Vorgängers Seyi Olofinjana und von Ex-CEO Jimmy Berisha. Die Haas-Handschrift wird erst ab dem nächsten Transferfenster im Januar erkennbar sein.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
6
4
13
2
Servette FC
Servette FC
6
-3
12
3
FC Zürich
FC Zürich
5
6
11
4
FC Luzern
FC Luzern
6
4
11
5
FC Basel
FC Basel
6
9
10
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
5
5
10
7
FC Sion
FC Sion
6
4
10
8
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
6
-4
5
9
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
6
-4
4
10
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
6
-7
4
11
FC Winterthur
FC Winterthur
6
-7
4
12
BSC Young Boys
BSC Young Boys
6
-7
3
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?